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odysseus
ODYSSEUS „Der Hasser“, „Verhasstheit“. Er wird auch Ulysses, in der lateinischen Form Ulixes, etruskisch Uthuze, Utuse u. ä. genannt, und ist ein mythischer König von Ithaka. ….. Er ist der große Held der Odyssee und eine der Hauptfiguren der Ilias und in den kyklischen Epen, der nach 10-jährigem Kampf um Troia und 10-jähriger Irrfahrt nach Ithaka zurückkehrt. Neben Herakles ist er der bedeutendste Sterbliche der griechischen Mythologie. Geboren als Sohn des Laertes und der Antikleia 1, der Tochter des Autolikos 1 und damit Enkelin des Hermes, ist er der Bruder der Ktimene, Gemahl der Penelope, von ihr Vater des Telemachos (Weitere Frauen und Kinder, die ihm später zugeschrieben wurden, werden im laufenden Text genannt.). Auf Vasen aus dem boiotisch-attisch-korinthischen Raum scheint der Name Odysseus in verschiedenen Schreibweisen auf. Dieser Umstand lässt den Schluss zu, dass es sich bei ihm um eine vorgriechische Figur handelt. Der Sinninhalt seines Namens wird im 19. Gesang der Odyssee von seinem Großvater Autolikos erklärt: „Einstmals besuchte Autolykos Ithakas fruchtbare Fluren, als dort die Tochter soeben ihm einen Enkel geboren. Nach der Mahlzeit hatte ihm Eurykleia das Knäblein auf die Knie gesetzt und den Großvater scherzend gebeten: »Finde jetzt selber den Namen, Autolykos, den du dem lieben Enkelkind geben möchtest, das du so innig dir wünschtest!« Und Autolykos hatte die Antwort gegeben: »Ihr Lieben, Tochter und Schwiegersohn, nennet das Kind mit dem folgenden Namen! Hierher kam ich als einer, der zahlreiche Sterbliche hassen lernte, Männer wie Frauen, weit über die nährende Erde. Deshalb trage mein Enkel den Namen Odysseus, der Hasser.“ [Homer: Odyssee. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5962 (c) Aufbau-Verlag]. Nach der Odyssee klingen, etymologisch betrachtet, in seinem Namen eher die Begriffe „der Gehasste“ oder „Verhasstheit“ an: 1,62 – „Was zürnst du ihm denn so sehr, Zeus?“, 5,339f – „Ärmster, warum nur zürnt dir der Erdenerschüttrer Poseidon Gar so arg, daß er dir so viel Übel entstehen lässt?“, 5,423 – „[…]; Zürnt mir doch, wie ich weiß, der berühmte Erdenerschüttrer.“, 14,366f – „[…], er ist ja allen den Göttern Ganz verhaßt, […].“ 19,275f – „[….]. Es zürnten ihm nämlich Zeus und Helios, dem die Gefährten die Rinder geschlachtet.“. Wenn Odysseus auf die Frage nach seinem Namen dem Kyklopen antwortet; 9,365f: „Niemand ist mein Name, und Niemand nennen mich immer Mutter und Vater und sonst auch alle meine Gefährten.“ , dann ist das eine witzige Anspielung auf seinen eigenen Namen (Oytis / Udeis = Niemand). Ptolemaios nennt das sprachverwandte „Oytis“ (Esel / Langohr) als ursprünglichen Namen; Aristophanes spielt darauf in seinen „Wespen“ spöttisch an: „ XANTHIAS. Ich denk, ich hole jetzt den Esel 'raus, Sonst schlüpft der Alte noch woanders durch. Geht in den Hof und kommt mit dem Esel zurück; der Esel schreit. Mein Grauchen, heulst du, daß wir dich verkaufen? Marsch! Laß das Plärren! - Oder bringst du einen Odysseus mit? - Bei Zeus, da hängt ja einer Ihm unterm Bauch, ein saubrer Eselsritter! ANTIKLEON. Wie? Wer? Laß sehn! - Da hängt er! - Was ist das? Wer bist du, Mensch? PHILOKLEON unterm Bauch des Esels hervor. Bei Zeus, ich bin der Niemand. ANTIKLEON. Niemand? - Woher? PHILOKLEON. Von Ithaka, der Sohn Des Reißaus! ANTIKLEON. Niemand? - Mann, das glückt dir nie! Zu Xanthias. Schnell, zieh ihn vor! - Abscheulich! Hängt er nicht Da unten fest gerade wie das Füllen Des Saumtiers - das die Säumigen zitiert! PHILOKLEON wird hervorgezogen. Laßt mich in Frieden! Oder 's gibt noch Händel!