Die vorliegende Fassung der Texte ist nicht redigiert! Informationen dazu finden sie hier.
tantaliden-sage
DIE TANTALIDEN-SAGE DAS GESCHLECHT DES GRAUENS Einleitung: In der gesamten Weltliteratur gibt es kein zweites Geschlecht das auch nur annähernd die Phantasie der Künstler, speziell der Dichter und Komponisten, so beflügelt hat wie dieses Geschlecht des Grauens. Fast grenzenlos wurde die Geschichte dieser mehrere Generationen umfassenden Verwandtschaft von Schriftstellern bis heute erzählt, ausgeschmückt, variiert, neu erfunden, die Genealogie abgeändert. Mündliche und schriftliche Überlieferung, Erzähl- und Dichtkunst, Werke der Malerei, Töpferei, die Kunst der Musiker, Bildhauer und Metallbearbeiter paaren sich mit den Ergebnissen der modernen Archäologie und ermöglichen uns heute Ausflüge in die Sphären höchster Phantasie. Auf allen Schauspiel- und Opernbühnen unserer Welt begegnen uns die Figuren der Tantalidensage heute noch und in ständig neuer Interpretation. ___________________________________________________________________________ DIE SAGE A. Tantalos, König von Sipylos in Lydien, war ein Sohn der Pluto 2, der „Reichen“, sein Vater war Zeus oder Tmolos 1, der Berggott des gleichnamigen lydischen Berges. Weil der Berg Tmolos reich an Gold- und Silbervorkommen war, galt Tantalos als sehr vermögend. Dadurch erfreute er sich (wie auch heute noch in allen Religionen) der Gunst der Götter und wurde als Sterblicher von Zeus in den Olymp an den Tisch der Götter zum Schmause geladen (= Privataudienz). Tantalos aber, primitiv, zeigte sich dieser Gunst unwürdig. Er stahl den Göttern Nektar und Ambrosia, die Götterspeise, und schenkte sie Freunden. Am Göttertisch Erlauschtes gab er an die Menschen weiter und wollte so die Geheimnisse der Unsterblichkeit verraten. Zudem forderte er von Zeus „ein Leben wie die Götter“, eine gottlose Anmaßung. Bei einem der göttlichen Gelage auf dem Olymp sprach Tantalos eine Gegeneinladung aus. Dankend nahmen die Göttlichen an. Fröhlich und scherzend erschienen sie am vereinbarten Tag im Palast des Tantalos in Sipylos. B. Tantalos jedoch, in der Absicht die Weisheit der Götter zu testen, schlachtete seinen Sohn Pelops 1 und setzte den Olympiern, als sie an der Tafel Platz nahmen, den mit Gemüse zu einem Eintopf gekochten Jugendlichen vor. Demeter, in Gedanken versunken, weil ihre Tochter Persephone verschwunden war, aß ahnungslos ein Schulterblatt. Die anderen erkannten sofort den grauenhaften Frevel und waren heillos entsetzt. Rhea, die große Göttin, gnädig, setzte Pelops wieder zusammen. Nur – ein Schulterblatt fehlte, Demeter hatte es ja irrigerweise verspeist. Sie gab Hephaistos, dem Handwerker, ein Stück Elfenbein und den Auftrag sofort ein Schulterblatt zu schnitzen und einzubauen (1. Prothese, dadurch wurde Hephaistos zum Gott der Prothesenhersteller). Der Göttliche schuf ein Neues, ein Steriles, und setzte es dem Zusammengesetzten ein. Komplikationen wurden keine überliefert. Hermes hauchte ihm neues Leben, oder, wie man auch erzählte, er lebte noch, weil Klotho, nur sie schneidet den Menschen den Lebensfaden ab, seinen Tod noch gar nicht beschlossen hatte. So frisch zusammengesetzt entstieg Pelops mit diesem neuen Schulterblatt dem Kochtopf; Ovid met. 6,404ff: „………………………..als er das Kleid von dem Busen Wegzog, Elfenbein ließ sehn an der linken der Schultern. Die war früher, zur Zeit der Geburt, gleichfarbig der rechten Schulter und auch von Fleisch. Bald, heißt es, zerstückt von dem Vater, Wurden die Glieder vereint von den Göttern, und alles das andre Fanden sie, aber das Stück, das zwischen dem Arm und dem Hals ist, Fehlete. Elfenbein ward an des verlorenen Teiles Stelle gesetzt und dadurch Pelops geheilt und gerettet.“ [Ovid: Verwandlungen (Metamorphoses). Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 12737 (vgl. Ovid-W Bd. 1, S. 143) (c) Aufbau-Verlag] Jetzt war er schöner denn je, schon männlich und dennoch noch lieblich in seiner Jugendlichkeit – unwiderstehlich, Poseidon hat sich auf der Stelle in ihn verliebt. ............... Erklärender Einschub: Die Menschen der Urzeit haben alles nur Erdenkliche in Göttliche oder Menschen personifiziert: Die Liebe wurde zur Göttin Aphrodite, die Erde zur Gaia, das Meer zu Poseidon u.s.w. Ebenso die Halbinsel Peloponnes, sie wurde zum Prinzen Pelops. Auf Grund ihrer Form hat diese Halbinsel im Verhältnis zu ihrer Fläche überdurchschnittlich viel Küste, also wird sie, personifiziert zum schönen Jüngling, vom Meer, personifiziert zum Poseidon, überdurchschnittlich viel umspült, „geliebt“, und mit Fischreichtum und Naturschönheit beschenkt. Dieser Umstand gibt der dichterischen Phantasie enorm viel Spielraum, speziell dann, wenn menschliche Verhaltensweisen in diese Personifizierungen hineinreflektiert werden. Wenn Pelops nun bei Pindar Olympische Ode 1,3 den Poseidon mit den Worten „Höre mich, Poseidon, wenn jemals du Freude durch meine Liebe erfuhrst und durch meine süßen Gaben .....“, oder, nach neuerer Übersetzung von Eugen Dönt, „Wenn die lieblichen Gaben der Kypris Dank im Gefolge haben, ..“, um etwas bittet und Poseidon der Bitte entspricht, „Dank abstattet“, dann wird gleichgeschlechtliches männliches Gedankengut in dichterischer Freiheit in die Götterwelt reflektiert und heute meistens, gemäß unseren vereinfachenden und deformierten Denkformen, leider, als aktive Homoerotik oder Päderastie aufgefasst und missverstanden = Legitimierung von eigenem Sexualverhalten durch Reflektierung in die Götterwelt. .............. In früheren dichterischen Versionen wird Tantalos, der ruchlose Mörder seines Sohnes und Frevler, - von Zeus auf der Stelle in den Weltraum geschleudert und kreist dort unter der steten Bestrahlung durch die Sonne, - an den Händen gefesselt und für alle Zeiten an eine Felswand gehängt, - oder muss, wie Atlas, den Himmel tragen. Bei späteren Dichtern, auch bei Homer Odyssee 11.582ff, warf er ihn in den Hades. Bis in alle Ewigkeit muss er dort Höllenqualen erleiden. „Die Qualen des Tantalos“: Er steht bis zu den Knien im Wasser, aber immer wenn er seinen brennenden Durst löschen will versickert das kühle Nass und er steht auf nackter schwarzer Erde. Vor ihm hängen die schönsten Früchte und stehen die herrlichsten Speisen, aber immer wenn er hungrig danach greift entschwinden sie und über ihm hängt an einem hauchdünnen Faden ein riesiger Stein, jederzeit bereit herunterzufallen und ihn zu zerschmettern. Man erzählt aber, dass, als Orpheus im Hades himmlische Gesänge erklingen ließ um seine über alles geliebte Eurydike in das Leben zurückzuführen, und alle Höllengeister von der herrlichen Musik entzückt und