eine gesamtgenealogie der griechisch-mediterranen mythologie
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kassandra 1,2
KASSANDRA 1,2 1. Tochter von Priamos 1 und Hekabe, Konkubine des Agamemnon, Mutter von Teledamos 2 und Pelops 2. In der Ilias wird Kassandra zweimal erwähnt; 8,365ff: „Den Othryoneus aus Kabesos erlegte er; dieser war, auf die Kunde vom Krieg, erst kürzlich nach Troja gekommen, hielt um die Hand an der schönsten der Priamostöchter, Kassandra, und erbot sich, statt Freiersgaben, zu herrlicher Leistung, wollte von Troja die Söhne Achaias gewaltsam vertreiben. Priamos hatte, der Greis, ihm die Tochter als Gattin versprochen; darum kämpfte er mit, überzeugt von den Worten des Königs.“ 24,697ff: „…………………………………….Ihr Kommen bemerkte vorher nicht einer der Männer und reizvoll gegürteten Frauen; nur Kassandra, so schön wie die goldene Kypris, war eben hoch auf die Stadtburg gestiegen, erspähte den Vater, der auf dem Wagen stand, und den Herold, den Rufer von Troja, sah, auf das Maultiergespann gebettet, den Leichnam auch liegen. Jammernd schluchzte sie auf, ihr Schreien durchgellte die Straßen: »Auf, ihr troischen Männer und Frauen, betrachtet euch Hektor, so ihr euch jemals gefreut, wenn er lebend vom Schlachtfelde heimkam, als er der Liebling Trojas noch war und sämtlicher Bürger!« [Homer: Ilias. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5437 (vgl. Homer-W Bd. 1, S. 473) (c) Aufbau-Verlag]. In beiden Fällen ist sie nur Tochter des Priamos. Ihre Sehergabe wird nicht angedeutet. ….. Erst später wurde sie zur Priesterin des Apollon: Dem Gott gefiel die Schöne und er lehrte sie die Weissagung in der Hoffnung, von ihr zum Liebesgenuss erhört zu werden. Sie lernte fleißig, ließ ihn lange hoffen, blieb aber keusch. Der Geprellte wurde zornig und bestrafte die junge Seherin: Kassandra konnte weissagen, aber keiner sollte ihren Prophezeiungen Glauben schenken – die schlimmste Strafe für eine Seherin. Oft wurde von Wahnsinnsanfällen der Kassandra berichtet, nichts Ungewöhnliches, denn viele Sibyllen sagten in Trance die Zukunft voraus. Ihre häufigen Weissagungen von kommendem Unglück wurden von niemandem geglaubt; u. a. die Folgen der Fahrt des Paris nach Sparta und dass sich Griechen im hölzernen Pferd befinden. Im Gegenteil, weil sie immer Unheil voraussagte, sperrte man sie in einen Turm (wegen Wehrkraftzersetzung). Während der Schlacht beim Brand und Niedergang von Troia flüchtete Kassandra an den Altar der Athene und umklammerte die Statue der Göttin. Im Wahn des Gemetzels zerrte der lokrische Aias Kassandra vom Altar der Athene weg. Damit brach er das göttliche Gesetzt des Asylrechtes, das direkt vom Götterkönig Zeus überwacht wurde. Zudem vergewaltigte er Kassandra und warf dabei das Standbild der Göttin um. Odysseus verlangte wegen dieses fürchterlichen Frevels die sofortige Steinigung des Aias. Die Griechen wagten aber nicht ihn anzurühren, weil er sich als Bittflehender an die am Boden liegende Statue der Göttin klammerte. Athene schwor sofort Rache, Zeus und Poseidon versprachen Unterstützung; Euripides, Die Troierinnen: ATHENE tritt auf. Darf ich an dich, der meinem Vater nächst verwandt und hochgeehrt im Götterkreis als großer Daimon, mein Wort jetzt richten, wo ich altem Haß entsagt? POSEIDON. Du darfst es. Fesseln doch, Gebieterin Athene, Verwandtschaftsbande Herzen innig aneinander. ATHENE. Die Güte lob ich. Was ich zu besprechen habe, berühret dich und mich in gleicher Weise, Herr. POSEIDON. Willst du mir etwa neue Botschaft von den Göttern, von Zeus, von irgendeinem der Daimonen bringen? ATHENE. Nein. Wegen Ilion, auf dessen Grund wir stehen, kam ich zu dir, mit deiner Macht mich zu verbünden. POSEIDON. So hast du deinen alten Groll verworfen, fühlst jetzt Mitleid mit der Stätte, die in Flammen aufgeht? ATHENE. Komm hierauf erst zurück: Willst du mit mir besprechen, mit mir zusammen tun, was ich vollführen möchte? POSEIDON. Jawohl. Doch wüßt ich deine Absicht gern: Willst du für Griechen oder für Trojaner dich verwenden? ATHENE. Den früher mir verhaßten Troern will ich Freude, dem Heer der Griechen eine bittre Heimkehr spenden. POSEIDON. Was springst du so zu ständig andrer Denkart um und haßt und liebst so heftig aufs Geratewohl? ATHENE. Du weißt doch, daß man mich entweiht und meine Tempel? POSEIDON. Ich weiß - als Aias mit Gewalt Kassandra fortriß. ATHENE. Und ungestraft, ja ungerügt von den Achaiern! POSEIDON. Obwohl sie Ilion dank deiner Kraft zerstörten! ATHENE. Dafür will ich, mit dir im Bunde, sie verderben! POSEIDON. Für deinen Wunsch steh ich bereit. Was willst du tun? ATHENE. Mit Unglück will ich sie auf ihrer Heimfahrt schlagen. POSEIDON. Noch auf dem Festland - oder auf der Salzflut erst? ATHENE. Wenn sie von Ilion in ihre Heimat segeln. Zeus wird gewalt'gen Regenguß und Hagelschlag entsenden und der Lüfte düstres Sturmgeheul. Mir hat versprochen er den Donnerkeil, die Griechen zu treffen, ihre Schiffe mit dem Brand zu tilgen. Was dich angeht, so laß die Aigeusflut erbrausen in dreifach hohen Wogen und in salz'gen Strudeln, mit Toten fülle an Euboias Klippenbucht, auf daß die Griechen für die Zukunft Ehrfurcht lernen vor meinen Tempeln, Scheu auch vor den andern Göttern. POSEIDON. So sei es. Mein Gewähren braucht nicht viele Worte. In Aufruhr will des Aigeusmeeres Flut ich stürzen. Der Strand von Mykonos, die Riffe auch von Delos, und Skyros, Lemnos und das Kap von Kaphereus, sie sollen die Ertrunkenen in Menge bergen. Begib dich zum Olymp, empfang die Blitze aus des Vaters Hand und warte auf den Augenblick, in dem die Griechenflotte ihre Segel setzt! Ein Narr ist jeder Mensch, der Städte auslöscht, Tempel und Gräber, heil'ge Plätze der Entschlafenen, veröden läßt und selbst danach zugrunde geht. Beide ab. [Euripides: Die Troerinnen. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 3297 (vgl. Euripides-W Bd. 2, S. 8 ff.) (c) Aufbau-Verlag] ….. Als nach der Zerstörung Troias die rückkehrende Flotte das Kap Kaphareus umsegelte, verursachten die drei einen fürchterlichen Sturm. Als Rache für die hinterhältige Verleumdung seines Sohnes Palamedes und die dadurch von Agamemnon angeordnete ungerechte Steinigung durch griechische Soldaten ließ Nauplios falsche Feuersignale entzünden und verursachte so den Untergang fast der gesamten griechischen Flotte. Mit Hilfe des Poseidon konnte Aias sich auf den Felsen Gyrai retten und rühmte sich, sich gegen den Willen der Götter selbst gerettet zu haben – Poseidon erschien, wütend, ein Stich mit dem Dreizack, der Felsen zerbarst und Aias fand in die tosende Brandung sein Ende. _____________________________________ Alkaios von Lesbos, ca. 630-580 v. Chr.: Aias, der Lokrer, raubt Kassandra …………………………………….. …………………..rasch eilt er zur Burg hinan, zum Tempel der Pallas hin, die alle Schänder heil`ger Stätten bitterer straft noch als andere Götter. Mit beiden Händen griff nach dem Mädchen er, der Priesterin, die dicht an dem Kultbild stand, fort riß der Lokrer sie: sein Rasen kannt` keine Furcht vor des Krieges Herrin. Es sah sein Treiben finsteren Blickes wohl die Göttin zornergrimmt: auf dem dunkeln Meer jagt sie ihn, und jäh vom Himmel ließ bis zum Grund sie die Stürme wühlen. (Alkaios: Griechisch und deutsch herausgegeben vom Max Treu. Ernst Heimann Verlag