eine gesamtgenealogie der griechisch-mediterranen mythologie
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telemachos
TELEMACHOS Sohn der Penelope und des Odysseus, des Königs von Ithaka, Gemahl von Polykaste 1, der Tochter des Nestor, von Nausikaa, der Kirke und Kassiphone. Er war Vater von Persepolis / Perseptolis und Latinus. ………………. Homer erwähnt Telemachos bereits in der Ilias 2,257ff: „Deutlich will ich dir sagen, und sicher naht die Erfüllung: Greife ich dich noch einmal bei törichtem Tun, so wie heute, soll dem Odysseus nicht mehr der Kopf auf den Schultern verbleiben, will ich auch nicht des Telemachos Vater mehr heißen, sofern ich dich nicht packe und dir nicht entreiße dein liebes Gelumpe, ….“ [Homer: Ilias. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 4662 (vgl. Homer-W Bd. 1, S. 29) (c) Aufbau-Verlag] – und ein weiteres mal 4,354. ………………… Telemachos wird in der Epik als wohlerzogener und rücksichtsvoller junger Mann beschrieben, der aber auf Grund seiner Jugendlichkeit seiner sicher schwierigen Situation nicht immer gewachsen ist. ….. Kurz nach seiner Geburt musste sein Vater in den troianischen Krieg ziehen. Der Schwur, den einst die Freier der spartanischen Königstochter Helena, unter ihnen auch Odysseus, bei den Wassern der Styx dem Tyndareos geleistet hatten, trat in Kraft, weil Helena vom troianischen Königssohn Paris ihrem Gemahl Menelaos geraubt wurde. In alle Königreiche wurden Boten gesendet. Die an den Schwur Gebundenen wurden aufgefordert Menelaos bei der Rückholung der Helena beizustehen. Odysseus hatte von dem Ereignis erfahren. Als der seiner Gemahlin beraubte Menelaos und der schlaue Palamedes bei ihm vorsprachen um ihn an den Eid zu erinnern, hatte er eine Narrenkappe auf dem Kopf, säte Salz und pflügte mit einem Ochsen und einem Pferd. Palamedes durchschaute die List und legte Telemachos, den kleinen Sohn des Odysseus, vor den Pflug; man erzählte auch, er habe das Kind mit dem Schwert bedroht. Die Vaterliebe war stärker als die Kunst der Verstellung. Odysseus verabschiedete sich von Penelope und seinem kleinen Sohn, anvertraute seinem Gefährten Mentor das Haus (Odyssee 2,225f), und verließ widerwillig als Führer der Krieger seines Königreiches Ithaka die Heimat in eine unsichere Zukunft. Von seiner Mutter Penelope und der Amme Eurykleia wohl erzogen und von Mentor bestens unterrichtet wuchs Telemachos auf dem Gut seines königlichen Vaters auf. ….. Als sieben Jahre nach dem Ende des zehnjährigen Krieges um Troia Odysseus noch immer nicht nach Ithaka zurückgekehrt war und niemand sein Schicksal kannte begannen Freier um die Hand der offensichtlichen Witwe Penelope anzuhalten. Binnen kurzer Zeit belagerten 136 Männer aus nah und fern den von ihr verwalteten Hof des Odysseus in der Hoffnung die Hand der Königin und mit ihr die Stellung des Königs zu erhalten; Penelope blieb standhaft. Diese anmaßende Schar der Freiern ließ sich im Palast nieder, sie aßen und tranken, feierten täglich ein Fest, genossen in der Nacht die Dienerinnen des Hauses und verprassten schamlos das von der treuen Gemahlin verwaltete Vermögen des Odysseus. Der siebzehnjährige Telemachos war, zu Freundlichkeit und Rücksichtnahme erzogen, gegen diese gut gerüsteten Männer, ihre Frechheit und ihren Spott machtlos. Athene, die Göttin der Gerechtigkeit, griff ein und bat ihren Vater Zeus dem noch lebenden Odysseus die Heimkehr zu gewähren; Odyssee 1,63ff: „Zeus, der wolkenballende Vater, gab ihr zur Antwort: »Welch ein Vorwurf entfloh, mein Kind, dem Geheg deiner Zähne! Wie denn - ich sollte den göttlichen Helden Odysseus vergessen, der vor den Menschen durch Klugheit sich auszeichnet, üppige Opfer auch den Göttern gebracht, die den weiten Himmel bewohnen? Nein, nur Poseidon, der Träger der Erde, zürnt ihm noch immer, um des Kyklopen willen, dem er das Augenlicht raubte, des Polyphemos, des göttlichen, der doch alle Kyklopen weitaus an Kraft übertrifft; ihn gebar Thoosa, die Nymphe, Tochter des Phorkys, des Herrschers im ruhelos wogenden Meere, die in gewölbter Grotte sich einst mit Poseidon verbunden. Seitdem bedroht zwar der Gott, der die Erde erschüttert, Odysseus nicht mit dem Tode, doch läßt ihn umherirren, ferne der Heimat. Aber wir wollen uns jetzt gemeinsam beraten, auf welche Weise Odysseus heimkehren kann; es wird schon Poseidon seinem Zorne entsagen. Er kann doch nicht weiterhin streiten, er als der einzige, gegen den Willen sämtlicher Götter!« Ihm gab Antwort die helläugig blickende Göttin Athene: »Sprößling des Kronos, unser Vater, erhabenster Herrscher, wenn es demnach die seligen Götter beschlossen, dem klugen Helden Odysseus die Fahrt zurück in die Heimat zu gönnen, lasset uns Hermes sogleich, den geleitenden Töter des Argos, senden zur Insel Ogygia; mitteilen soll er aufs schnellste unseren festen Beschluß der Nymphe, der lockengeschmückten: heimkehren muß der standhafte, mutige Dulder Odysseus! Ich will aber nach Ithaka eilen; den Sohn des Geprüften möchte ich heftiger spornen, ihm Mut und Tatkraft verleihen. Sammeln zum Rat soll er die haupthaarumwallten Achaier und den Freiern ihr Treiben verbieten, die blökende Schafe ständig ihm schlachten und krummgehörnte, trottende Rinder. Schicken will ich nach Sparta ihn dann und zum sandigen Pylos. Über die Heimfahrt des Vaters möge er Auskunft sich holen, selber dadurch bei den Sterblichen hohen Ruhm sich gewinnen.