“ [Aristophanes: Die Wespen. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 1502 (c) Aufbau-Verlag]. …… Ob es sich bei Odysseus um einen vorgriechischen Gott handelt ist kaum zu beweisen, obwohl alte Odysseuskulte in Ithaka (Odysseion und die Odysseia-Spiele), aber auch in Epeiros, Aitolien, Arkadien, Sparta, besonders in Thesprotien u. a. darauf hin weisen. Diese Kultorte könnten auch die Anknüpfungspunkte für die später erfundenen Wanderungen des alten Odysseus sein. Die Kultorte auf Sizilien sind jedenfalls erst nach der Verbreitung der Odysseus-Sage entstanden. …… Odysseus erscheint in Homer`s Ilias (8. Jh. v. Chr.) als voll ausgeprägte Persönlichkeit, in der ca. 40 Jahre später entstandenen Odyssee ist er die Hauptfigur. Alle anderen ihm in Sagen und Geschichten zugeschriebenen Taten die in diesen beiden Werken nicht vorkommen, wurden ihm von späteren Schriftstellern zugeschrieben, dürften aber in der Mehrheit ihre Wurzeln in Überlieferungen aus der vorhomerischen Zeit haben. …….. KINDHEIT UND JUGEND DES ODYSSEUS A. Geboren wurde Odysseus als Sohn des Laertes, des Königs von Ithaka, und war damit nach Laertes, Arkeisios, Killas, Kephalos und Hermes in der sechsten Generation Nachkomme des Zeus. Seine Mutter Antikleia war die Tochter des Autolykos 1 und über ihn Enkelin des Hermes und damit Urenkelin des Zeus. Somit stammte Odysseus über beide Elternteile von Zeus und dazu von Hermes, der unter seinen vielen Funktionen auch Gott der Lügner, Halsabschneider und Diebe war, ab. Odysseus` Großvater Autolikos war der hinterlistigste Dieb aller Zeiten – beide, Hermes und Autolykos, vererbten Odysseus Schlauheit, Raffinesse, Hang zum Meineid, Hinterlist und Verschlagenheit. Man nannte ihn deshalb „Odysseus, der listenreiche“. In Euripides´ “Die Troierinnen“ 278ff beschreibt ihn Hekabe: HEKABE. Ach! Schlage das geschorene Haupt! Zerreiß mit den Nägeln beide Wangen! Weh! Dem abscheulichen, falschen Manne wurde als Sklavin ich zugelost, dem Feinde des Rechtes, dem frevelnden Wurme, der alles verdreht, von hier nach dort und von dort zurück mit gespaltener Zunge, den früheren Freund als Feind behandelnd in allem. Beklaget mich, troische Frauen! Dahin bin ich Elende. Leidgeprüft, verfiel ich dem traurigsten Los. [Euripides: Die Troerinnen. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 3308 (vgl. Euripides-W Bd. 2, S. 16-17) (c) Aufbau-Verlag] ….. Die Feinde des Odysseus erzählten in einer später aufgezeichneten und sicher dem spöttischen Volkstratsch entnommene nette Geschichte: Sisyphos sei der Vater des Odysseus! Autolykos habe nämlich dem Sisyphos die Rinder gestohlen. Sisyphos, ein dem Autolykos gleichwertiger Schurke, überführte den Autolykos des Rinderdiebstahls. Der Dieb war über diesen Beweis höchst amüsiert, denn bis dahin konnten ihm nicht einmal die Götter einen begangenen Diebstahl beweisen. Fröhlich lachend gab der Überlistete dem Sisyphos die Rinder zurück und lud ihn zu sich zu einem Umtrunk ein. Sie unterhielten sich, von Gauner zu Gauner, köstlich. Nur um sich zu revanchieren und Autolykos zu ärgern schlich Sisyphos in der Nacht zu Antikleia, der Tochter des Autolykos, und schwängerte sie. Kurz darauf soll Laertes Antikleia heimgeführt und geheiratet haben. Auf einer Vase ist eine Szene dargestellt, wie der junge Laertes seine bereits sichtbar