leicht entrückt waren, Tantalos einmal ein Schinkenbrot erwischt habe. Sein Grab sah Pausanias 2,22,3 am Sipylos und bezeichnete es als „bemerkenswert“. ….. Einschub: TANTALOS GILT ALS DAS SINNBILD DES ALLZU-WAGEMUTIGEN UND DES SICH-ALLZUVIEL-WÜNSCHENDEN, DER SCHEITERN MUSS, DER VON DEN GÖTTERN FÜR SEINE UNVERHÄLTNISMÄSSIGKEIT BESTRAFT WIRD. (Vergleiche mit den Ausfallsraten bei den Menschen die zuviel wagen, die ihre Grenzen überschreiten und sich anmaßen „nach den Sternen zu greifen“: Motorradfans, Extrembergsteiger, Autoraser u. ä. und die Drogenproblematik im Spitzensport; allzu viele von ihnen werden „in den Hades geworfen“ und erleiden in der Erinnerung der Mitmenschen Höllenqualen.) ….. C. Nach Tantalos Tod wurde Pelops König von Lydien, wurde aber von Tros 1, dem Enkel des Dardanos 1 vertrieben. Der schöne Jüngling, als politisch Verfolgter herumirrend, hörte von der Schönheit der Hippodameia 1, der Tochter des Königs Oinomaos 1 von Pisa. Beflügelt von seiner Phantasie fühlte er ein heißes Verlangen, verließ sein Land und reiste nach Pisa (diese legendäre Stadt ist dichterische Erfindung, angelehnt an Pisatis, eine Landschaft im elischen Bereich). König Oinomaos hatte aber verkündet, dass, wer Hippodameia zur Frau und dazu das Königreich haben will, gegen ihn im Wagenrennwettkampf siegen müsse. Er selbst war nämlich, so erzählte man, in seine Tochter verliebt. Einige erzählten gar, er stille schändliche Gelüste. Jedenfalls war er nicht bereit sie herzugeben. Viele kamen schon und baten um die Hand der Begehrenswerten. Doch alle verloren das Wettrennen, denn Oinomaos besaß, Geschenke seines Vaters Ares, die Pferde Psylla, „der Floh“, und Harpinna, „die Raffende“, Pferde die schneller waren als der Wind, und Waffen die ihn unbesiegbar machten. Die so betrogenen Freier verloren jeden Wettkampf mit ihm. Und Oinomaos, grausam, ließ sie auf der Stelle köpfen. Mit den blutigen abgeschlagenen Köpfen schmückte er den Eingang seines Palastes. Zweiundzwanzig vertrocknete Köpfe blickten auf jeden der ankommenden Besucher. Nach Pausanias 6,21,10f u. a. waren es die Köpfe von Marmax, Alkathoos 2, Sohn des Porthaon, Euryalos 3, Eurymachos 3, Krotalos, Akrias, auch Akrokomos genannt, vermutlich Lakedaimonier und Gründer von Akriai, Kapetos, Lykourgos 6, Lasios, Chalkodon 3e, Trikolonos 2, ein Nachkomme des Heros Trikolonos 1, des Sohnes von Lykaon 3, Aristomachos, Prias, Pausanias 6,23,11, Pelagon 4, Aiolios, Kronios, Erythras und Eioneus. Nach Schol. Pindar Ol. 1,127b auch noch: Hippomedon 8, Hippostratos 2, Hippothoos 7 und Automedon 2, Hesiod frg. 158 K. Als der junge und heiß verliebte Pelops vor den Palast des Oinomaos trat erschrak er angesichts dieses grauenvollen Hausschmuckes fürchterlich. Panische Angst erfasste ihn. In seiner Not bat er Poseidon um Hilfe. Der alte Meeresgott liebte ja den jungen Pelops und es war noch Dank abzustatten für am Strand erwiesene Gunst. Der Gott des Meeres schenkte ihm gerne einen goldenen Wagen und geflügelte Rosse. Trotz dieses göttlichen Geschenkes war Pelops in Sorge. Er erschlich sich das Vertrauen des Hermessohnes Myrtilos, des Wagenlenkers des Oinomaos, und versprach ihm im Falle der tatkräftigen Hilfe das halbe Königreich und eine Nacht im Bett der Hippodameia. Der verschlagene Myrtilos willigte ein und ersetzte beim Wagen seines Herrn die eisernen Achsnägel durch Nägel aus Wachs (Der Moment vor dem Start ist auf dem Fries des Ostgiebels des Zeustempels in Olympia, aber ohne Myrtilos, dargestellt.). Nach kurzer rasender Wettfahrt lösten sich die Räder vom Wagen des Oinomaos, er kam zum Sturz, der Wagen des Königs zerbrach und die windschnellen Pferde schleiften den Gestürzten zu Tode. Hephaistos entsühnte Pelops von diesem hinterlistigen Mord. Der göttlich Gereinigte heiratete glücklich Hippodameia und erhielt das Königreich Pisa. Hermes erschien im Auftrag des Zeus und brachte ihm den heiligen Stab. ….. Erklärender Einschub: Ursprünglich, in frühesten Zeiten, wurde Agamemnon als eigenständiger Heros und Gott, vielleicht auch chthonischen Charakters, in verschiedenen Orten der Peloponnes und Boiotiens verehrt die man in späterer Zeit mit Zeus identifizierte. In Smyrna und in Klazomenai hatte er bei heißen Quellen Heiligtümer. Ein sehr hohes Alter hatte ein Kult des Agamemnon in Chaironeia, wo man ihn in der Form eines Holzstabes Jahrhunderte lang verehrte. Dieser geheiligte Holzstab wurde später mit dem Zepter Agamemnons, Ilias 2.100ff, gleichgesetzt: „ …. da stand der mächtige Fürst Agamemnon Auf, das Zepter haltend, das mühsam Hephaistos gefertigt; Aber Hephaistos gab es dem Herrscher Zeus, dem Kroniden, Zeus aber gab es dann dem Geleiter, dem Töter des Argos; Hermes, der Herr, aber gab es dem Pelops, dem Rossebezwinger; Pelops gab es dem Atreus wieder, dem Hirten der Völker. Atreus ließ es sterbend dem herdenreichen Thyestes, Aber Thyestes ließ es zu tragen dem Agamemnon, Daß über viele Inseln er herrsche und über ganz Argos. Darauf stützte er sich und sprach so zu den Argeiern: …..“. (Homer: Ilias, in der Übersetzung von Roland Hampe. Stuttgart: Phillip Reclam jun. Gmbh. & Co, 1979) Noch im 2. Jh. n. Chr., das Holz wurde inzwischen nicht mehr als Gott verehrt, bewahrten die Chaironeer in ihrer Stadt dieses Stück Holz auf und sagten, dass es das in der Ilias erwähnte Zepter des Agamemnon sei. Sie verehrten es als ihr höchstes Gut und opferten ihm täglich; Pausanias 9,40,11f. Aus diesem ‚homerischen Urzepter‘, einem Holzstab, entwickelten sich die Zepter der König- und Kaiserreiche späterer Kulturen. Heute sind sie in unseren Museen zu bewundern; z. B in der Schatzkammer in Wien und im Louvre. Vergleiche aber mit den Insignien der Herrscher noch früherer Kulturen. Der Krummstab der Pharaonen setzt sich z. B. im Stab der Bischöfe fort; ebenfalls ein Symbol der Macht, der Beherrscher der Herden wie bei Homer: „..... gab es den Atreus wieder, dem Hirten der Völker“. Speziell bei königlichen Zeremonien in England, aber auch in anderen noch existierenden Königreichen wird das Zepter heute noch als Symbol der Macht verwendet – Zeus hat es überreicht, kein christlicher Gott, Agamemnon lebt! Der in Tarent gefeierte Kult des Agamemnon hat seine Wurzeln ausschließlich in der Ilias. …............... Die getrockneten Köpfe der bedauernswerten und betrogenen jungen Männer die als Freier der Hippodameia das Wagenrennen gegen ihren Vater und damit das Leben verloren, ließ Pelops mit allen Ehren bestatten. Als Myrtilos seinen Preis einforderte, lud ihn Pelops zu einer Flugfahrt mit seinen geflügelten Pferden ein. Der hübsche Jüngling freute sich, stieg in den Wagen, höher und höher flogen die Pferde und plötzlich stieß ihn Pelops aus dem göttlichen Gefährt. Der abstürzende Myrtilos verfluchte laut und für alle vernehmbar Pelops und seine Nachkommen, ein fürchterlicher Fluch, „Der Fluch des Myrtilos“. Dann schlug er auf dem Meer auf. Noch heute heißt es, nach ihm benannt, Myrtoisches Meer. Der Leichnam wurde in Pheneos an Land gespült und hinter dem Tempel seines Vaters Hermes bestattet. Schritt für Schritt unterwarf Pelops sowohl militärisch als auch mit Hinterhältigkeit die gesamte Halbinsel. Er täuschte z. B. König Stymphalos mit geheuchelter Freundschaft, ermordete ihn und verstreute seine Gebeine. Nun, als Alleinherrscher, gab er der Halbinsel einen Namen und benannte sie nach sich selbst – Peloponnes. D. Die Dichter schrieben Hippodameia und Pelops viele Kinder zu: Atreus, Troizen, Lysidike 1, Pittheus, Letrinoi, Skiron 1, Dias 3, Pleisthenes 1, Nikippe / Amphibia, Dimoites, Epidauros, Astydameia 4, Daito, Kopreus 1, Kleonymos, Eurydike 3, Thyestes, Alkathoos 1 und Argeios 7. Pelops hatte zudem auch einen außerehelichen Sohn, Chrysippos 1, den ihm Astyoche 10 / Axioche oder der kretischen Nymphe Danais 3 zur Welt brachte. Einige seiner Töchter verheiratete er mit den Söhnen des Perseus (Erstauflage des A.E.I.O.U.) und einige seiner Söhne waren Eponyme von Städten. Am meisten von allen liebte er aber den Chrysippos. _________________________ Über diesen Chrysippos entstand eine Verbindung mit dem Sagenkreis des Oidipus: Als Laios 1, der Sohn des Königs von Theben, ein Jahr alt war verlor er seinen Vater und Lykos 6 übernahm für ihn die Regentschaft. Während Amphion und Zethos zum Kampf gegen Lykos rüsteten, brachten die Thebaner den Knaben Laios zum König Pelops auf den Peloponnes in Sicherheit. Zum Jüngling herangewachsen verliebte er sich in den außerehelichen Sohn seines Gastgebers, den schönen Knaben Chrysippos 1, missbrauchte ihn und entführte ihn nach Theben. Die Thebaner duldeten diesen Raub. Hera war erzürnt, weil der Knabe eine Ehefrau ersetzte. Später schickte sie die Sphinx dafür. Auch Apollon war erzürnt, in seinen göttlichen Bereich fiel der Schutz der Mädchen und Knaben. Pelops zog mit einem Heer nach Theben, befreite seinen Sohn und verfluchte Laios und die Thebaner. Kinderlos soll Laios bleiben, sollte er einen Sohn haben, so soll er von diesem getötet werden. Und sollte er Enkel haben so sollten auch sie untergehen, genau so wie die Stadt Theben. Zeus hörte ihn! Viele Jahre später wurde Laios wurde von seinem Sohn Oidipus erschlagen. Oidipus heiratete seine eigene Mutter und zeugte mit ihr vier Kinder. Und das Geschlecht des Laios ging unter. __________________________________ Hippodameia hasste den Knaben und fürchtete, dass Pelops als Nachfolger den Chrysippos und nicht einen ihrer Söhne bestimmen könnte. Sie beauftragte Atreus und Thyestes, ihre ältesten Söhne, den Halbbruder, zu ermorden. Die Söhne gehorchten. Pelops, verbittert, sprach einen Fluch über die Mörder Atreus und Thyestes und ihre Nachkommen und wies sie mit ihrer Mutter Hippodameia aus der Stadt. „Der Fluch des Pelops“. Ihr Schwager Sthenelos 6, der König von Mykene, bot dem Atreus und dem Thyestes an gemeinsam in der Stadt Midea zu herrschen. Beide griffen gerne zu. ….. Atreus kaufte von Nauplios Aerope 1, die verstoßene Tochter des Königs Katreus 1 von Kreta („die mit dem nebelweißen Gesicht“), und heiratete sie. Die Gekaufte schenkte Atreus die Kinder Alkon 4, Melampus 2, Agamemnon, Pleisthenes 1, Anaxibia 3, Astioche 6 und Menelaos. Heimlich liebte sie aber Thyestes, ihren Schwager und schenkte ihm jenes in einer Kiste verborgene goldene Widderfell, das Atreus längst der Göttin Artemis hätte opfern sollen. Es war, wie der geheiligte Stab, ein Zeichen der königlichen Macht. Als einige Jahre später Eurystheus, der Sohn des Sthenelos 6 und Nachfolger als König von Mykene, von Hyllos 3, dem Sohn des Herakles, aus Rache wegen seiner an den Herakliden begangenen Untaten, ermordet wurde, beauftragte das Orakel das Volk von Mykene einen Sohn des Pelops zum König zu wählen. Atreus, als der älteste, erhob Anspruch auf den Thron. Thyestes schlug vor, man solle den erwählen, der das goldene Vlies vorweisen könne. Atreus, ahnungslos, und das Volk stimmte zu - und Thyestes wurde erwählt. Wütend über den Verrat bezeichnete Atreus ihn als Betrüger und bat Zeus um Hilfe. Und Zeus half: Er schickte Hermes, der flüsterte Atreus etwas in das Ohr – und Atreus erklärte dem Volk, dass er als Beweis seiner königlichen Macht die Sonne rückwärts laufen lassen werde. Und es geschah! Das Volk erklärte ihn zum König. Aerope, seine der Untreue überführte Ehefrau, ließ Atreus in das Meer werfen, Thyestes, seinen Bruder, verbannte er. Die Familie des Thyestes, seine Gattin Laodameia und die Kinder, mussten in Midea bleiben. E. Thyestes hatte in seinem Hause Pleisthenes 1, einen außerehelichen Sohn seines Bruders Atreus, wie sein eigenes Kind aufgezogen. Nun, verbannt und entehrt, stiftete er den Herangewachsenen zur Ermordung seines leiblichen Vaters Atreus an. Pleisthenes ging nach Mykene, trat vor den verhassten Vater und wollte ihn ermorden. Aber Atreus wehrte sich erbittert und erstach dabei den Angreifer. Erst als der ungestüme Jugendliche tot am Boden lag, erkannte ihn Atreus – es war sein eigener Sohn. Aus Rache bat Atreus seinen Bruder Thyestes heuchlerisch zu einem Mahl der Versöhnung. Persönlich schlachtet Atreus am Altar des Zeus Aglaos, Kallileon (auch Kalaos 3 genannt) und Orchomenos 5, die kleinen Söhne des Thyestes und setzt sie ihm, der allein am Tische speiste, gebraten und gekocht vor. Als grauenhafter ‚Nachtisch‘ ließ Atreus seinem Bruder die blutigen Köpfe der drei Kinder vorsetzen. Thyestes erbrach das Fleisch der eigenen Kinder und verfluchte Atreus und seine Nachkommen – „Der Fluch des Thyestes.“ „Die Atriden, das drei mal verfluchte Geschlecht.“ (Fluch des Myrtilos, Fluch des Pelops und Fluch des Thyestes) F. Rache schwörend wanderte Thyestes nach Delphi. Das Orakel teilte ihm mit, dass nur ein Sohn, den ihm seine eigene Tochter gebären müsse, Atreus töten könne. Auf der Suche nach seiner Tochter Pelopeia 2, sie lebte am Hofe des Königs Thesprotos, begegnete er einigen jungen Frauen die gerade mit einem Tanz die Göttin Athene ehrten. Die Anführerin der Reigentänzerinnen, Pelopeia, begab sich zu einem Bach um ihr Kleid, das bei einem Tieropfer mit Blut beschmutzt wurde, zu reinigen. Thyestes schlich ihr nach und vergewaltigte sie ohne zu erkennen, dass es seine eigene Tochter ist. Bevor er weiter zog nahm Pelopeia ihm sein Schwert weg und versteckte es unter dem Altar der Athene. Der dreifache Kindesmord des Atreus erzürnte die Götter. Sie ließen das Land vertrocknen, eine große Hungersnot brach aus. Atreus befragte das Orakel und erhielt zur Antwort, dass er seinen Bruder Thyestes suchen und nach Mykene zurückbringen müsse. Auf der Suche nach seinem ihm verhassten Bruder erschien Atreus am Hofe des Königs Thesprotos und verliebt sich in Pelopeia, die er für eine Tochter des Gastgebers hielt. Aus Angst verschwieg Thesprotos die Wahrheit und gab ihm die Schwangere zur Frau. In Mykene entband sie heimlich, setzt das Kind aus und legt das Schwert des Vaters dazu. Hirten fanden den Knaben und brachten ihn zum König. Atreus gab ihm, weil er während der Aussetzung von Ziegen ernährt wurde, den Namen Aigisthos, „der von Ziegen Gesäugte“, und nahm den unbekannten Findling wie einen eigenen Sohn auf. Jahre später sandte der auf der Suche nach seinem Bruder erfolglose Atreus seine Söhne Agamemnon und Menelaos aus um Thyestes endlich zu finden. Sie fanden ihn in Delphi und brachten ihn nach Mykene. Atreus warf seinen Bruder in den Kerker und beauftragt den inzwischen erwachsenen Aigisthos diesen Thyestes zu ermorden. Der junge Mann betrat mit seinem Schwert mordlüstern das Gefängnis. Thyestes jedoch erkannte sein Schwert, erkannte seinen Sohn / Enkel, und Aigisthos erkannte den Vater / Großvater. Die herbeigerufene Mutter, Pelopeia, erkannte die Zusammenhänge, wurde sich der Blutschande bewusst, entriss verzweifelt dem Aigisthos das Schwert und erstach sich. Entsetzt, ergriffen und voll Schmerz entwand Aigisthos der Sterbenden das Schwert und stürzte aus dem Kerker. Als Atreus ihn mit dem blutverschmierten Schwert vor sich sah glaubt er, dass Thyestes endlich tot sei und eilte freudig an das Meer um ein Dankesopfer darzubringen. Wütend verfolgte Aigisthos den ahnungslosen Atreus, erreichte ihn am Strand und ermordete ihn mit dem Schwert des Thyestes. Seinen Vater/Großvater setzt er als neuen König von Mykene ein. Agamemnon und Menelaos, die Söhne des Atreus, flüchteten nach Sparta, kehrten aber bald mit Hilfe von Tyndareos, dem König von Sparta, zurück und vertrieben Thyestes endgültig. Als König von Mykene besaß er nun in klarer Erbfolge das göttliche Zepter des Pelops und das goldene Fell. Seine Macht reichte über einen großen Teil des Peloponnes und viele Inseln; Ilias II 100ff. Menelaos kehrte nach Sparta an den Hof des Tyndareos zurück. Das Grab des Atreus, ein typisches Felskuppelgrab, wird heute in Mykene gezeigt, das Grab des Thyestes befindet sich neben der Straße zwischen Argos und Mykene. G. Leda, die Gattin des Tyndareos, des Königs von Sparta, hatte vier Kinder. Zwei, Kastor und Klytaimnestra, von ihrem Gatten und zwei, Helena und Polydeukes, von Zeus. Die schöne Königin befand sich einst im Garten des Palastes, als Zeus, gemütlich auf dem Olymp sitzend, sie sah und in heftiger Liebe zu ihr entbrannte. Nur – Leda galt als keusche und absolut treue Gemahlin des Tyndareos. Der Göttliche verwandelte sich in einen wunderschönen Schwan, flog Richtung Süden und landete im Teich des Palastgartens des Tyndareos. Leda war hoch erfreut beim Anblick des wunderschönen Tieres. Sie bot ihm Futter. Der herrliche Weißgefiederte näherte sich, wurde zutraulich, fraß Leda aus der Hand und – schon sprang er aus dem Wasser und begattete die Entsetzte. Bald darauf legte sie ein, zwei oder drei Eier aus denen nach einer angemessenen Frist des Brütens die Kinder schlüpften. Man erzählte auch, dass Leda gebadet habe, als Zeus sie außerehelich überraschte, dass er sie auf dem Berg Taygetos umarmt habe, auch, dass er sich in ihr Bett schlich, zur Ruhenden, nachdem sie bereits mit ihrem Gemahl aphrodisische Genüsse gekostet und Kastor empfangen habe. Von Zeus empfing sie dabei zusätzlich Helena und Polydeukes. ….. Helena, die wunderschöne Tochter des Zeus, des Königs der Götter, und der Leda, wuchs zur lieblichsten, hübschesten und begehrtesten jungen Frau von Griechenland heran. Sie galt als die schönste Frau die je auf der Welt gelebt hat. Ihr Ruf als Ebenbild der Göttin Aphrodite erreichte das letzte Dorf. Tyndareos, ihr Ziehvater, schickte Boten in alle Regionen Griechenlands mit dem Auftrag Brautwerber nach Sparta einzuladen. Und sie erschienen, die Söhne der Könige; Apollodor 3,129-131: Odysseus, Sohn des Laertes, Diomedes, Sohn des Tydeus, Antilochos, Sohn des Nestor, Agapenor, Sohn des Ankaios, Sthenelos, Sohn des Kapaneus, Amphimachos, Sohn des Kteatos, Thalpios, Sohn des Eurytos, Meges, Sohn des Phyleus, Amphilochos, Sohn des Amphiaros, Menestheus, Sohn des Peteos, Schedios und Epistrophos, des Iphitos Söhne, Polyxenos, des Agasthenes Sohn, Peneleos, des Hippalmos Sohn, Leitos, Sohn des Alektor, Aias, Sohn des Oileus, Askalaphos und Ialmenos, die Söhne des Ares, Elephenor, der Sohn des Chalkodon, Eumelos, Sohn des Admetos, Polypoites, Sohn des Peirithus, Leonteus, Sohn des Koronos, Podaleirios und Machaon, die Söhne des Asklepios, Philoktetes, Sohn des Poias, Eurypylos, Sohn des Euaimon, Protesilaos, Sohn des Iphiklos, Menelaos, Sohn des Atreus, Aias und Teukros, die Söhne des Telamon und Patroklos, der Sohn desMenoitios. Alle versuchten sich in Versprechungen und Geschenken zu überbieten. Odysseus, der Listenreiche, wie man ihn nannte, der Sohn des armen Königs von Ithaka, hatte das Wesen der schönen Jungfrau durchschaut und, in Anbetracht der Geschenke der reichen Königssöhne, die selbst Mitgebrachten für sich behalten. Tyndareos war besorgt. Er fürchtete Gewalttätigkeiten nach der Bekanntgabe seiner Wahl. Odysseus versprach, das Problem zu lösen, wenn der König ihm bei der Brautwerbung um Penelope, der Tochter des Ikarios, eines Bruders des Tyndareos, behilflich sei. Der König war einverstanden und der Listenreiche machte den Vorschlag, dass sich alle Brautwerber einer ziehväterlichen Entscheidung des Königs unterordnen: Vor der Wahl müssen alle schwören, dass sie nach der Wahl dem Auserwählten beistehen, wenn ihm jemand die Frau streitig machen sollte. Odysseus wusste sehr wohl, dass bei einer so schönen Frau ........ Mord und Totschlag hätten die Folgen sein können. Auf einem toten Pferd stehend leisteten alle den Schwur - bei den Wassern der Styx. Agamemnon erzählt abweichend in der Tragödie „Iphigenie in Aulis“ des Euripides: AGAMEMNON. Von Leda, jenem Sproß des Thestios, entstammen drei Töchter: Phoibe, Klytaimestra, meine Gattin, und Helena. Um deren Hand bewarben sich die mächtigsten und reichsten Jünglinge von Hellas. Und furchtbar drohte jeder seinen Mitbewerbern mit Mord, sofern er selbst die Jungfrau nicht erhielte. Tyndareos war ratlos, ob er sie vermählen, ob sie verweigern solle, um aus seiner Lage das Beste noch zu machen. Endlich fiel ihm ein, durch Eide und durch Handschlag sollten sich die Freier verpflichten und am Brandaltar durch Spenden es bekräftigen und feierlich geloben: dem, der Helena zur Frau bekäme, beizustehen, entführe jemand seinem Hause sie und dränge den Mann aus seinem Recht, und gegen den Entführer mit Heeresmacht zu ziehn und seine Stadt zu schleifen, gleich, ob ein Grieche oder ein Barbar er sei. Als sie gebunden waren - gründlich hatte sie der Greis Tyndareos, voll Scharfsinn, überlistet! -, erlaubte seiner Tochter er, den Mann zu wählen, dem Aphrodites Liebeshauch ihr Herz gewänne. Sie wählte Menelaos - ……. [Euripides: Iphigenie in Aulis. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 3831 (vgl. Euripides-W Bd. 3, S. 8-9) (c) Aufbau-Verlag] Menelaos, er wurde von seinem Bruder Agamemnon, dem mächtigen und reichen König von Mykene vertreten, konnte Helena zur Frau zu gewinnen. Nach der Vergöttlichung der Dioskuren Polydeukes und Kastor bestimmte Tyndareos Menelaos zu seinem Nachfolger als König von Sparta. Auch Agamemnon wollte eine Gattin aus königlichem Hause. Er entschied sich für Klytaimnestra, die Halbschwester der Helena. Klytaimnestra war aber verheiratet und hatte einen kleinen Sohn. Kurzerhand erschlug er ihren Ehemann Tantalos 2, riss ihr das Baby von der Brust, schlug ihm den Schädel ein und zwang sie zur Hochzeit: KLYTAIMESTRA. So höre! Offen will ich reden, nicht den Kern verschleiern mehr, gleich einem Rätsel. Anfangs schon - um dies zunächst dir vorzuhalten - nahmst du mich zum Weibe wider meinen Willen, mit Gewalt, nachdem du meinen ersten Gatten Tantalos erschlagen, rissest roh mein Kind mir von der Brust und stürztest, als dein Beutestück, es jäh zu Boden. [Euripides: Iphigenie in Aulis. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 3883 (vgl. Euripides-W Bd. 3, S. 49 ff.) (c) Aufbau-Verlag] Agamemnon zeugte mit Klytaimnestra drei Töchter, Iphigenie / Iphianassa / Iphigeneia, Elektra und Chrysothemis und den Sohn Orestes. H. Zeus hatte sich in die schöne Meeresnymphe und Göttin Thetis, eine der Töchter des Nereus, des „Alten Mann im Meer“, und der Meeresgöttin Doris, heftig verliebt. Gerade noch rechtzeitig erfuhr er, dass Thetis einmal einen Sohn gebären werde der stärker sein wird als sein Vater. Nach Absprache mit Hera, sie hatte Thetis aufgezogen, wurde beschlossen sie sofort mit einem Sterblichen zu verheiraten. Nereus, der Meeresgott, erklärte Peleus, einem sterblichen Enkel des Zeus, dass er eine Göttin, eben Thetis, zur Frau erhalten werde, wenn er sie finde. Peleus suchte und fand sie in ihrer Höhle am Strand von Magnesia schlafend. Er näherte sich ihr, doch Thetis verwandelte sich zuerst in Wasser, dann in Feuer, dann in einen Baum, gab aber schlussendlich auf und willigte ein. Zeus beschloss den beiden auf dem Berg Pelion eine große Hochzeit zu veranstalten und lud alle Göttlichen dazu ein. Mit einer Ausnahme, Eris, der Göttin der Zwietracht, die konnte nämlich keiner leiden. Eine Traumhochzeit, alle Geladenen erschienen und brachten die herrlichsten Geschenke. Auch eine Krone aus Juwelen für Thetis und die unsterblichen Pferde Xanthos und Balios für Peleus waren dabei. Aber auch Eris, die Uneingeladene, erschien (in späteren Märchen die so genannte „dreizehnte Fee“) und legte auf die herrlich gedeckte Hochzeitstafel einen goldenen Apfel mit der Aufschrift „Für die Schönste“. Hera, Athene und Aphrodite beanspruchten sofort den Apfel für sich. Zeus aber, er wollte Ärger und Streit vermeiden, befahl den Göttinnen sich Paris, dem schönsten jungen Mann der Welt, vorzustellen und ihn entscheiden zu lassen, welche die Schönste sei. Auf der Stelle flogen die drei Göttinnen in Begleitung des Hermes zum Berg Ida. Paris weidete dort seine Herden. …….. Erklärender Einschub: Die gesamte Legende vom „Urteil des Paris“ ist vorhomerischen Ursprungs und wird in Homers Ilias 24,27-29 erstmals literarisch, und da bereits voll ausgebildet, erwähnt: „Sondern sie haßten, wie schon zuerst, das heilige Troia, Priamos und sein Volk nur wegen des Paris Verblendung, Welcher die Göttinnen kränkte, die ins Gehöft ihm gekommen, Und diejenige pries, die ihm brachte die leidige Buhlschaft.“ Erst ca. 4oo Jahre später taucht die Legende in Fragmenten bei Sophokles und Euripides wieder auf. In der Form, in der wir die Legende vom „Urteil des Paris“ heute kennen, erschien sie erst nach ca. weiteren 400 Jahren bei Ovid, Lukian u. a. Bildnerisch dargestellt wurde sie sehr oft und bereits ab dem 7. Jh. v. Christi. Pausanias beschreibt eine Abbildung auf der aus dem 6. Jh. v. Chr. stammenden Kypseloslade; 1,19,5: „Und Hermes führt die Göttinnen zum Schönheitsurteil zu Alexandros, Priamos´ Sohn. Auch bei diesen steht eine Beischrift: ´Hermeias hier unterweist Alexandeos, Richter zu sein über die Schönheit zwischen Hera, Athena und Aphrodita.´“ ……. Paris war ein Sohn von Priamos, dem König von Troia und seiner Gattin Hekabe. Während Hekabe mit Paris schwanger war hatte sie einen furchtbaren Traum: Sie werde ein Feuer gebären, das Troia verbrennen werde. Aisakos, der prophetische Sohn des Priamos von Arisbe, weissagte, dass das Kind, das geboren werde, Troias Untergang verursachen werde und empfahl, es sofort zu töten. Priamos übergab den neugeborenen Knaben seinem Hirten Agelaos 6 mit dem Befehl, das Baby am Berg Ida auszusetzen. Acht Tage nach der Aussetzung fand Agelaos das Kind wieder, kreuzfidel, eine Bärin hatte es gesäugt. Er nahm es mit in seine Hütte, gab es als sein Eigenes aus und zog es auf. Paris entwickelte sich zu einem wunderschönen starken Jüngling. Die Tapferkeit, mit der er die Herden gegen Räuber und wilde Tiere verteidigte, brachte ihm den Namen Alexandros (Verteidiger der Menschen) ein. Priamos, jahrelang vom schlechten Gewissen gepeinigt, setzte Leichenspiele für ein früh verstorbenes Kind an und versprach als Siegespreis den schönsten Stier aus der Herde die von Paris bewacht wurde. Um das schöne Tier nicht zu verlieren, meldete sich Paris zu den königlichen Spielen und gewann alle Wettbewerbe. Wütend wollten die Söhne des Priamos diesen dahergelaufenen Hirten töten. Paris flüchtete an den Altar des Zeus (Asyl). Kassandra, seine Schwester, die Seherin, (siehe Kassandra >) erkannte ihn als jenes Kind, für das die Leichenspiele veranstaltet wurde und Paris wurde mit Freude in die Familie des Königs aufgenommen. Er heiratete Oinone, die Nymphe einer Quelle, und führte ein genüssliches Leben. Der Traum der Hekabe und die Weissagung des Aisakos wurden vergessen. Als er eines Tages gemütlich am Berge Ida seine Herde bewachte kamen vier Gestalten geflogen, Hermes und die drei Göttinnen Hera, Athene