« Derart sprach sie und band sich unter die Füße die schmucken, göttlichen, goldnen Sandalen; die pflegten auf Flügeln des Windes über das Wasser sie und die unendliche Erde zu tragen. Danach ergriff sie die ehern gespitzte, wuchtige, schwere, riesige Lanze, mit der sie im Kampfe die Reihen der Männer, denen sie zürnt, dahinstreckt, als Tochter des machtvollen Vaters. Eilend schwang sie sich nieder vom Haupte des hohen Olympos, trat auf der Insel Ithaka vor den Palast des Odysseus, an die Schwelle der Hoftür, den ehernen Speer in der Rechten, in der Gestalt des Gastfreunds, des Herrschers der Taphier, Mentes. Dort entdeckte sie gleich die übermütigen Freier. Diese vergnügten sich vor dem Tor des Palastes am Brettspiel, saßen dabei auf den Fellen der Rinder, die sie geschlachtet. Herolde waren tätig für sie und emsige Diener; einige gossen in Krügen Wein und Wasser zusammen, andere wischten mit porigen Schwämmen die Tische und stellten richtig sie hin; auch schnitten das reichliche Fleisch sie in Scheiben. Weitaus als erster erblickte den Gastfreund der wackere, göttlich schöne Telemachos. Traurig saß er im Kreise der Freier, hatte vor Augen das Bild des vortrefflichen Vaters und wünschte, heimkehren möge er und die Freier im Schlosse verscheuchen, ausüben wieder sein Recht und Herr sein im eigenen Hause. Daran dachte er unter den Freiern. Da sah er Athene, eilte sogleich ans Hoftor; es ärgerte ihn, daß ein Gastfreund lange am Tore verharren mußte. Er trat zu dem Fremden, drückte die Rechte ihm, nahm ihm ab die eherne Lanze und sprach freundlich zu ihm die im Fluge enteilenden Worte: »Herzlich willkommen, Fremdling! Wir bieten dir Obdach. Sobald du dich an der Mahlzeit erquickt hast, sage uns, was du dir wünschest!« Derart sprach er und ging voran; ihm folgte Athene.“ [Homer: Odyssee. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5447 (vgl. Homer-W Bd. 2, S. 8 ff.) (c) Aufbau-Verlag] In der Form des Mentes, des Herrschers der Taphier, forderte Athene Telemachos auf sich seiner Vaters zu besinnen, seine jugendliche Unsicherheit endgültig abzulegen, als Mann sein Geschick endlich selbst in die Hand zu nehmen, eine Volksversammlung mit dem Ziel der Vertreibung der Freier einzuberufen und dann Ithaka zu verlassen um selbst den Vater zu suchen. Die Volksversammlung missglückte, die Männer von Ithaka waren zu feige um die Freier zu vertreiben. Nur mit Hilfe der Athene konnte er ein Schiff ausrüsten und gegen den Willen seiner Mutter Ithaka verlassen. Das erste Ziel auf der Suche nach seinem Vater war Pylos. Der bereits uralte König Nestor, ein ehemaliger Kampfgefährte des Odysseus, empfing, hoch erfreut, Telemachos mit allen Ehren die einem Königssohn gebühren und beauftragte seine Tochter Polykaste sofort dem weit Gereisten ein Bad zu bereiten. Polykaste gehorchte; Homer Odyssee 3,464f: „Doch den Telemachos badet´ indes Polykaste, die schöne, Als die Jüngste des Nestor, Sohnes des Neleus. Als sie ihn nun gebadet und eingerieben mit Salböl, Warf sie ihm um einen schönen Mantel und einen Leibrock, Und aus der Wanne stieg er darauf, den Unsterblichen ähnlich, Ging und setzte zu Nestor sich hin, dem Hirten der Völker.“ Das Bad muss genüsslich gewesen sein, jedenfalls schenkte Polykaste dem Telemachos nach neun Monaten einen Sohn. Bereits Hesiod frg. 17 weiß von der Folge dieses Bades und nennt den Sohn Persep(t)olis. Certamen Homeri et Hesiodi bezeichnet Homer als Sohn des Telemachos und der Polykaste. …….. Die hier erwähnte Badewanne ist mit großer Wahrscheinlichkeit jene, die heute noch im „Palast des Nestor“ nahe Epano Eglianos, im Westen des Pelponnes, zu besichtigen ist. Der Palast wurde 1939 von Karl Biegen entdeckt, nach 1952 ausgegraben, und stimmt weitgehend mit den Beschreibungen in der Odyssee überein. ….. Nestor, einst ein großer Kämpfer, jetzt ein Plappergreis, erzählte dem Telemachos viel, aber über das Schicksal des Odysseus wusste auch er nichts zu berichten. Den Vorschlag, mit Pferd und Wagen und in Begleitung des Peisistratos, eines Sohnes des Nestor, nach Sparta zu König Menelaos weiter zu reisen, nahm Telemachos dankbar an, aber auch Menelaos konnte ihm keine Auskunft über das Schicksal seines Vaters Odysseus geben. ….. Als die Freier von der Abfahrt des Telemachos erfuhren waren sie sehr beunruhigt und beschlossen seine Ermordung vor seiner Rückkehr. Mit einem Schnellsegler und 20 Ruderern legten sie sich bei einer Felsklippe auf der Seestraße zwischen Samos und Ithaka auf die Lauer. ….. Während sich Peisistratos und Telemachos am Hofe des Menelaos aufhielten kehrte Odysseus, es war der Wille der Götter, unerkannt in seine Heimat Ithaka zurück. Als Bettler verkleidet besuchte er den gastfreundlichen Eumaios, seinen alten Schweinehirten, und wurde von diesem, wie es göttlicher Gesetz war, verköstigt und aufgenommen. Eines nachts erschien dem Telemachos Pallas Athene im Traum, forderte ihn auf nach Ithaka heimzukehren und warnte ihn vor dem Hinterhalt der Freier. Reich beschenkt von Menelaos machte er sich auf den Heimweg. Während Eumaios und der unerkannte Odysseus einmal bis spät in den Morgen plauderten legte im Dunkel der Nacht in einem stillen Hafen ein Schiff an. Telemachos, Athene hatte ihm empfohlen nur in der Dunkelheit zu segeln, ging an Land, schickte das Schiff und die Mannschaft zum Hafen der Insel Ithaka und rasch schreitend begab er sich heimlich zum Hof mit den unzähligen Schweinen. Jene beiden, Odysseus und der göttliche Schweinehirt, richteten sich gerade das Frühstück, als sie Schritte hörten, die Hunde bellten nicht, wedelnd begrüßten sie den Ankömmling. Eumaios ließ vor Freude die Töpfe fallen, Telemachos stand vor der Tür. Eumaios …..; Odyssee 16,14ff: „ ……………. Entgegen trat er dem jungen Fürsten und küßte ihm Haupt und leuchtende Augen und beide Hände; er selber vergoß dabei die Tränen der Freude. Wie ein Vater herzlich Willkommen entbietet dem Sohne, der aus der Fremde im zehnten Jahre zurückkehrt, dem Liebling, seinem einzigen, den er mit