gesegnete Braut seinen verwunderten Freunden vorstellt. Daneben steht Autolykos, der Brautvater, mit einem Blatt in der Hand auf dem der Name „Sisyphos“ steht; jenes mit einem Namen beschriftete Blatt, das in früheren Zeiten heimliche Urheber von gesegneten Umständen in den fremden Kammern zurückließen. Diese Geschichte ist auch in die Literatur eingegangen; drei Beispiele: PHILOKTETES. O wehe mir! Doch Diomedes und der Sohn des Sisyphos, den sich Laërtes eingehandelt, die leben sicher noch und sollten es nicht mehr! [Sophokles: Philoktetes. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 9922 (c) Aufbau-Verlag] ….. ACHILLEUS. Tausende, voran Odysseus! KLYTAIMESTRA. Wohl der Sohn des Sisyphos? ACHILLEUS. Eben der. [Euripides: Iphigenie in Aulis. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 3894 (c) Aufbau-Verlag]. ….. ODYSSEUS. Bin Ithaker, Odysseus, Fürst der Kephallenen. SILENOS. Den kenne ich. Ein Fuchs! Ein Sproß des Sisyphos! ODYSSEUS. Der bin ich. Doch Beleidigungen spare dir! [Euripides: Der Kyklop. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 3981 (c) Aufbau-Verlag] ……. Kurz nach seiner Geburt besuchte Autolykos seine Tochter und seinen frisch geborenen Enkel, gab ihm den Namen und lud ihn zu sich nach ein; 19. Gesang: „ […]Deshalb trage mein Enkel den Namen Odysseus, der Hasser. Kommt er, zum Jüngling gereift, auf Besuch zu meinem Palaste am Parnassos, wo meine Schätze sich finden, so werde davon ich abgeben ihm, ihn als glücklich Beschenkten entlassen!« [Homer: Odyssee. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5963 (c) Aufbau-Verlag]. Seine Kindheit verbrachte er am Hofe der Eltern in Ithaka. B. Zum Jüngling gereift besuchte er seinen Großvater. Freudig wurde er empfangen, man schlachtete ihm zur Ehre einen Ochsen und schmauste. Odysseus wurde zu einer Eberjagd eingeladen, zeigte Mut, wurde aber vom Eber verletzt: „Mitten in dichtem Gebüsch lag dort ein riesiger Eber. Niemals durchdrang ein stürmischer, naßkalter Luftzug das Dickicht, niemals traf es mit ihren Strahlen die leuchtende Sonne, niemals durchschlug es der Regen bis auf den Boden; so sicher war es geschützt. Drin lagen reichlich Blätter geschichtet. Bis zu dem Eber drang das Getrappel der Jäger und Hunde, als sie heranrückten; wütend brach er hervor aus dem Dickicht, aufwärts gesträubt die Borsten, mit flammensprühenden Augen; dicht vor den Jägern verharrte er. Gegen ihn stürmte vor allen andern Odysseus, erhob in der kraftvollen Rechten den Jagdspieß, um ihn zu treffen. Aber noch vorher schlug ihn der Eber über dem Knie und zerschlitzte im Ansturm wild mit dem Hauer seitlich das Fleisch; doch erreichte er nicht den Knochen des Helden. Glücklich noch traf Odysseus den Angreifer rechts in die Schulter, quer durch den Körper drang die Spitze der schimmernden Waffe; aufbrüllend sank das Tier in den Staub und verendete jählings. Um den Verwundeten mühten sich gleich des Autolykos Söhne, sachkundig legten sie dem untadligen göttlichen Helden einen Verband um, stillten das tiefrote Blut durch Beschwörung, traten dann eilig den Rückweg an zum Palaste des Vaters. Gründlich verheilen ließen Autolykos, mit ihm die Söhne, des Getroffenen Wunde, beschenkten ihn reichlich und sandten ohne Verzug ihn liebreich nach Ithaka, sie wie Odysseus freudig gestimmt.“ [Homer: Odyssee. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5964 (c) Aufbau-Verlag]. …… Viehdiebe aus Messenien stahlen auf Ithaka 300 Schafe und deren Hirten. Laertes, der Vater, beauftragte den nun erwachsenen Odysseus das Raubgut zurückzuholen. Wie diese Angelegenheit bereinigt wurde ist nicht überliefert. Dafür weiß man, dass Odysseus bei seinem Aufenthalt im Hause des Ortilochos den Iphitos 1, den ältesten Sohn des Eurytos 2, des verstorbenen Königs von Oichalia, traf, der seinerseits von Herakles oder Autolykos gestohlene Pferde suchte. Die beiden jungen Männer freundeten sich an und Iphitos schenkte Odysseus den göttlichen immertreffenden Bogen, den einst sein Urgroßvater von Apollon erhielt. Odysseus, glücklich über dieses Geschenk, hielt den Bogen hoch in Ehren und benutzte ihn nie. Er hielt ihn in seinem Hause in Ithaka sicher verwahrt. …… König Ilos 4 lebte ihn Ephyra und war, ein Erbe seiner Urgroßmutter Medeia, ein Meister in der Herstellung von Giften. Odysseus reiste zu ihm und bat ihn um Pfeilgift. Ilos, ein tiefgläubiger Mensch, verweigerte aus Angst vor der Rache der Götter die Übergabe von Gift in unbefugte Hände. Aber Anchialos, der König der nahe gelegenen Insel Taphos, gab Odysseus bereitwillig Gift; Odyssee 1,264: „Aber mein Vater, der gab es ihm, denn er liebte ihn schrecklich – […].“. ODYSSEUS ALS FREIER DER HELENA C. Helena 3, die wunderschöne Tochter des Zeus, des Königs der Götter, und der Leda, wuchs zur lieblichsten, hübschesten und begehrtesten jungen Frau von Griechenland heran. Sie galt als die schönste Frau die je auf der Welt gelebt hat. Ihr Ruf als Ebenbild der Göttin Aphrodite erreichte das letzte Dorf. Tyndareos, ihr Ziehvater, schickte Boten in alle Regionen Griechenlands mit dem Auftrag Brautwerber nach Sparta einzuladen. Und sie erschienen, die Söhne der Könige, und überboten sich in Versprechungen. Unter den Brautwerbern befand sich auch der Sohn des armen Königs von Ithaka, Odysseus, der Listenreiche, wie man ihn nannte. Er hatte das Wesen der schönen Jungfrau aber durchschaut und, in Anbetracht der konkurrierenden reichen Königssöhne, die mitgebrachten Geschenke behalten. Tyndareos war besorgt. Er fürchtete Gewalttätigkeiten nach der Bekanntgabe seiner Wahl. Odysseus versprach das Problem zu lösen, wenn der König ihm bei der Brautwerbung um Penelope, der Tochter des Ikarios 2, eines Bruders des Tyndareos, behilflich sei. Der König war einverstanden. Der Listenreiche machte den Vorschlag, dass sich alle Brautwerber einer ziehväterlichen Entscheidung des Königs unterordnen: Vor der Wahl müssen alle schwören, dass sie nach der Wahl dem Auserwählten beistehen, wenn ihm jemand die Frau streitig machen sollte (Odysseus wusste sehr wohl, dass bei einer so schönen Frau ........ Mord und Totschlag hätten die Folgen sein können.). Auf einem toten Pferd stehend leisteten alle den Schwur - bei den Wassern der Styx. Menelaos, der Sohn des Atreus, des steinreichen Königs von Mykene, erhielt Helena zur Gemahlin. Enttäuscht zogen die anderen Brautwerber, bar ihrer Geschenke, dafür aber mit einem Schwur beladen, ab. Tyndareos hielt sein Wort und empfahl seinem Bruder Ikarios Odysseus als Schwiegersohn aufzunehmen und ihm Penelope zur Gemahlin zu geben. Ikarios stimmte der Heirat zu. Pausanias 3,12,1 berichtet von einem von Ikarios veranstalteten Wettlauf um die Hand der Penelope, den Odysseus auf einer zur Zeit des Pausanias, ca. 2. Jh. n. Chr., noch bestehenden Straße in Sparta gewonnen habe. Auch von einem Heiligtum der Athene, das Odysseus als Dank für den Sieg errichtet habe, berichtet er; 3,12,4. Pausanias 3,20,10: „Die Statue des Aidos ist dreißig Stadien