und Aphrodite. Hermes erklärte dem Verängstigten, dass er im Auftrage des Zeus Juror der ersten Misswahl des Weltenlaufes sein müsse und der schönsten der drei Göttinnen den mitgebrachten goldenen Apfel als Preis zu übergeben habe. Die Göttinnen vergaßen die göttliche Würde der Frauen, poposten und buhlten und versuchten den schönen Paris zu bestechen. Hera versprach ihm die Weltherrschaft, Athene, dass er alle Kriege gewinnen werde. Aphrodite aber, versprach ihm die Liebe der Helena, der Gattin des Menelaos, der schönsten Frau der Welt. Paris überreichte natürlich Aphrodite den goldenen Apfel. Weil er dazu noch Hera und Athene mit dummen Äußerungen beleidigte, hassten beide Paris und, für später sehr verhängnisvoll, mit ihm auch Troia. Sofort kehrte er in den Palast zurück und erklärte seiner Frau Oinone und seiner Familie, dass er nach Sparta müsse um Helene zu holen. Seine Schwester Kassandra, sein Bruder Helenos, beide hatte die Gabe der Voraussehung, und seine Frau, sie hatte die Seherkunst bei Rhea gelernt, prophezeiten ihm seinen Tod und den Untergang Troias, wenn er Helene ihrem Mann entführen werde. Himeros, der Gott der Liebessehnsucht, hatte aber im Auftrage von Aphrodite Paris bereits fest im Griff. Trotz der hellen Aufregung am Hofe des Priamos und der innigsten Bitten seiner Frau schiffte er sich nach Sparta ein. Beim Abschied erklärte ihm Oinone, dass, falls er einmal verwundet werde, nur sie ihn heilen könne und kehrte zurück in ihre Quelle am Berg Ida. Als Prinz wurde Paris, begleitet von Aineias, zuerst von den Dioskuren in Amyklai und dann von Menelaos, dem König von Sparta, freundlich empfangen und aufgenommen. Nach neun Tagen musste Menelaos zur Bestattung seines Großvaters Katreus nach Kreta reisen und beauftragte Helene, sich um den Gast zu kümmern. Aphrodite schickte Eros, ein Pfeil, und Helene verliebte sich in Paris hoffnungslos; andere erzählen, dass sie den vielen Geschenken des Paris nicht widerstehen konnte. Die glücklich Verliebten raubten den Goldschatz des Menelaos, bestiegen das Schiff des Paris und flüchteten nach Troia (Die Flucht des Paares wird in verschiedensten Variationen erzählt.). Auf der Insel Kranae erlebten sie ihre erste Aphrodisia; Ilias 3,445: „uns einend in Liebe und Lager“. Menelaos kehrte von Kreta zurück, nahm verbittert die Situation zur Kenntnis, fuhr zu seinem Bruder Agamemnon und beriet sich mit ihm. Ergebnis: Die Würfel waren gefallen, alle früheren Freier Helenes waren gemäß ihrem Beistandseid zur Hilfe bei der Rückgewinnung der Gattin dem Menelaos verpflichtet. …… Erklärender Einschub: Der Krieg um Troia dauerte 10 Jahre. Die Geschehnisse von fünfzig Tagen knapp vor dem Sieg der Achaier wurden von Homer in der Ilias erzählt. Dieses 15.693 Verse umfassende Epos kann hier im Zusammenhang mit der Tantalidensage nicht erzählt werden, doch werden die wichtigsten Elemente dieses Epos in „Der troianische Krieg“ und bei den Beschreibungen der handelnden Personen erzählt. …… L. Nach der Abreise der Griechen nach Troia kehrte Klytaimestra nach Mykene zurück. Nur unbändigen Hass empfand sie für ihren abwesenden Gatten und Mörder des eigenen Kindes. Agamemnon hatte zudem einem Sänger den Befehl gegeben über die Keuschheit seiner Gattin zu wachen. Selbst nahm er es mit der Treue nicht so genau. Unter anderen wurde ihm die von Achilleus in Chryse geraubte Tochter des Chryses, Chryseis, als Konkubine zugesprochen. Als Agamemnon sie über Auftrag des Sehers Kalchas an ihren Vater zurückgeben musste, war sie in nicht erwünschten anderen Umständen. Aigisthos, der Sohn / Enkel des Thyestes, der bei der Machtübernahme durch Agamemnon mit seinem Vater flüchten musste, nützte die Gelegenheit und kehrte nach Mykene zurück. Klytaimestra verliebte sich in den hübschen jungen Mann. Er erschlug den die Keuschheit der Königin überwachenden Sänger, zog in den Palast ein, übernahm die Regierungsgeschäfte und sie lebten glücklich wie Mann und Frau. Auf den Bergen wurden Warnfeuer vorbereitet und Wächter wurden auf das Dach des Palastes befohlen, um bei einer eventuellen Rückkehr des Agamemnon das Liebespaar sofort zu warnen. Ein Wächter stöhnte; Aischylos, Orestie 1. Teil, Agamemnon: „Zu Göttern fleh ich um Erlösung von der Pein Jahrelangen Wächterdienstes. Auf den Arm gestützt, Nach Hundes Art gestreckt auf der Atriden Dach,…“ Nach zehn Jahren jubelte ein Wächter, ein Feuerschein, Agamemnon kehrte zurück! Die Achaier hatten gesiegt, Troia war gefallen, zerstört, verbrannt, König Priamos, seine Familie, sein Volk, abgeschlachtet, verschleppt, geflüchtet. Klytaimestra empfing ihren Gatten mit geheuchelter überschwänglicher Freude und überhäufte ihn mit Lob, sprach ihn an, wie man sonst nur Götter anspricht. Mit den geraubten Schätzen brachte Agamemnon auch ein Weib, Kassandra, die Seherin der niemand glaubte, eine Tochter des Priamos. Er hatte sie, als Beutestück, zu seiner Konkubine gemacht und mit ihr zwei Kinder gezeugt, Pelops und Teledamos. Verängstigt klammerten sich die Kleinen an ihre Mutter. Ein großes und würdiges Fest des Wiedersehens wurde vorbereitet. Die Tafel im Thronsaal wurde herrlich gedeckt. Um gereinigt und erfrischt bei der Tafel erscheinen zu können nahm Agamemnon noch ein Bad. Klytaimestra ergriff die bereitgelegte Doppelaxt und ein Netz und schlich ihm nach …. Aischylos, Orestie, 1. Teil, Agamemnon 1377ff: KLYTAIMESTRA „……. Ich habe diesen Kampf seit langem wohl bedacht. Nun kam mir, spät zwar, mit dem Lauf der Zeit, der Sieg. Wo ich erschlug, da steh ich, bei vollbrachter Tat. Und also führte ich es aus – ich leugn es nicht – , Daß keine Flucht und Abwehr des Geschicks mehr blieb. Ein Zugnetz, endlos, wie der Fischer Netze sind, Werf ich ihm um, ein arges Prunknetz von Gewand. Und zweimal trifft mein Schlag ihn, und zweimal schreit er auf Und lässt die Glieder sinken, und den dritten Schlag versetz ich dem Gestürzten, ein Geschenk, wie Zeus Es wünscht, der unter unsrer Flur die Toten schützt. So liegt er da, und seine Seele würgt er aus. Und wie er ausbricht einen scharfen Strahl von Blut, Mit dunklem Sprühn purpurnen Taues trifft er mich. Und minder nicht bin ich erheitert als die Saat, Die unter gottgesandter Feuchte Keime treibt. Da dem so ist, ihr Ältesten von Argos hier, Seid froh, sofern ihr froh sein wollt. Ich jauchze auf. Und wären über einer Leiche Opfer Brauch, So ziemte – mehr als ziemte – solches Tun sich hier. Mit so viel Fluch und Übel füllte dieser Mann Den Krug im Haus. Nun kehrt er heim und schlürft ihn selbst.“ Kassandra, als Seherin, wusste sie von ihrem Ende im Mykene und erhob ihre Stimme gegen Gott Apollon, der ihr die Sehergabe verliehen hatte. Klytaimestra erschlug auch sie; Agamemnon 1438ff: KLYTAIMNESTRA „Hier liegt der Mann, der Schändliches mir angetan, Der Chrysestöchter Lust gestillt vor Ilion – Uns sie, die Kriegsgefangene, Zeichendeuterin, Die Bettgefährtin ihm, orakelkündende, Die treulich mit ihm schlief und scheuerte mit ihm Die Ruderbank. Doch taten sie´s nicht ungestraft. Er fiel, wie ich berichtet. Sie, nach Schwanens Art, Sang vor dem Tod den letzten Klagelaut und liegt Ihm nun zur Seite, sein Herzliebchen, das er mir Als Zukost meiner üppigen Wonne mitgebracht.“ Die kleinen Söhne von Agamemnon und Kassandra, Teledamos und Pelops, wurden von Aigisthos und Klytaimnestra gemeinsam erschlagen, bzw. von Aigisthos erdolcht. …… Erklärender Einschub: Das Ende Agamemnons wird in vielen Variationen erzählt. Alle haben aber eine gemeinsame Quelle, ein episches Gedicht das um ca. 700 v. Chr. geschrieben wurde. Kassandra, ihr Leben und Ende – Der Roman „Kassandra“ von Christa Wolf ist Pflichtlektüre. …… Nach der Ermordung des Agamemnon ließ seine Tochter Elektra aus Gründen der Sicherheit ihren damals ca. 12-jährigen Bruder Orestes nach Phokis zum alten König Strophios bringen. Strophios, er war mit der Schwester des Agamemnon Anaxibia verheiratet, erzog den Knaben. Orestes freundete sich mit Pylades, dem Sohn des Strophios an und wuchs zu einem kräftigen jungen Mann heran. Elektra und Chrysothemis, sie missbilligten das Verhältnis ihrer Mutter, wurden von Aigisthos verachtet und jahrelang würdelos behandelt. Sieben weitere Jahre lebten Aigisthos und Klytaimestra glücklich als Paar und regierten das Königreich Argos. Ihrer Beziehung trug Früchte, Erigone und Aletes wurden geboren. M. Im achten Jahr nach dem Tod des Agamemnon, der Kassandra und ihren Kindern, wanderte Orestes, er war inzwischen ein junger Mann, begleitet von seinem Freund Pylades, nach Delphi, um das Orakel zu befragen was er als treuer Sohn eines ermordeten Vaters zu tun habe. Das Orakel des Apollon antwortete: „Töte die Mörder“ und drohte mit allen nur erdenklichen Übeln, wenn er den Befehl nicht befolge. Verängstigt gingen sie als einfacher Wanderer verkleidet nach Mykene und besuchten das Grab des Agamemnon; Aischylos, Orestie, Die Totenspende 1ff: ORESTES „Hermes in Tiefen! Wächter über des Vaters Macht! Sei Retter und Mitstreiter mir! Ich flehe dich an! Aus der Verbannung komm ich heim in dieses Land Und rufe hier, am Rand der Gruft, den Vater an: Erhöre mich! ……“ Er schnitt sich eine Locke ab, weihte sie dem Leid seines Vaters und legte sie am Grabe nieder. Frauen erscheinen, Orestes und Pylades verbargen sich. Unter den Frauen befand sich Elektra, seine ältere Schwester. Sie brachte einen Opfertrank für die Toten, fand die Locke und glaubte, hoffte, sie als Locke des Orestes zu erkennen. Innig betete sie; Die Totenspende 129ff: „ …. Ich gieße diesen Opfertrank den Toten aus Und rufe meinen Vater an: Erbarme dich mein und Orests, und setze uns wieder ein im Haus. Denn elend sind wir, wie vernichtet sind wir nun Von unsrer Mutter, da zum Gatten sie getauscht Aigisthos, der mitschuldig ist an deinem Tod. Ich bin der Sklavin gleich, und als Verbannter lebt Orestes, deinem Erbe fern, da jene sich In deiner Mühsal Früchten schwelgerisch ergehn. O dass nach Hause kehre günstigen Geschicks Orest, so fleh ich, und du, Vater, höre mich! Mir aber gib, dass ich um vieles weiser sei Als meine Mutter, ehrerbietiger meine Hand. So bete ich für uns. Doch für die Feinde sag Ich dies: Es komme einer, Vater, der dich rächt Und deine Mörder wieder mordet nach Gebühr. …“ Orestes trat aus dem Versteck, an seinem Rock, den Elektra vor Jahren bestickt hatte, erkannten sich die Geschwister. Elektra forderte den Zögernden auf die Mutter und ihren Liebhaber zu töten. Sie beteten gemeinsam zum Vater, baten ihn um Hilfe und entwarfen einen Plan. Elektra hinterlegte im Palast eine Doppelaxt. Orestes und Pylades betraten den Palast von Mykene, gaben sich als Fremdlinge aus und überbrachten Klytaimestra die falsche Nachricht, dass ihr Sohn Orestes gestorben sei (In Sophokles` Elektra bringt Orestes als falschen Beweis eine Urne mit der scheinbar eigenen Asche.). Die Mutter heuchelte Verzweiflung und Trauer und schickte nach Aigisthos; Aischylos Die Totenspende 734ff: AMME „Aigisthos schleunigst herzuholen heißt die Herrin mich. Die Fremden wünschen ihn zu sehn, daß deutlicher Von Mann der Mann den neuverkündeten Bericht Vernehme. Vor dem Hausgesinde sieht sie tief Bekümmert drein, doch innerhalb der Augen birgt Sich ein Gelächter, da die Dinge sich so schön Für sie gestalten, aber übel fährt das Haus, Der Kunde nach, die uns die Fremden genau erzählt. Und freilich wird auch sein Gemüt erheitert sein, Wenn er die Botschaft hört. …“ Aigisthos erschien und trat vor Orestes. Nur noch seine Schreie waren zu hören, mit der Doppelaxt erschlug ihn Orestes. Vom entsetzten Pförtner gerufen eilte Klytaimnestra herbei, sah den toten Aigisthos und erkannte Orestes; Aischylos Die Totenspende 892ff: ORESTES Du bist´s die ich suche. Dieser hat genug. KLYTAIMNESTRA Weh mir! Aigisths geliebte Kraft! Du bist dahin. ORESTES Liebst du den Mann? Im gleichen Grabe sollst du ruhn Mit ihm. Brich ihm die Treue auch im Tode nicht. KLYTAIMNESTRA Mein Sohn! Halt inne! Scheue diese Brust, mein Kind, Aus der du oft mit deinen Lippen, halb im Schlaf, Die Muttermilch gesogen, die dich wohl genährt. „…….“ ORESTES „……………………….. Folge mir. Als er noch lebte, zogst du ihn dem Vater vor. So schlafe auch mit ihm im Tode. Liebst du doch Nur ihn, und den du lieben solltest, hassest du.“ Klytaimestra wehrt sich heftig, will erklären, bittet, fleht, droht mit den Erinyen, den Rachegöttinnen – umsonst, Orestes schleppt sie zur Leiche des Aigisthos und erschlägt, wie sie einst Agamemnon erschlagen hat, mit der Doppelaxt die Mutter. ……. Die dreifache Verfluchung des grauenhaften Geschlechtes der Tantaliden (auch Atriden und Pelopiden genannt) hatte sich erfüllt. …… N . Obwohl ein Gott diesen Doppelmord befohlen hatte trieben die Erinyen seiner Mutter, die Göttinnen der Rache, die Personifizierung des schlechten Gewissens, Orestes in den Wahnsinn. Eine Reinigung in Delphi mit Stierblut nützte nichts. Zudem wurde er von seinem Großvater Tyndareos und seiner Halbschwester Erigone 2 wegen des Muttermordes angeklagt. Er wanderte wieder nach Delphi. Das Orakel des Apollon schickte ihn nach Athen, damit er sich auf dem Aeropag vor den athenischen Geschworenen verantworten könne. Nach langen Verhandlungen gab es bei den Geschworenen Stimmengleichheit. Die Vorsitzende des Gerichtes, Athene, die Göttin der Gerechtigkeit, entschied für Freispruch (Aischylos, Orestie, Teil 3, Die Eumeniden). Die damit entmachteten Erinyen verfolgten Orestes dennoch weiter und er drohte Apollon mit Selbstmord, wenn er ihn nicht endgültig von den Rachegöttinnen befreie. Apollon schickte ihn nach Taurien, um dort im Tempel der Artemis das zu Urzeiten vom Himmel gefallene Standbild der Göttin zu entwenden. Priesterin dieses Tempels war seine Schwester Iphigenie, die die blutig-grausame Aufgabe hatte, die Opferung von Menschen für die Göttin vorzubereiten. Bei den Taurern war es barbarischer Brauch, dass jeder fremde Mann der ihr Land betrat festgenommen und der Iphigenie zur Opferung im Tempel der Göttin Artemis übergeben wurde (Herodot überliefert, dass im 5. Jh. v. Chr. in Taurien noch Menschen geopfert wurden.). In einer feierlichen Zeremonie wurde den Bedauernswerten die Kehle durchschnitten und das rinnende Blut der Göttin geopfert. Die abgeschlagenen Köpfe zierten, auf Stangen aufgespießt, die Straßen der Stadt. Orestes und Pylades fuhren nach Taurien, schlichen in die Stadt und erschauderten beim Anblick dieses Schmuckes. Mit Entsetzen erkannten sie den mit Hellenenblut verschmierten Altar vor dem Tempel. Die Erinyen trieben Orestes endgültig in den Wahnsinn. Er stürzte mit dem Schwert in der Hand aus einem Versteck heraus und schrie – Euripides, Iphigenie bei den Taurern 285ff: „Erblickst du die da, Pylades? Gewahrst du nicht Die da, des Hades Schlange, die, mit Natternbrut Bewehrt, daherstürmt und mich Armen morden will? Und jene, die aus Schleiern Blut und Feuer schnaubt, Auf flügeln naht sie mir, die Mutter hoch im Arm, Die, eine Last aus Stein, sie auf mich werfen will. Weh mir! Sie tötet mich! Wohin soll ich jetzt fliehn?“ Blind vor Wahn stach er auf weidende Kühe ein. Nach einem harten Kampf nahmen Hirten Pylades und Orestes fest und brachten sie zu ihrem König Thoas. Der befahl die Opferung. Beide wurden Iphigenie überreicht; Iphigenie bei den Taurere336ff: DER HIRT „….. So herrliche Schlachtopfer mußt du, Jungfrau, stets Dir wünschen; denn wenn solche Fremdlinge Als Opfer bluten, dann büßt Hellas deinen Mord Und wird bestraft für das, was Aulis dir gebracht.“ Bei den Vorbereitungen zur Opferung erkannten sich die Geschwister, raubten das Standbild und entkamen mit List (Bei Goethe versöhnen sich die Geschwister und Pylades mit König Thoas und dürfen in Frieden ziehen.). Sie kehrten nach einigen Verwirrungen in die Heimat zurück. Das heilige Standbild wurde in Haliai oder Sparta aufgestellt. Während der Abwesenheit des Orestes hatte sich Aletes 2, der Sohn des Aigisthos und der Klytaimnestra, des Thrones von Mykene bemächtigt. Der zurückgekehrte Orestes tötete den Usurpator und übernahm die Herrschaft. Als Orestes noch ein Knabe war versprach ihm Menelaos seine Tochter Hermione zur Frau, gab sie dann aber Neoptolemos, dem Sohn des Achilleus (siehe Neoptolemos >). In Delphi forderte Neoptolemos von Apollon Wiedergutmachung für den Tod seines Vaters Achilleus. Orestes, der Neoptolemos verfolgt hatte, tötete ihn mit Hilfe seines Freundes Pylades, bzw. veranlasste seine Ermordung. Nun war der Weg frei und er heiratete Hermione. Sie gebar ihm Teisamenos 1, der Nachfolger seines Vaters Orestes als König von Sparta, Argos und Mykene wurde. Nach Apollodor 2,171.176 fiel Teisamenos im Kampf gegen die in den Peloponnes eindringenden Herakliden (= Einwanderung der Dorer; lies Herakleidai >). Diese ‚Nachkommen des Herakles‘ teilten das Reich der Artriden unter sich auf. Die Herrschaft eines grauenhaften und verfluchten Geschlechtes, das, wie kein anderes, den Geist von Künstlern beflügelt hat, ging mit dem Tod des Teisamenos 1 zu Ende. _______________________________________- Die hier erzählte Tantalidensage ist eine einfache Nacherzählung. Jede Phase dieser sich über sechs Generationen erstreckenden Geschichte wurde von den Schriftstellern, Komponisten und Opernlibrettisten in den letzten 2800 Jahren in vielen abweichenden Formen dichterisch frei erzählt, umgewandelt und den jeweiligen gesellschaftlichen Veränderungen angepasst. Einige Beispiele: Von AGATHON, APOLLODOROS VON TARSOS, LYKOPHRON, ENNIUS, THEODEKTES, ATTIUS, VARIUS RUFUS, CURATIUS MATERNUS sowie von SOPHOKLES und EURIPIDES sind einige Werke nur in Fragmenten erhalten. HOMER, Ilias, Odyssee, ca. 8. Jh. v. Chr. HESIOD, ca. 7. Jh. v. Chr. STESICHOROS, 640 – 560 v. Chr., Orestie PINDAR, Siegeslied für Thrasidaios aus Theben, 460 v. Chr. AISCHILOS, Orestie und Agamemnon, Dramen, beide 458 v. Chr. HAGIAS VON TROIZEN, Nostoi SOPHOKLES, Elektra, Drama, 415 .v. Chr. EURIPIDES, Elektra, 413 v. Chr. Iphigenie bei den Taurern, 412 v. Chr. Orestes, 408 .v. Chr. Andromache, Dramen APOLLODOR, Eptome SENECA, Agamemnon, 41 n. Chr. Thyestes, Dramen HYGIN, Fabulae, 2. Jh. n. Chr. BOCCACCIO, De claris mulieribus, 1361/62 HANS SACHS, Die mörderische Königin, 1554 Historia Clitimestra, die Königin Micennarum, 1558 MONLEON, Thyste, 1633 J. CROWNE, Thystes, 1681 CRÉBILLON, Atree et Thyste, 1707 Electre, 1708 SÉGUINEAU, Aegiste, 1721 PELLEGRIN, Pelopee, 1733 J. THOMSON, Agamemnon-Tragödie, 1738 VOLTAIRE, Oreste, 1750 Pelopides, 1772 C. C. BODMER, Elektra oder die bestrafte Übeltat, Tragödie, 1760 Thyste, 1768 C. F. WEISSE, Atreus und Thyste, 1766 GOTTER, Orest und Elektra, 1772/74 CHRISTOPH WILLIBALD GLUCK, Iphigenie in Aulis, 1774 Iphigenie in Tauris, 1779 ALFIERI, Agamemnon, 1776 Oreste, 1786 W. H. v. DALBERG, Elektra, 1780 JOHANN WOLFGANG VON GOETHE, Iphigenie auf Tauris, 1787 L. LEMERCHER, Agamemnon, 1789 U. FOSCOLO, Tieste, 1797 M. BEER, Klytemnestra, 1820 M. MELY-JANIN, Oreste, 1820 A. SOUMET, Clytemnestre, 1822 LECONTE DE LISLE, Les Erinnyes, 1837 A. DUMAS, L´ Orestie, 1865 G. SIEGERT, Klytemnestra, 1870 E. TEMPELTEY, Klytemnestra, 1837 A. EHLERT, Klytämnestra, 1881 G. KASTROPP, Agamemnon, 1890 E. KÖNIG, Klytaemnestra, 1903 F. JAKOB, Die Fabel von Atreus und Thystes in den wichtigsten Tragödien der englischen, französischen und italienischen Literatur, 1907 RICHARD STRAUSS, Elektra, Oper. Text von HUGO VON HOFMANNSTHAL, 1909 D. MILHAUD, Die Orestie, Oper. Text von PAUL CLAUDEL, 1923 R. JEFFER, The Tower Beyond Tragey, 1925 KRENEK, Das Leben des Orest, Oper, 1923 E. O´NEILL, Mourning Becomes Electra, 1931 TRÖMLE, Gastmahl zu Mykenae, 1933 J. GIRAUDOUX, Electre, 1937 J.P. SARTRE, Les mouches, 1943 G. HAUPTMANN, Atriden-Tetralogie: Iphigenie in Aulis, 1944 Agamemnons Tod, 1948 Elektra, 1947 Iphigenie in Delphi, 1948 I. LANGNER, Klytemnestra, 1949 R. REHBERG; Der Gattenmord, 1953 H. MÜLLER, Hamletmaschine, 1977 Auch in der bildenden Kunst ist seit 700 v. Chr. die Tantalidensage ein ewig sich wieder füllender unausschöpfbarer Fundus der Künstler.