schmerzlicher Mühe umsorgte, ebenso küßte der wackere Hüter den göttlichen Jüngling, hielt ihn umschlungen, als sei er soeben vom Tode erstanden. Schluchzend sprach er zu ihm die im Fluge enteilenden Worte: »Endlich zurück, Telemachos, Licht mir und Freude! Nie wieder glaubte ich dich zu erblicken, seitdem du nach Pylos gefahren! Tritt doch näher, mein lieber Junge, damit ich mich richtig satt sehen kann an dir, …………“. Telemachos betrat die Hütte, Odysseus sah seinen Sohn. Als Bettler wollte er dem jungen Fürsten, seinem Sohn, Platz machen. Telemachos jedoch lächelte freundlich und lehnte ab. Ohne Umschweife erklärte er dem göttlichen Sauhirten warum er zuerst zu ihm gekommen sei. Über hundert Freier, elende Prasser, lagern im Haus seiner Mutter, eine Übermacht - mit der Absicht ihn, den Telemachos, den Sohn des Odysseus, zu ermorden. Er selber sei gegen diese Meute zu schwach. Der treue Eumaios erzählte dem jungen Herren alles was während seiner Abwesenheit geschah: allen Freiern versprach Penelope die Ehe, aber keinem habe sie die Hand gereicht; jeden Tag webe sie, viele Tränen vergießend aus Sehnsucht nach Odysseus, an ihrem Gewebe, das sie in der Nacht wieder auftrenne und Laertes, der greise Vater, ……; Odyssee 16,143ff: „ >…….soll überhaupt (er) jegliches Essen und Trinken verweigern, auch auf die Arbeit nicht schauen; nein, traurig, mit Seufzen und Stöhnen sitzt er umher, es schrumpft ihm das Fleisch auf den Knochen.«“. Eumaios wollte den Bettler der Gastfreundschaft seines jungen Herren anvertrauen. Telemachos lehnte aber ab, weil er bei der ungezügelten Frechheit dieses Freierpacks in seinem Hause nicht für die Sicherheit dieses Gastes sorgen könne. „ Nunmehr sagte zu ihnen der göttliche Dulder Odysseus: »Dürfte auch ich, mein Lieber, mich äußern, so will ich bekennen, daß es mir wirklich das Herz zerreißt, hier hören zu müssen, was die Freier an gottlosem Frevel in eurem Palaste schamlos verüben, dir, solch wackerem Jüngling, zum Trotze. Sage mir: Fügst du dich willig? Oder hassen die Männer deines Volkes dich etwa, veranlaßt von einem Orakel? Oder gibst du die Schuld den Brüdern, auf die sich ein Kämpfer immer verläßt in der Schlacht, und entbrannte sie noch so entsetzlich? Wäre, mit meinem Mute, ich heute so jugendlich kraftvoll oder ein Sohn des edlen Odysseus, oder er käme selber nach Hause von seiner Irrfahrt - noch lebt ja die Hoffnung -: nun, dann sollte gleich einer das Haupt vom Rumpfe mir trennen, wenn ich nicht eindränge in den Palast des Sohns des Laërtes und den Verbrechern allen zum strafenden Unheil erwüchse! Sollte jedoch die Übermacht mich, den einzelnen, schlagen, wollte ich lieber in meinem Palaste von Mörderhand fallen, als für immer das schmachvolle Treiben mitansehen müssen, wie sie die Gastfreunde schändlich mißhandeln, die Mägde zur Stillung ihrer Begierde herumzerren durch die prächtigen Zimmer, wie sie die Weinfässer leeren und sämtliche Speisen vertilgen, ziellos und endlos, in einem unerfüllbaren Streben!« Der verständige Jüngling Telemachos gab ihm zur Antwort: »Fremdling, ich will die gewünschte Auskunft untrüglich dir geben. Weder grollt mir das ganze Volk in wütendem Hasse noch beschuldige ich die Brüder, auf die sich ein Kämpfer immer verläßt in der Schlacht, und entbrannte sie noch so entsetzlich. Jeweils durch einen Nachkommen nur erhielt der Kronide nämlich unser Geschlecht. Arkeisios zeugte Laërtes, dieser Odysseus. Und letzterer ließ als einzigen Sprößling mich im Hause zurück und konnte sich meiner nicht freuen. Deshalb tummeln sich heute die Feinde in seinem Palaste. Sämtliche Fürsten nämlich, die über Dulichion herrschen, über Same und über das waldbedeckte Zakynthos, auch die im felsigen Ithaka eine Herrschaft verwalten, werben um meine Mutter, verprassen darüber den Hausstand. Meine Mutter verweigert nicht die erzwungene Hochzeit, kann sie freilich auch nicht vollziehen. Die Freier indessen zehren mein Gut auf und werden in Kürze mich selber zerreißen. Aber der Ausgang liegt im Schoße der ewigen Götter…….<“ Die Aufgabe, Penelope, die Mutter, von der heimlichen Ankunft ihres Sohnes zu benachrichtigen, übernahm Eumaios. Kaum war er auf dem Weg erschien Pallas Athene, die Göttin, sichtbar aber nur für Odysseus und die Hunde, die winselnd zur Seite krochen. Sie gab ihm ein Zeichen zu ihr vor das Haus zu treten; Odyssee 16,166ff: „………….., und diese sprach zu dem Helden: »Zeusentsprossener Sohn des Laërtes, kluger Odysseus, sprich jetzt offen zu deinem Sohn und verstell dich nicht länger! Habt ihr gemeinsam den Plan zum Tode der Freier geschmiedet, macht auf den Weg euch zur ruhmreichen Stadt. Ich selber gedenke nicht mehr lange euch fern zu bleiben, es drängt mich zum Kampfe!« Derart sprach Athene, berührte ihn dann mit dem goldnen Stabe. Die Brust umhüllte sie ihm mit sauberer Kleidung, Mantel und Leibrock, verlieh ihm Schönheit und Kräfte der Jugend. Bräunlich färbte die Haut sich wieder, voll wurden die Wangen, rings um das Kinn entsproßte dunkel der kräftige Bartwuchs. Danach verschwand Athene. Odysseus trat in die Hütte.“ Telemachos war erstaunt, wandte sich entsetzt ab, glaubte einen Gott vor sich zu haben und versprach Opfergaben. Odysseus gab sich zu erkennen und erklärte seinem noch immer ungläubigen Sohn die Kraft der Göttin Athene, die ihn zu seinem eigenen Schutz in einen Bettler verwandelt habe. Weinend vor Freude, endlich, nach zwanzig Jahren, fielen sich der Vater und der Sohn in die Arme und küssten sich. Odysseus erzählte seinem Sohn wie er nach Ithaka gekommen ist und dass Athene ihn angewiesen habe alle Freier zu töten. Obwohl dem Sohn viel vom Heldenmut seines Vaters erzählt wurde zweifelte er doch, denn 136 Freier (nach Apollodor epit 7,27ff) und dazu 11 Leute Gefolge befanden sich im Hause des Odysseus – 2 gegen 147 sollten siegen? Odysseus zeigte keine Angst, Zeus und Pallas Athene stünden auf ihrer Seite, und beauftragte Telemachos am nächsten Morgen in die Stadt und in sein Haus zu gehen, er, Odysseus, werde mit dem göttlichen Schweinehirt, wieder in der Gestalt eines Bettlers, folgen. Der Sohn strahlte als sein Vater ihn genau anwies wie er sich den Freiern gegenüber zu verhalten habe und ihm genau erklärte wie er, Odysseus, dem Treiben dieser übermütigen Prasser ein Ende setzen werde – Athene dränge die Begierde zu kämpfen. Während sie sprachen fuhr das Schiff des Telemachos in den Hafen ein. Die Freier erschraken und beschlossen den Tod des Jünglings. Bevor Eumaios zurückkehrte verwandelte Athene Odysseus wieder in einen Bettler. Als mit der rosenfingrigen Eos, der Morgenröte, der Tag erwachte, begab sich Telemachos in die Stadt. Später, zur Zeit der wärmenden Sonne, begleitete Eumaios den „Bettler“ ebenfalls dorthin; Odyssee 17,17ff: „>Freund, auch selber möchte ich hier nicht länger verweilen; Leichter dem Bettler ist`s, durch die Stadt hin Nahrung zu betteln Als auf dem Land; …..>“ Telemachos betrat sein Elternhaus und die Mutter warf die Arme um ihn, küsste sein Haupt und die schönen Lichter der Augen und weinend klagte sie. Der wiedergekehrte Sohn tröstete sie und bat sie ein Bad zu nehmen, die saubersten Kleider anzuziehen und den Göttern ein vollendetes Opfer darzubringen um zu sehen ob Zeus ein Werk der Vergeltung gewähre. Penelopeia gelobte, nahm ein Bad und zog sich die saubersten Kleider an. Mit göttlichem Liebreiz übergoss Athene Telemachos als er aus der Halle des Hauses trat und durch die Reihen der staunenden Freier auf seine Freunde zuging. Nach langem steinigem Weg, begleitet vom göttlichen Schweinehirt Eumaios, trat Odysseus vor sein Haus. Auf einem Misthaufen lag Argos, sein alter Hund, den er vor zwanzig Jahren aufgezogen hatte; Odyssee 17,301ff: „Dort lag Argos, der Hund, bedeckt von wimmelnden Läusen, witterte jetzt das Herannahen seines Herren Odysseus, wedelte sacht mit dem Schweif und senkte die lauschenden Ohren; nicht mehr reichte die Kraft ihm, sich seinem Gebieter zu nahen. Dieser blickte zur Seite, und, unbemerkt von dem Hirten, wischte er Tränen sich ab; …….“ Dann starb der treue Argos, der Hund, der seinen Herrn wieder erkannt hatte. Nach Eumaios betrat Odysseus sein Haus. Telemachos bewirtete beide freundlich. Auch einige Freier gaben ihm, jedoch Antinoos beschimpfte ihn schreiend, forderte ihn auf zu gehen, warf einen Stuhl nach ihm und traf ihn an der Schulter. Ruhig sagte der Getroffene zu den Freiern; Odyssee 17,468ff: »Höret mein Wort, die ihr euch bewerbt um die ruhmreiche Fürstin! Aussprechen muß ich, wozu Verlangen und Willen mich spornen. Keinerlei Kummer und keine Betrübnis peinigt den Helden, der in dem Kampfe um seine eigenen Güter, um seine Rinder und leuchtenden Schafe Wunden empfängt von den Feinden. Aber Antinoos warf nach mir aus Anlaß des bösen Hungers, der den Sterblichen bittere Qualen verursacht. Nun, wenn Erinyen und Götter zum Schutze der Bettler noch wirken, soll den Antinoos vor der Hochzeit sein Schicksal ereilen!« Telemachos, wie vereinbart, reagierte nicht, Seine Mutter jedoch, Penelope, ließ, als sie von dieser Schande hörte, den Bettler zu sich rufen. Eumaios hatte ihr viel von diesem wunderlichen Bettler erzählt. Erst nach Einbruch der Dunkelheit, wenn keine Gefahr mehr von den Freiern bestünde, ließ Odysseus vom göttlichen Schweinehirt der Herrin des Hauses ausrichten, wolle er mit ihr am offenen Feuer mit Ruhe sprechen. In der Halle schmausten, die Gefahr nicht ahnend, die Freier und erfreuten sich am Gesang und am Reigentanz. ….. Die Göttin mit den strahlenden Augen, Pallas Athene, gab Penelope den Rat sich den prassenden Freiern zu zeigen, berührte sie mit dem Stab und ließ sie schöner, würdiger und begehrenswerter erscheinen als je zuvor; Odyssee 18,212f: „Staunen durchzuckte die Freier sogleich, sie entbrannten vor Sehnsucht, jeden bewegte der Wunsch, mit der Fürstin das Lager zu teilen.“ Mit harten Worten wendete sich die Strahlende an ihren Sohn, weil er die Beleidigung eines Bettlers in ihrem Hause zugelassen hatte – Odysseus freute sich. Bitter beklagte sie sich über den Dämon, der ihr so viele Übel schickte, klagte, dass Odysseus wohl nun wirklich tot sei, nie mehr zurückkehre und dass nun bald die Nacht kommen werde in der ihr, der Unseligen, die verhasste Vermählung und die lustvolle Begierde eines Freiers nahen werde – Odysseus freute sich. Würdevoll ermahnte die Fürstin die schamlose Schar der Freier und erklärte, dass früher Freier mit glänzenden Gaben um eine Braut geworben haben und nicht unentgeltlich fremdes Besitztum verzehrt haben. Beschämt schickten die Freier ihre Diener die wertvollen Geschenke zu bringen und legten sie vor die Füße der Herrin Penelopeia – Odysseus freute sich. ….. Mit ihren Mägden und den Geschenken zog sich die göttlich strahlende Penelope zurück. Die trotzigen Freier aber schmausten und tranken weiter, Athene hatte ihnen, um die Wut des Odysseus anzuheizen, Übermut eingeflößt. Eine der Dienerinnen, Melantho, Penelope hatte sie einst wie ihr eigenes Kind aufgezogen, verhöhnte den Bettler und wünschte ihm einen Gegner, der ihm den Schädel einschlage und ihn aus dem Haus werfe. Die Freier überschütteten den Listenreichen mit Spott, Eurymachos, einer der Anführer und ständiger Liebhaber der Melantho, warf sogar einen Schemel nach ihm. Der lumpige Bettler, blieb ruhig und bewachte das Feuer. Nachdem alle gesättigt waren zogen sich die Freier zur Nachtruhe zurück. ….. Endlich allein in der Halle besprach Odysseus mit der ihn beschützenden Göttin Athene die Ermordung der Freier. Bevor sich Telemachos zur Ruhe legte sammelte er noch mit Odysseus alle Waffen im Hause ein und verwahrte sie in einer Kammer. In der Halle allein blieb Odysseus, versunken in Gedanken, die Ermordung der Freier wohl überlegend. Plötzlich erschien aus ihrem Schlafgemach Penelopeia, schön wie eine Göttin, und setzte sich zu Odysseus. Sie bat ihn Platz zu nehmen und erzählte ihm ihr Leid; Odyssee 19,124ff. In Tränen aufgelöst fragte sie den Bettler nach seiner Herkunft. Um sich nicht zu verraten erzählte Odysseus ihr eine seiner berühmten Lügengeschichten in der er, wie schon so oft, Wahrheit und Lüge mit edlen Worten geistreich zu verbinden wusste. Auch dass er Odysseus getroffen habe erzählte er der Weinenden und unterdrückte selber die Tränen. Er berichtete auch dass Odysseus lebt, dass er sich schon im nahen Lande der Thesproten befinde und man ihn, den Bettler, vorausgeschickt habe um ihr, Penelope, die bevorstehende Ankunft des Gatten anzukündigen. Zu oft hatten Schwindler in der Hoffnung auf Lohn schon ähnliche Worte gesprochen. Penelopeia zweifelte, doppelt, denn noch keiner hatte wie dieser Bettler mit einer so schönen Sprache und mit so viel Verstand gesprochen. Sie ordnete an den alten Bettler zu baden, ihn zu ölen und ihm ein schönes Bett zu richten. Mit der Bemerkung, er wolle sich nicht von Mägden die ihn verspotten baden lassen, lehnte Odysseus ab; wenn jedoch eine alte, erfahrene Frau die, gleich wie er, viel im Leben erlitten habe, ihm die Füße waschen würde, dann wäre er dankbar. Eurykleia, die alte Amme des Odysseus, brachte Wasser und wusch dem Bettler, ihrem Herren, die Füße und bemerkte die Narbe jener Wunde die einst bei der Jagd ein Eber dem jungen Odysseus schlug als er bei Autolykos, seinem Großvater, zu Besuch weilte; Odyssee 19,473f: »Wirklich, du bist Odysseus, mein Junge! Jetzt erst erkenne ich den Gebieter in dir, nachdem ich dich ringsum betastet!« Odysseus zog die alte Amme an sich und raunte die Worte; Odyssee 19,482ff: „»Mütterchen, willst du ins Unglück mich stürzen? Du hegtest mich selber einst an der Brust. Jetzt bin ich nach mancherlei bitterer Mühsal endlich, im zwanzigsten Jahre, zurück in die Heimat gekommen. Nunmehr, wo es ein Gott dir ermöglichte, mich zu erkennen, schweige darüber! Kein anderer darf es im Hause erfahren. ……>“ Eurykleia, die kluge Pflegerin, schwieg. Penelopeia bemerkte nichts, denn Athene hatte ihren Sinn abgelenkt. Bevor man sich zur Nachtruhe begab erklärte Penelopeia dem Odysseus ihre mit schwerem Herzen nun endgültig gefällte Entscheidung, Athene hatte ihr diesen Gedanken eingegeben: Sie werde am nächsten Morgen den Freiern den Bogen des Odysseus, den berühmten immertreffenden, den einst Eurytos 2 von seinem Großvater Apollon geschenkt erhielt und den sein Sohn Iphitos dem Odysseus zum Geschenk gemacht hatte, den Freiern übergeben. Wer ihn bespannen und dazu einen Pfeil durch die Öffnungen von zwölf hintereinander aufgestellten Äxten schießen kann, dem werde sie als Gemahlin folgen. So sprach sie, dann begab sie sich zur Ruhe. Odysseus legte sich, wie es sich für einen Bettler gehört, im Vorhaus auf Fellen von Schafen nieder; Odyssee 20,4ff. Herrlich erschien Eos, die Morgenröte, die Rosenfingrige, Odysseus erwachte, ging vor die Türe und flehte betend zu Zeus er möge doch ein Zeichen senden. Zeus, der Berater, vernahm ihn und hoch aus den Wolken sandte er sofort einen Donner. Und Odysseus verstand die Zeichen und war glücklich, heute noch wollte er die Frevler bestrafen. Eurykleia, die brave Dienerin, befahl den Mägden sofort die Halle zu schrubben und die Tafel zu decken, denn heute würden die Freier ein Fest feiern. Die Diener der Frevler erschienen und verspotteten Odysseus. Er schwieg. Drei der schönsten Mastschweine trieb Eumaios in ein Gehege; der Ziegenhirt Melantheus brachte ausgesuchte Ziegen zum Mahle für die Freier. Als er Odysseus erblickte verhöhnte er ihn, forderte ihn, mit den Fäusten drohend, auf zu verschwinden. Odysseus schwieg, wiegte das Haupt und dachte an Verderben. Telemachos trat aus dem Haus. Mit der Lanze in der Hand schritt er zum Markt und vor die Freier. Tod und Verderben wollten sie ihm heute bereiten, doch ein hoch fliegender Adler nahte sich ihnen von der Linken und hielt eine schüchterne Taube. Amphinomos, einer der Freier, erkannte an dem Zeichen das Misslingen des geplanten Mordes und machte den Vorschlag gleich zum Mahle zu schreiten. Freudig folgten die Frevler, betraten die Halle des Palastes des Odysseus, schlachteten die Tiere, brieten die Eingeweide und das Fleisch, nahmen vom frischen Brot, schmausten und tranken dazu den herrlichen gemischten süßen Wein. Telemachos gab den Dienern den Auftrag dem Bettler nur vom Besten zu geben. Die Horde der schmarotzenden Freier ärgerte sich. Um dem göttergleichen Odysseus heiligen Zorn in der Brust zu entfachen hatte Athene den Freiern die Sinne verwirrt und sie zu trotzigen Beleidigungen verführt. Trotz der Warnung des Telemachos beschimpften und verhöhnten sie Odysseus. Ein ungesitteter Bursche aus Same, Ktesippos, warf sogar einen Rindsfuß nach ihm. Wütend drohte Telemachos mit dem Tod für jeden der es nochmals wagen sollte in seinem Hause einen Gast zu beleidigen. Wirres, unauslöschliches Gelächter der Freier erhielt er zur Antwort. Mit ruhigen Schritten begab sich Penelopeia in die oberen Gemächer, holte aus der Kammer mit den Schätzen des Odysseus den immertreffenden Bogen und die seufzererregenden Pfeile, begab sich in die Halle zu den fröhlich feiernden Freiern und sprach; Odyssee 21,68ff: »Hört mich, ihr mutigen Freier! Ihr drängtet euch gierig in diese Wohnung, um ununterbrochen zu schmausen, da ja der Hausherr lange Zeit schon abwesend ist. Und keinerlei andren Vorwand versteht ihr für euer Verhalten zu nennen als immer wieder nur einen: Ihr wollt mich zu eurer Gemahlin gewinnen. Auf denn, ihr Freier, da solch ein Kampfpreis in Aussicht gestellt ist! Vorlegen will ich den großen Bogen des edlen Odysseus. Wer mit den Fäusten die Sehne am leichtesten zieht auf den Bogen und den Pfeil durch die Öffnungen aller zwölf Beile hindurchschießt, diesem werde als Gattin ich folgen und scheiden vom Hause meines Odysseus, dem prächtigen, reich begüterten Schlosse, dessen ich sicherlich oft noch gedenke, sogar auch im Traume.« Und Eumaios, der brave Schweinehirt, nahm den Bogen, weinend, und legte ihn vor die Männer. Telemachos zog am Boden einen Strich, stellte zwölf Beile genau hintereinander, Loch an Loch, genau so wie es die Mutter wünschte und versuchte dann den Bogen seines Vaters zu spannen. Zu schwach waren seine noch jugendlichen Hände; beschämt gab er ihn an die Freier weiter. Einer nach dem anderen versuchte den Bogen zu spannen, keinem gelang es. Ruhmlos stellten sie diesen Bogen des Odysseus an die Wand und hatten Angst um ihren guten Ruf. Zur gleichen Zeit gingen Eumaios und Odysseus aus dem Hause, der treue Rinderhirt Philoitios folgte ihnen leise. Odysseus sprach sie an, gab sich zu erkennen und zeigte ihnen als Beweis seine Narben. Beide weinten vor Freude und versprachen sofort tatkräftige Mithilfe bei der Befreiung des Hauses von den Freiern. Flüsternd erteilte ihnen Odysseus seine Aufträge, ging in die Halle zurück, setzte sich und bat um den Bogen. Er, der alte, der zerlumpte Bettler, wollte versuchen den Bogen zu spannen. Eine Blamage befürchtend heulten die Freier entrüstet auf. Aber Penelopeia wies die Befürchtungen zurück; Odyssee 21,331ff: »Niemals, Eurymachos, wird man im Volke mit Achtung von denen sprechen, die ohne Rücksicht die Güter des trefflichsten Königs aufzehren! Warum gilt euch die Schlappe im Wettkampf als Schande? Äußerst stattlich erscheint der Fremdling, mit stämmigem Körper, nennt sich voll Stolz auch Abkömmling eines vornehmen Vaters. Gebt ihm den Bogen, sehen wollen wir, wie er ihn handhabt!“. Telemachos griff in das Geschehen ein. Erstmals gab er seiner Mutter einen Befehl; Odyssee 21,344ff: »Mutter, keiner als ich darf über den Bogen bestimmen, kann nach Belieben ihn jemandem geben oder verweigern, keiner von allen, die im steinigen Ithaka herrschen oder auf Inseln in Richtung der rossenährenden Elis. Niemand von ihnen wird mich gewaltsam abhalten, diesen Bogen auch ganz und gar dem Gast als Geschenk zu verehren. Geh jetzt in deine Gemächer, erledige deine Geschäfte: Wirke mit Webstuhl und Spindel und halte die Mägde zu stetem Arbeiten an! Der Bogen ist Sache sämtlicher Männer, aber die meine vor allen; denn ich bin Gebieter im Hause.« Staunen ergriff die Fürstin, zurück in ihre Gemächer schritt sie sogleich; …….“ Athene erschien und streute ihr süßen Schlaf in die Augen. Penelopeia legte sich zur Ruhe, dachte, wie immer, an ihren verschollenen Gemahl, weinte noch einige Tränen und schlief ein. ….. Dem göttlichen Schweinehirt gab Telemachos den Befehl den Bogen dem lumpigen Bettler auszufolgen. Da lachten die Freier erheitert und spotteten. Aber Odysseus gab dem Sauhirt Eumaios und dem Rinderhirt Philoitios ein Zeichen und sie verschlossen die Türen. Odysseus prüfte den Bogen und spannte ihn ohne jede Kraftanstrengung; da staunten alle. Mit ruhiger Hand nahm er einen seiner immertreffenden Pfeile, …..; Odyssee 21,419ff bis 22,24: „Eilig ergriff er den spitzen Pfeil, der entblößt auf dem Tische neben ihm lag; im Köcher noch ruhten die anderen Pfeile, deren Schärfe die Freier in Kürze auskosten sollten. Diesen hielt er am Bügel, zog mit der Sehne die Kerbe kräftig zurück und zielte, vom Sessel, im Sitzen, mit Sorgfalt, ließ dann entschwirren den Pfeil. Und über das obere Ende sämtlicher Beile streifte im Fliegen die eherne Spitze durch die Öffnungen hin. Zu Telemachos sagte der Schütze: »Keinerlei Schande, Telemachos, bringt dir der Fremdling in deinem Saale! Ich habe durchaus nicht versagt beim Bespannen des Bogens, traf auch genau das Ziel. Noch blieb die Kraft mir erhalten, anders, als vorhin die Freier mit kränkenden Worten mich schmähten. Aber es drängt die Zeit, den Achaiern das Essen zum Abend noch bei Tage zu rüsten, sie dann noch am Spielen und Singen Kurzweil finden zu lassen; das bildet die Würze der Mahlzeit.« Derart sprach er und gab mit den Brauen ein Zeichen. Der treue Sohn des Odysseus hängte die schneidende Klinge sich über, schloß die Faust um die Lanze und stellte sich neben den Sessel, nahe dem Vater, zum Kampfe gerüstet mit funkelndem Erze. Aber der kluge Odysseus streifte die Lumpen vom Leibe, sprang, in den Fäusten den Bogen mit vollem Köcher, zur hohen Schwelle hinauf und schüttete sich vor die Füße die flinken Pfeile. Dann rief er mit lauter Stimme den Freiern entgegen: »Dieser entscheidende Wettkampf ging zu Ende. Ein andres Ziel erstrebe ich jetzt, das noch kein Schütze getroffen. Ob ich es glücklich erreiche, Apollon den Sieg mir ermöglicht?« Und auf Antinoos zielte er mit dem tödlichen Pfeile. Eben erhob der Sohn des Eupeithes den prächtigen goldnen, doppeltgehenkelten Becher und schwang ihn bereits in den Händen, um von dem Weine zu schlürfen. Ihm war nicht nach Sterben zumute. Wer aus dem Kreise der Schmausenden hätte auch annehmen können, einer unter so vielen, und wäre er ausnehmend tapfer, würde es wagen, ihm mit Tod und Verderben zu drohen? Aber Odysseus traf den Freier genau in die Kehle, durch das zarte Genick drang jenem die eherne Spitze. Seitwärts sank der Getroffene, jäh entglitt ihm der Becher; gleichzeitig quoll ihm durch die Löcher der Nase ein starker Blutstrom empor. Mit zuckenden Füßen stieß er den Eßtisch von sich und schleuderte durch den Stoß die Speisen zu Boden. Blut übersprühte Brot und Fleisch. Die Freier erhoben lautes Geschrei im Saale beim Anblick des Niedergestürzten, sprangen in wilder Verwirrung von ihren Sesseln und spähten, aufgescheucht, ringsumher auf die fest errichteten Wände. Aber kein Schild war greifbar und keine mächtige Lanze.“ Mit finsterem Blick und gewaltiger Stimme gab sich Odysseus zu erkennen; Odyssee 22,34ff: »Hunde! Ihr wolltet nicht glauben, daß ich von Troja zur Heimat wieder gelange; denn meinen Hausstand verpraßtet ihr schamlos, habt auch die Dienerinnen in meinem Palast vergewaltigt, warbet sogar, derweil ich noch lebte, um meine Gemahlin, ohne Scheu vor den Göttern, des weiten Himmels Bewohnern, ohne Scheu auch vor späterer Strafe durch menschliche Hände! Über euch alle spannt sich heute das Netz des Verderbens.« Derart rief er, und bleiches Entsetzen packte sie sämtlich. Umschau hielt ein jeder nach einem rettenden Ausweg.“ Umsonst! Alle Türen waren verschlossen. Keiner konnte entweichen. Ein brutaler und blutiger Kampf entbrannte. Verzweifelt wehrten sich die Todgeweihten, doch die Pfeile trafen tödlich. Immer wenn Odysseus in Gefahr geriet griff Pallas Athene rettend ein. Aber der Listenreiche, der alte Kämpfer, siegte, tatkräftig unterstützt von dem endgültig zum Mann gewordenen Telemachos, und von Eumaios und Philoitios. Die 136 Freier lagen tot in der verwüsteten Halle in einem Meer von Blut; Melantheus, der verräterische Ziegenhirt, hing gefesselt von einem Balken des Daches. Nur Phemios, der Sänger, und Medon, der Herold, wurden verschont, denn beide waren unschuldig. Diese ehrlosen 12 Mägde, unter ihnen die schamlose Melantho 2, wurden gerufen und angewiesen die Toten aus dem Haus zu tragen, sie hinter dem Haus aufzuschlichten und die Halle von dem Blut zu reinigen. Sie weinten, fanden sie doch ihre geheimen Liebhaber unter den Leichen die sie schleppten und aufschlichteten. Nach der Vollendung der grausigen Arbeit wurden diese hinterhältigen Dienerinnen in einen Hof getrieben und um einen Rundbau am Halse aufgehängt. Auch den Melantheus, den verräterischen Ziegenhirt, trieben sie in den Hof und verstümmelten ihn fürchterlich. Dann wuschen sich Odysseus und Telemachos die Hände und die Füße und gingen in das Haus zurück – das Werk war vollendet. Mit Weihrauch wurde das Haus gereinigt. ……………. Eurykleia, die treue alte Amme, eilte zu Penelopeia und wollte ihr die freudige Mitteilung machen, dass endlich Odysseus zurückgekommen ist und das Haus von den unverschämten Freiern befreit habe. Doch die gute Herrin hatte geschlafen und glaubte deshalb der guten Dienerin nicht. Erst als Eurykleia erklärte dass sie Odysseus an der Narbe am Fuß erkannt habe folgte ihr Penelopeia in den wieder gereinigten Saal, setzte sich dem Odysseus gegenüber in einen Sessel, blickte ihn an – und lange verharrte sie schweigend; Odyssee 23, 96ff: „Endlich erhob Telemachos, voller Vorwurf, die Stimme: »Mutter, nein, Unmutter möchte ich sagen bei deiner Verstocktheit, warum bewahrst du einen so weiten Abstand vom Vater, setzt dich nicht neben ihn, stellst ihm auch keinerlei klärende Fragen! Derart starrsinnig würde sich keine andere Gattin fernhalten ihrem Gemahl, der nach vielen bitteren Leiden endlich die teure Heimat erreicht im zwanzigsten Jahre! Aber dein Herz übertraf schon immer die Steine an Starrheit.« Ihm gab Antwort darauf die verständige Fürstin und sagte: »Lieber Junge, ein tiefes Staunen hält mich umfangen, nicht ein Wörtchen vermag ich zu sprechen oder zu fragen, ihm auch nicht offen ins Antlitz zu schauen. Sollte in Wahrheit er mein Odysseus und heimgekehrt sein, so werden wir beide sicherlich uns noch deutlich erkennen. Wir haben ja unsre Merkmale, unsre geheimen, die wir nur wissen, kein andrer.« Lächeln mußte der göttliche Dulder Odysseus darüber, ……..“ Und Penelopeia stellte ihn auf die Probe und beschrieb das von Odysseus vor mehr als 20 Jahren selbst gebaute Ehebett falsch und Odysseus empörte sich und beschrieb es genau, den nur er konnte es genau kennen - die Fürstin erbebte vor glücklicher Freude, als sie die Zeichen erkannte, die er ihr untrüglich enthüllte. Heftig begann sie zu weinen, eilte herzu und umarmte innig den Nacken des Gatten, küßte das Haupt ihm und sagte: »Sei mir nicht böse, Odysseus! ………..“ Weinend vor Glück fielen sie sich in die Arme und küssten sich – endlich !, endlich ! – nach zwanzig Jahren und unendlich viel Leid. Schon wäre es Tag geworden, aber Athene hielt Eos, die Morgenröte, auf und hinderte sie das Tageslicht zu bringen. Erst noch glättete Eurynome das Bett des glücklichen Paares, führte sie, mit einer Fackel leuchtend, in ihr Schlafgemach und – Odyssee 23,297f: „ ….…….Innig genossen die Gatten nunmehr die Freuden der Liebe; …..“ Und sie sprachen und erzählten sich bis gliederlösender Schlaf sie überkam und ihnen allen Kummer genommen hatte. Als Athene Eos, die rosenfingrige Morgenröte, vom Okeanos forttrieb und sie den Menschen das Tageslicht brachte erwachte das glückliche Paar. Aus Sehnsucht nach seinem alten Vater und Angst vor der Rache der Verwandten der getöteten Freier war Odysseus bereits vor dem Sonnenaufgang erwacht. Er rief Telemachos und den Rinderhirt und den Sauhirt zu sich und verabschiedete sich von seiner lieben Gemahlin. Sie öffneten das Hoftor und verließen den Palast. Unter dem Schutz der Göttin Athene erreichten die Vier das Gut des Alten Laertes. Bevor Odysseus auf die Felder ging um den Vater zu suchen gab er den Auftrag einen jungen Eber zu schlachten und den Wein, den süßen, zu mischen. Das Wiedersehen sollte bei einem herrlichen Schmause gefeiert werden. Dennoch zog es Odysseus vor seinen Vater zu prüfen bevor er sich zu erkennen gab. Stürmisch fielen sie sich im Moment des Erkennens küssend um den Hals. Der greise Laertes verlor vor Freude das Bewusstsein und erwachte wieder in den schützenden Armen seines starken Sohnes. Plaudernd gingen die Beiden zum Hause des greisen Laertes und betraten die wohlbewohnten Räume. Die sizilianische Magd badete Laertes, salbte ihn mit Öl und kleidete ihn mit einem schönen Mantel. Mit einem Stab berührte ihn Athene und er erschien größer und schöner als er es je war. Staunend erkannte Telemachos seinen Großvater kaum wieder. Auch Dolios, der alte Hirte, und seine Söhne erschienen und freuten sich. Während sie schmausend das Wiedersehen feierten lief Ossa, das Gerücht, als Botin eilend von Haus zu Haus und berichtete von dem grausigen Geschehen im Hause des Odysseus. Und sie kamen und mit Stöhnen trugen sie ihre Toten aus dem Hof und bestatteten sie. Die von anderen Inseln und Städten übergaben sie Fischern, damit sie auf schnellen Booten jeden zu seiner Familie bringen konnten. Nach den Bestattungsfeiern trafen sich die Männer von Ithaka trauernd am Marktplatz der Stadt. Eupeithes, der Vater des Antinoos, den Odysseus als Ersten mit dem Pfeile tötete, forderte weinend die Freunde auf diese Schmach zu rächen, denn lieber wolle er sterben als in Schande leben. Mit sehr besonnenen Worten erklärte ihnen aber Medon, der von Odysseus verschonte Sänger; 24,443ff: »Schenkt mir Gehör, ihr Männer von Ithaka! Niemals vermochte gegen den Willen der Götter Odysseus die Tat zu vollführen. Selber erblickte ich einen Unsterblichen; neben Odysseus hat er gestanden und glich in sämtlichen Zügen dem Mentor. Doch als unsterblicher Gott ermutigte er, vor Odysseus stehend, den Fürsten; dann scheuchte er wieder die Freier in wilder Flucht durch den Saal; die Sterbenden sanken übereinander.« Auch der greise Held Halitherses sprach zu ihnen. Einigen gefielen diese Worte, sie standen auf und gingen. Aber die anderen wollten Rache, holten eilig ihre Waffen und unter der Führung des Eupeithes zogen sie gegen Odysseus. …….. Auf dem Olymp aber besprachen sich Athene und Zeus; 24,473ff: „ … »Großer Kronide, unser Vater, erhabenster Herrscher, gib mir, bitte, die Antwort: Was für Absichten hegst du? Willst du entsetzlichen Krieg und furchtbares Kampfgeschrei stiften oder die beiden Gegner in ehrlicher Freundschaft versöhnen?« Antwort gab ihr darauf der wolkenballende Vater: »Warum fragst du mich danach, mein Kind, und möchtest es wissen? Hast du nicht selber dieses Geschehen geplant, des Odysseus Heimkehr und seine Rache an den maßlosen Freiern? Handle nach deinem Belieben; doch will ich das Rechte dir raten. Da nun der edle Odysseus die Strafe vollzog an den Freiern, sollen nach festem Vertrag Odysseus das Königsamt führen, aber die Gegner auf unser Gebot der Ermordung der Söhne wie auch der Brüder nicht länger gedenken; sie sollen einander lieben wie vorher, und Glück und Frieden sollen gedeihen!« Damit spornte er Pallas, die das nämliche wünschte; eilig schwang sich die Göttin vom Haupt des Olympos hernieder.“ …….. Ein Sohn des Dolios erblickte die herankommenden Rächer. Eilig erhoben sich Odysseus, Telemachos, der Rinder- und der Schweinehirt, der greise Dolios und seine Söhne und der alte Laertes, griffen nach den Waffen und stürmten aus dem Haus. Athene trat zu Laertes und forderte ihn auf nach einem Gebet die Lanze zu werfen. Er betete, warf und traf den Eupeithes tödlich. Wütend stürzten sich Odysseus und Telemachos mit den Schwertern auf die Angreifer, beinahe hätte man sich gegenseitig das Leben geraubt, doch Athene trat dazwischen und gebot mit ihrer Stimme Einhalt; 24,,531ff: „…»Männer von Ithaka, setzet ein Ende dem leidigen Morden, trennt auf der Stelle euch, ohne noch weiteres Blut zu vergießen!« Derart rief sie, und bleiches Entsetzen packte die Feinde. Aus den Händen ließen vor Schreck die Waffen sie gleiten, nieder sank das Erz beim Erklingen der göttlichen Stimme. Angstvoll floh man zur Stadt, um das nackte Leben zu retten. Furchtbar erhob der göttliche Dulder Odysseus den Kampfruf, duckte sich, schnellte voran zur Verfolgung, ein Adler der Höhe. Doch der Kronide entsandte sogleich den rauchenden Blitzstrahl, ließ ihn einschlagen vor der Tochter des mächtigen Vaters. Warnend sprach zu Odysseus die helläugig blickende Göttin: »Zeusentsprossener Sohn des Laërtes, kluger Odysseus, halte jetzt ein, beende den Streit, der alle vernichtet! Zürnen könnte dir sonst der weithin donnernde Vater!« Derart warnte die Göttin, und freudig gehorchte Odysseus.“ ……….. Endlich ! – nach 20 Jahren – war Odysseus wieder mit Penelope und Telemachos vereint und Ruhe und Frieden kehrte wieder ein in die Herzen der Menschen. …… Das Ende des Telemachos beschreibt Lykophron aus Chalkis, eingebettet in das aus 1474 jambischen Trimetern bestehende Werk „Alexandra“ aus der ersten Hälfte des 3. Jh. v. Chr. Nachdem Telegonos irrtümlich seinen Vater Odysseus erschlug, Kirke ihn aber wieder zum Leben erweckte, verheiratete der Wiederbelebte seine Tochter Kassiphone mit ihrem Halbbruder Telemachos. Kassiphone ermordete ihren Ehemann, weil er zuvor ihre Mutter Kirke erschlagen hatte. Alexandra 807ff: „Beim letzten Atemzug beklagt er noch dereinst des Sohnes und der Gattin Schicksal, die der Mann ermordet und dann selbst alsbald zum Hades eilt, wenn seiner Schwester Hand so blutig ihm den Hals durchfurcht, die Glaukos und Apsyrtos Bäschen ist.“ (Übersetzung Dr. Carl von Holzinger, Leipzig, 1895)