von der Stadt entfernt. Sie ist eine Weihung des Ikarios und ist aus folgendem Grund gestiftet worden: Als Ikarios dem Odysseus die Penelope zur Frau gab, versuchte er auch Odysseus in Lakedaimon ansässig zu machen. Als er ihn dazu nicht bewegen konnte, bat er hernach die Tochter zu bleiben. Als sie aber mit Odysseus nach Ithaka aufbrach, folgte er mir Bittflehen dem Wagen. Odysseus, der sich bis dahin zurückgehalten hatte, forderte Penelope auf, freiwillig mit ihm zu gehen oder, wenn sie den Vater vorzöge, mit diesem nach Lakedaimon zurückzukehren. Sie nun, so berichtet man, sagte nichts. Als sie aber auf die Frage sich verhüllte, da ließ Ikarios sie ziehen, da ihm bewusst wurde, dass sie lieber mit Odysseus gehen wolle. An dieser Stelle des Weges, an der sie sich verhüllt haben soll, weihte er ein Standbild der Aidos.“. Aidos war die Göttin der Scheu, der Sittsamkeit und Bescheidenheit. ……. Keine Sage erzählt, warum sich König Laertes auf ein kleines Landgut in die Einsamkeit zurückgezogen hat. Man weiß nur, dass Odysseus noch zur Lebzeit seines Vaters die Königswürde erhielt und über die Inseln Ithaka, Kephallenia, Zakynthos, einige nahe liegende kleine Inseln und über einen Landstrich auf dem Festland regierte. Penelope, die treue Gattin und Königin, schenkte Odysseus einen Sohn: Telemachos. ……. D. Menelaos und die wunderschöne Helena lebten glücklich; Hermione, eine Tochter, wurde ihnen geboren. Eines Tages erschien ein troianischer Prinz am Hofe in Lakedaimon, Paris, der Sohn des Priamos, des Königs von Troia. Aphrodite hatte ihm die schönste Frau der Welt, Helena, versprochen, wenn er ihr beim „Urteil des Paris“ den goldenen Apfel gebe (lies Paris >). Paris gab ihn ihr und wollte jetzt das Versprechen der Liebesgöttin einlösen. Menelaos, nichts ahnend, verließ für einige Tage Lakedaimon, um an den Feierlichkeiten zur Bestattung seines Großvaters Katreus auf Kreta teilzunehmen. Als er zurück kam waren Helena und Paris und mit ihnen seine Goldschätze verschwunden. Der Schwur, den die Freier bei den Wassern der Styx dem Tyndareos geleistet hatten, trat in Kraft. In alle Königreiche wurden Boten gesendet. Die an den Schwur Gebundenen wurden aufgefordert Menelaos bei der Rückholung der Helena beizustehen. Odysseus hatte von dem Ereignis erfahren. Als Menelaos und der schlaue Palamedes bei ihm vorsprachen hatte er eine Narrenkappe auf dem Kopf, säte Salz und pflügte mit einem Ochsen und einem Pferd. Palamedes durchschaute die List und legte Telemachos, den kleinen Sohn des Odysseus, vor den Pflug; man erzählte auch, er habe das Kind mit dem Schwert bedroht. Die Vaterliebe war stärker als die Kunst der Verstellung. Odysseus verabschiedete sich von Penelope und seinem kleinen Sohn, anvertraute seinem Gefährten Mentor das Haus (Odyssee 2,225f) und verließ widerwillig als Führer der Krieger seines Königreiches Ithaka in eine unsichere Zukunft. Dem listigen Palamedes schwor er Rache. …… Paris und Helena segelten nach Troia. Als vor Jahren Hekabe, die Mutter des Paris, mit ihm schwanger war, hatte sie einen fürchterlichen Feuertraum. Die Traumdeutung des Sehers Aisakos, Troia werde mit Flammen untergehen, wenn das Kind, das Hekabe im Leib trug, überleben wird, war aber längst vergessen. Helena wurde in Troia herzlich empfangen. Die Aufforderung der Griechen, Helena und die geraubten Goldschätze zurückzugeben, wurde von den Troianern mit Spott abgelehnt. Die Griechen, tief in ihrer Ehre gekränkt, erklärten Troia den Krieg. DIE VORBEREITUNGEN FÜR DEN KRIEG Nach der Kriegserklärung besuchten Agamemnon und der listige Odysseus die an den Eid gebundenen Männer und forderten sie auf sich mit Schiffen und Mannschaften am bevorstehenden Krieg zu beteiligen. Alle sagten zu, nur Kinyras von Zypern überlistete sie: Der Reichtum dieses kyprischen Priester-Königs war sprichwörtlich, auch seine Schlauheit. Er versprach Agamemnon und Odysseus 50 Schiffe mit Mannschaften als Hilfe für den Kampf gegen Troia. 49 kleine Schiffchen ließ er, beladen mit kleinen Kriegerfiguren, aus Ton anfertigen und schickte sie mit einem Schiff nach Troia. …… Die Griechen waren auch eifrig bemüht den jungen Achilleus, den Sohn der Meeresgöttin Thetis und des berühmten Peleus, des Königs von Phthia, für den Kriegszug zu gewinnen. Man erkannte in ihm den zukünftigen gewaltigen Krieger. Odysseus und Nestor, der alte und weise König von Pylos, zogen nach Phthia um Achilleus und seinen Freund Patroklos zu werben; aus der Erzählung des Nestor, Ilias 11,767ff: „Bei euch weilten wir zwei, ich selbst und der edle Odysseus, und verstanden genau im Zimmer, was er dir auftrug; waren wir doch zu des Peleus wohnlichem Schlosse gekommen, als wir Mannschaften warben im nahrungsreichen Achaia. Damals trafen den Helden Menoitios wir in der Wohnung, dich und Achilleus. Peleus, der greise Kämpfer zu Wagen, opferte eben dem Zeus, dem Werfer der Blitze, die fetten Schenkel des Rindes im Hofraum; er hielt den goldenen Becher, spendete funkelnden Wein aus ihm zum brennenden Opfer. Ihr habt beide das Rindfleisch bereitet. Da traten ins Hoftor ich und Odysseus. Zutiefst überrascht erhob sich Achilleus, führte an seiner Hand uns hinein, hieß nieder uns setzen, bot uns darauf ein reichliches Mahl, wie es Gastfreunden zusteht. Als wir an Speise und Trank uns erquickt, begann ich zu sprechen und überbrachte den Aufruf, teilzunehmen am Feldzug. Ihr wart eifrig bereit, es mahnten euch wacker die Väter. Peleus, der Alte, ermunterte seinen Sprößling Achilleus, immer der erste zu sein und die anderen zu übertreffen. [Homer: Ilias. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 4977 (c) Aufbau-Verlag]. Eine spätere Sage erzählt eine andere Version; Schol. Ilias 19,326. Hygin fab. 96: Die Mutter des Achilleus, die Göttin Thetis, wusste, dass ihr noch knabenhafter Sohn in diesem bevorstehenden Krieg sein Leben verlieren würde und hatte ihn vorsorglich beim befreundeten König Lykomedes, dem Herrscher über die Insel Skyros, versteckt. Als Mädchen verkleidet lebte er mit den Töchtern des Lykomedes an dessen Hof. Odysseus, der Listenreiche, bat die Mädchen zu sich, beschenkte sie, legte nebenbei Waffen auf den Boden und ließ zum Krieg blasen. Der verkleidete Knabe griff sofort zu den Waffen, wurde dadurch erkannt und schloss sich freiwillig dem Kriegszug an. …… Zwölf Schiffe, besetzt mit Männern aus seinem Königreich, brachte Odysseus, als sich die griechischen Heerscharen mit ihren Flotten in Aulis versammelten; Ilias 2,631ff: „König Odysseus führte die Kephallenen, die tapfren, die auf Ithaka wohnten, in Neritons üppigen Wäldern, in dem Gau Krokyleia und dem des rauhen Aigilips, die auf Zakynthos lebten und Samos und weiterhin auf dem Festland und an den gegenüberliegenden Küsten; ihnen gebot Odysseus, der Zeus an Klugheit nichts nachgab. Ihm unterstanden zwölf, vorn rot gestrichene Schiffe.“ [Homer: Ilias. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 4680 (c) Aufbau-Verlag] E. Die riesige Kriegsflotte hatte sich in Aulis versammelt, saß aber wochenlang wegen Windstille im Hafen fest. Agamemnon, zum obersten Kriegsherrn gewählt, hatte Artemis, die Göttin der Jagd, mit der Bemerkung, er könne gleich gut jagen wie sie, erzürnt und sie verbot den Winden zu wehen. Die Soldaten begannen zu rebellieren. Kalchas, der Seher, verlangte zur Versöhnung der Göttin die Opferung der Lieblingstochter des Agamemnon (lies Iphigenie >, Die Tantaliden K> und Euripides` „Iphigenie in Aulis“). Nach langem inneren Kampf beauftragte Agamemnon Odysseus und Diomedes nach Mykene zu gehen und Iphigenie nach Aulis zu bringen. Odysseus, der Listenreiche, erzählte Klytaimnestra, der Mutter der Iphigenie, dass Archilleus noch vor der Abreise nach Troia Iphigenie zur Frau erhalten soll. Freudig schmückte die Mutter ihre Tochter mit einem Brautkranz und brachte sie nach Aulis. Mit Entsetzen musste sie zur Kenntnis nehmen, dass Odysseus sie nur deshalb mit List nach Aulis gelockt hatte, damit man ihre Tochter opfere, sie abschlachte mit einem Schnitt durch die Kehle um gute Winde für die Schiffe zu erhalten. Achilleus wollte dem Mädchen beistehen, aber wieder war es Odysseus, der im Auftrag der Soldaten die Opferung der Iphigenie verlangte; und Iphigenie wurde vom Seher Kalchas geopfert (Auf etruskischen Vasen durchschneidet Odysseus selbst dem Mädchen die Kehle.). Artemis ersetzte im Moment des tödlichen Schnittes Iphigenie durch eine Hirschkuh und entführte das Mädchen durch die Lüfte nach Taurien. Die Hirschkuh fiel mit durchschnittener Kehle verendend auf die Stufen des Altares. Der Zorn der Göttin war vorbei, sie schickte frische Winde. Die riesige Flotte mit hunderten von Schiffen und tausenden von Soldaten segelte, durch troianische Kränkung kampfbereit, gegen Troia. …… Weil sie den Weg nach Troia aber nicht kannten landeten die Griechen irrtümlich im Mysien, wurden von den Mysiern unter König Telephos am unteren Kaikos verlustreich besiegt und vertrieben und kehrten nach Aulis zurück. Bei diesem Abwehrkampf wurde Telephos von Achilleus mit dem Schwert verletzt. Diese schmerzhafte Wunde verheilte über Wochen nicht. Telephos befragte das Orakel und erhielt zur Antwort, dass nur der die Wunde heilen könne, der sie geschlagen habe. Der König segelte nach Aulis und bat Achilleus um Heilung; niemand wusste aber wie. Der Listenreiche wusste Rat: Nicht Achilleus hatte die Wunde geschlagen, sondern sein Schwert. Also schabte man etwas Rost des Schwertes in die Wunde – und sie verheilte. Telephos musste dafür den Griechen den Weg nach Troia zeigen. (Diese Telephosepisode wurde erst seht spät in die Odysseussage eingebaut und dürfte ein Nachhall alter Kämpfe mit Barbaren, bzw. Kolonisationskämpfen sein.) …… Dem Philomeleides, dem König von Lesbos, der alle Vorübersegelnden zum Ringkamp zwang, stellte sich, als die Griechen in Lesbos anlegten, Odysseus und bezwang ihn und schleuderte ihn, zur Freude der Griechen, zu Boden; Odyssee 4,343f. …… Bei einer Rast der Griechen auf der der Insel Chryse (auch auf Tenedos oder Lemons kann es gewesen sein) betrat Philoktetes unbefugt den Hain einer Nymphe und wurde zur Strafe von einer Schlange gebissen. Die Wunde stank fürchterlich und Philoktetes brüllte vor Schmerzen so laut, dass Diomedes und Odysseus ihn rücksichtslos auf der damals noch unbewohnten Insel Lemnos aussetzten. Nur!, Philoktetes war der Besitzer des immertreffenden Bogens und der immertreffenden Pfeile, die er einst als Dank von Herakles erhalten hatte. