eine gesamtgenealogie der griechisch-mediterranen mythologie
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omphale
OMPHALE Der Omphale-Mythos ist Bestandteil der Heraklessage und liegt in zwei voneinander kaum abweichenden Fassungen vor; Diodor 4,31 und Apollodor 2,132ff. ……… Omphale ist die Tochter des Flussgottes Iardanos, als Nachfolgerin ihres verstorbenen Gatten Tmolos 1 ist sie eine mythische Königin der Lyder und damit Ahnin der lydischen Dynastie der Mermnaden. Ihr Name ist die weibliche Form zu omphalos, „der Nabel“. Die Erzähler der Geschichte mit Omphale, die alle Griechen sind, schildern sie nie als Göttin, sondern als eine unzüchtige Frau, eine noch heute gängige typische Verteidigungsebene bestimmter Männer gegenüber starken Frauen. Sie wurde zuerst als „Sklavin“, nach dem Tod ihres Mannes dann als „Witwe“ verstanden. …….. Was die Erzähler in Griechenland mit diesen beiden Begriffen schonungsvoll zum Ausdruck bringen, war das Natürlichste in Lydien, wo Mädchen nicht als Jungfrauen, sondern als Hetären lebten. Sie sammelten so ihre Mitgift und verheirateten sich selbst ! als ihre eigenen Herrinnen. …….. Kurz nachdem Herakles den Iphitos 1, den Sohn des Eurytos 2, ermordet hatte wurde er von einer schweren Krankheit befallen und befragte das Orakel in Delphi. Mörder erhielten aber keine Auskunft. Wütend raubte er den Dreifuß und flüchtete. Apollon, der Besitzer des Orakels, trat ihm entgegen. Es kam zum Kampf. Zeus beobachtete den Frevel, erzürnte, fuhr mit einem Blitz dazwischen und gab als Strafe seinen Sohn Herakles zum Verkauf in die Sklaverei frei. Hermes führte ihn zum Sklavenmarkt. Eurytos sollte den Erlös des Verkaufes als Sühnegeld erhalten, lehnte das Geld aber ab. Omphale kaufte Herakles, der ihr 3 (1) Jahre dienen musste. Sie war die Herrin, er der Sklave. ……… Es kommen hier die Vorstellungen der „Dienstehe“ der matriarchalischen Gesellschaftsordnung, wie sie in Malis, Trachis und Lydien bestanden, zum Ausdruck. Der Kleider- und Rollentausch, ebenso die Übernahme „weiblicher“ Arbeiten, spiegeln bestimmte, in allen Zeiten und allen Regionen in unüberschaubarer Vielfalt übliche Riten und Bräuche wieder, bei denen hetero-, homo- und bisexuelle Menschen aus verschiedensten Gründen die Kleidung tauschten und nach genauen Regeln bei rituellen Festen auch die Rolle des Ehepartners, Freundes u.s.w. übernahmen und für eine bestimmte Zeit auch ausführten. (Empfehlenswerte Lektüre: Griechische Sagen, Herausgeber Erich Lessing, Orbis Verlag für Publizistik GmbH., München, 1990. Beitrag des Ernest Bornemann, „Recht und Sexualität im griechischen Mythos“). ……… Neben der üblichen Frauenarbeit die er als Sklave verrichten musste befahl Omphale dem Herakles auch bestimmte Taten zu vollbringen. Als erstes musste er eine alles verheerende Schlange am Fluss Sangarios töten. Dann befahl ihm Omphale die Kerkopen, die „Geschwänzten“, zu fangen. Diese zwei affenähnlichen Gauner, die die Erzähler Lügner, Betrüger, Landstreicher und ähnliches mehr nannten, raubten die Menschen aus und machten das Land unsicher. Als Herakles einmal schlief, wollten sie ihn berauben. Er erwachte, fing die beiden, fesselte sie, schob einen langen Stock zwischen die gefesselten Beine und nahm sie, beide mit dem Kopf nach unten hängend, als Beute mit (siehe Nationalmuseum in Palermo). Plötzlich lachte der hinter Herkules hängende Kerkop laut und rief: „Es hat sich bewahrheitet ! Es hat sich bewahrheitet !“ Herkules wollte wissen was. Der Hängende erklärte: „Als wir Kinder waren warnte uns unsere Mutter immer vor dem Melampygos, „dem mit dem schwarzen Hintern“. Siehe, es hat sich bewahrheitet !