München, 2. Auflage, 1962) ….. Agamemnon übernahm Kassandra als Sklavin und Konkubine, zeugte mit ihr die Söhne Pelops 2 und Teledamos 2 und nahm sie und die Kinder mit nach Mykene. Als Seherin sah sie ihr eigenes Ende voraus und fügte sich dem Schicksal. Sofort nach der Ankunft in Mykene wurden sie von Klytaimnestra, der Gattin des Agamemnon eigenhändig ermordet. Aigisthos erdolchte ihre Kinder. Kassandra wurde in Mykene bestattet (Pausanias 2,16,6), aber auch Amyklai erhob den Anspruch auf ihr Grab. Von Pausanias 3,19,6 erfährt man vom Grab, der Bildsäule und dem Heiligtum der Kassandra, die hier unter dem Namen Alexandra (Gleichsetzung mit einer einheimischen Göttin) verehrt wurde. In Euripides` Troierinnen 448ff sagt Kassandra jedoch: KASSANDRA. „[…..]Meinen Leichnam auch, nackt hingeworfen, werden Schluchten, wild strömend von geschwollnen Wassern, nah dem Grab des Bräutigams, opfern, Fraß für wilde Tiere, mich, Apollons Dienerin.“ [Euripides: Die Troerinnen. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 3314 (vgl. Euripides-W Bd. 2, S. 21 ff.) (c) Aufbau-Verlag]. …… Lies „Kassandra“ von Christa Wolf – Pflichtlektüre! Weitergehende Literatur und ein Textausschnitt aus Wolfs Kassandra: Von späteren Schriftstellern wurde in die Zeit zwischen der Ankunft der Griechen vor Troia und dem Zeitpunkt der Ilias die Troilos-Sage eingeschoben, eine Sage die über Sophokles, Lykophron, Chaucer, Shakespeare und viele andere bis Christa Wolf die Phantasie der großen Geister beflügelte: Troilos war ein Sohn des Priamos. Man erzählte auch sein Vater sei nicht Priamos, sonder Apollon gewesen (Kinder und Jugendliche unterstanden dem besonderen Schutz dieses Gottes.). Noch Knabe, er ist meist als ca. Vierzehnjähriger dargestellt, begleitete er die Frauen, unter ihnen Polyxene, seine Schwester, zu einem Brunnen vor der Stadt. Dort lauert ihm Achilleus auf, Troilos flüchtet, Achilleus verfolgt ihn, reißt ihn vom Pferd, schleppt ihn zum Altar des Apollontempels in Thymbra und ermordet den Knaben dort bestialisch. In diese Geschichte wurde eine päderastische Hassliebe des Achilleus, er liebt unerwidert den ahnungslosen hübschen Viezehnjährigen, eingebaut und von Dichtern bis zum zuletzt Denkbaren grauenhaft erzählt. Sophokles deutet nur eine unerwiderte Liebe des Achilleus zu Troilos an, andere erzählen, dass Achilleus am Altar des Apollon den Knaben zwingen wollte ihn mit dem Mund zu befriedigen. Troilos wehrte sich, Achilleus, erfüllt von Hass und sexueller Gier, stach ihm den Dolch in die Kehle und befriedigte sich in der Wunde des sterbenden Knaben. Christa Wolf lässt in ihrer Erzählung „Kassandra“ nicht Polyxene, sondern Kassandra diese grauenhafte Szene erleben und in abgewandelter Form erzählen: „ ....... Wie näherte sich dieser Feind dem Bruder. Als Mörder ? Als Verführer ? Ja gab es denn das: Mörderlust und Liebeslust in einem Mann? Durfte unter Menschen das geduldet werden? Des Opfers starrer Blick. Das tänzelnde Herannahen des Verfolgers, den ich jetzt von hinten sah. Ein geiles Vieh. Das Troilos, den Knaben bei den Schultern nahm, das ihn streichelte, [...], befingerte. Lachend, alles lachend. Ihm an den Hals griff. [...] Pressend, pressend. [...] Des Bruders Augen aus den Höhlen quellend. Und in Achills Gesicht die Lust. Die nackte grässliche männliche Lust. Wenn es das gibt, ist alles möglich. Es war totenstill. [...] Achill, das Vieh.“ 2. Der lykischen Königs Iobates gab Bellerophontes, als er mit dem Uriasbrief, zu ihm kam, Alkimedusa zur Gattin; Schol. 5 Homer Ilias 6,192. Man nennt sie auch Philonoe, Kassandra 2, Antikleia 4 (Schol. Pindar Ol. 13,61) und Alkimede 3.