“ Herakles musste lachen und ließ beide laufen. Diodor erzählt, Herakles habe eine ganze Schar von Kerkopen die das Land verwüsteten erschlagen. Einige habe er gefangen und gefesselt seiner Herrin Omphale übergeben. ….. Omphale befahl Herakles auch bei Syleus zu dienen. Syleus war ein Weinbergbesitzer und Räuber der Fremde bis auf die Nacktheit beraubte und sie dann noch zwang in seinem Weinberg zu arbeiten (Im Satyrspiel „Syleus“ von Euripides verkauft Hermes den Herakles an Syleus.). Der Gehorchende Herakles nahm ein Beil, hackte alle Weinstöcke ab, machte damit ein riesiges Feuer, schlachtete den schönsten Stier des Syleus und brach den Weinkeller auf. Als er friedlich speiste und trank und Syleus ihn mit Gebrüll maßregelte erschlug ihn Herakles. Dann ergriff er die Tochter des Syleus, Xenodike 2, sie hatte ihm die Keule und das Löwenfell gestohlen, schleppte sie in das Haus und vergewaltigte sie. Man erzählt auch, er habe sie erschlagen. Diese „Liebesgeschichte“ wurde später auch schöner erzählt: Xenodike, „die den Fremden Gerechtigkeit Erweisende“, wohnte im Hause ihres Onkels Dikaios, „der Gerechte“, und wurde zur Ehefrau des Herakles. Als er weiter zog, starb sie aus Sehnsucht. Reine Liebe trieb Herakles zurück, zu spät, der Scheiterhaufen brannte bereits. Verzweifelt wollte er sich in das Feuer stürzen, man hielt ihn zurück und errichtete an dieser Stelle zu seinen Ehren einen Tempel. ….. Auch die Itoner, die immer wieder in das Reich der Omphale eindrangen und raubten, hat er besiegt, ihnen die Beute abgerungen, rächend ihre Stadt zerstört und das ganze Volk zu Gefangenen gemacht. …….. Es wird erzählt, dass Omphale Herakles nach Ablauf der Zeit geheiratet habe, jedenfalls hatten sie Söhne: Lamos 2, Agelaos 3, Acheles, Hyllos 8, Acheles, Melas 12, Laomedes 1 und Tyrrhenos werden genannt. Es ist offensichtlich, dass die Omphale / Heraklesgeschichte aus genealogischen Bestrebungen von lydischen Herrschern von Malis und Trachis auf Lydien übertragen wurde (siehe Herakleidai >). …….. Das Omphale / Herakles-Thema wurde natürlich in der Komödie und im Satyrspiel genüsslich ausgeschlachtet – Herakles als Pantoffelheld. Kratinos verspottete in seiner „Omphale“ Perikles, weil die Hetäre Aspasia großen Einfluss auf ihn ausübte. Auch Ion und Achaios haben Omphale-Satyrspiele geschrieben, Euripides schrieb einen „Syleus“. Auch in der römischen Literatur wurde dieser Sagenstoff köstlich weiterbehandelt. Ovid lässt zum Beispiel den Gott Faunus, verliebt in Omphale, lüstern in das Schlafgemach von Omphale und Herakles schleichen. Weil aber Omphale mit dem Löwenfell und Herakles in einem Frauennachtgewand schlafen verwechselt er die Beiden; fasti 345ff: „……War ihm doch härter als Horn schon das geschwollene Glied! Heimlich lüftet er dann das Kleid am unteren Saume: Voll von dichtestem Haar starrten die Schenkel dort rau! Als er den Rest nun versuchte, da stieß der tirynthische Held ihn Plötzlich zurück, und er stürzte von oben vom Bette herab. Das macht Lärm! …….“. Es darf nicht verwundern, dass Omphale auch als Domina und Herakles als Sexsklave verstanden und dargestellt wurden. Auch die Tragödie hat sich von Aischylos bis Seneca immer wieder mit der Tragik eines Helden, der einem Weibe untertan sein muss, angenommen. In der bildenden Kunst fehlt das Omphale-Thema auf Vasen und Sarkophagen. Um so öfters wurde es auf Wandgemälden, Mosaiken und als Plastik dargestellt. …………………………………….. Literaturbeispiel: Ovid, Briefe berühmter Frauen (Heroides): XI Deianeira an Herkules …………. Eine noch zogst du mir vor als Buhlerin - neues Verbrechen! -, Daß Stiefmutter ich dann Lamus, dem Lydier, ward. Sah der Mäander, der dort so vielfach geschlängelten Laufes Gegen sich selber zurück häufig die Strömungen drängt, Nicht mit Weibergeschmeid umhangen des Herkules Nacken, Welchem des Himmels Gewölb leichte Belastung nur war? Schamlos konntest du schnüren mit Gold die gewaltigen Arme Und dir die nervige Hand schmücken mit Edelgestein? Wie? den nemeïschen Löwen, des Fell dich bedeckt an der linken Schulter, hätte die Kraft dieser Gelenke zerdrückt? Frech umgabst du das struppige Haar mit der Haube, doch paßte Besser für Herkules' Haar weißlicher Pappeln ein Kranz. Auch umschlangest du dich mit einem mäonischen Gürtel, Einer Buhlerin gleich: glaubst du, das schände dich nicht? Dachtest du nicht der Gestalt Diomeds, der, dürstend nach Blute, Wild vor die Rosse zum Fraß menschliche Leichname warf? Hätte dich also geschmückt Busiris gesehen, es hätte Dieser Bezwungene sich seines Bezwingers geschämt; Dir hätt entzogen vom sehnigen Hals Antaeus die Binden, Um dir, Weichling, dann nicht schimpflich erlegen zu sein. Körbchen gehalten im Kreis der ionischen Sklavinnen, sagt man, Habest du gar und gebebt vor der Gebieterin Drohn. Wie? an geglättete Körbchen zu legen die Hand, die in tausend Kämpfen die Siegerin war, schämst du, Alcide, dich nicht? Wogst du auch grobes Gespinst, das du zogst mit kräftigem Daumen, Täglich nach schuld'gem Gewicht deiner Gebieterin zu? Ach! Wie so manche der Spindeln zerbrach dir, wenn du mit plumpen Fingern die Fäden gedreht, unter der nervigen Hand! (Zitternd aus Furcht vor den Riemen der Peitsch und dem Drohen der Herrin,) Warfst, o Armer, du dich, glaubt man, zu Füßen ihr gar. Ha! da erzähltest du wohl die besser verschwiegenen Taten Und hast berichtet voll Stolz, weshalb man dich so sehr ehrt: Wie du nämlich als Kind in der Wieg entsetzliche Hydern Mit den Händen ergriffst, ihnen zerdrückend den Schlund, Wie auch, gepreßt von der lastenden Wucht des tegeïschen Ebers, Seufzt' Erymanthus' Gebirg, welches Zypressen erzeugt- So auch die Köpfe, gespießt an des Thrakiers Burg, und die Stuten, Feist von menschlichem Fleisch, wurden verschwiegen da nicht, Auch nicht Geryon, reich an iberischen Herden und gräßlich Mit drei Körpern zu schaun, wenn er schon einer nur war, Wohl auch Zerberus nicht, der Hund, dreiköpfig auf einem Rumpf, ins zottige Haar drohende Schlangen verwebt, Noch auch die Schlange, gewachsen an Kraft durch furchtbare Wunden Und durch eignen Verlust immer noch reicher gemacht, Noch auch der Riese, der dir links zwischen der Brust und dem Arme Hing, die Gurgel zerdrückt - eine gewichtige Last, Noch die berittene Schar, von Thessaliens Bergen vertrieben, Trauend der Doppelgestalt, trauend den Füßen umsonst. Solches konntest du sagen im Putz von sidonischer Kleidung? Wird, vom Schmucke gehemmt, lautlos die Zunge dir nicht? Die Dardanierin, zierend sogar sich mit deiner Bewaffnung, Trug des gefangenen Manns hehre Trophäen umher. Geh nun, blähe dich auf, herzählend die tapferen Taten! Sie war, was du zu sein nimmer verdientest - ein Mann! Wie viel schwerer besiegbar du warst als die, die du schlugest, Größter der Helden, so viel bist du geringer als sie. Deiner Verdienste Gewicht kommt ihr zustatten; verzichte Auf das Erworbne: dein Ruhm erbt an die Buhlin sich fort. O der Schmach! Die so rauhe, den Rippen des struppigen Löwen Abgezogene Haut deckte der Weichlichen Brust! So ist nicht, du Getäuschter, der Löwe, nein! du der Beraubte, Du bist Sieger des Wilds, deine Besiegerin sie! Kaum zu tragen geschickt den mit Wolle belasteten Rocken, Trug vom lernäischen Gift schwarze Geschosse das Weib, Und sie bewehrte die Hand mit der Tiere bezwingenden Keule Und sah mit ihres Gemahls Waffen im Spiegel sich an……..“ [Ovid: Briefe berühmter Frauen (Heroides). Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 13396 (vgl. Ovid-W Bd. 2, S. 125 ff.) (c) Aufbau-Verlag]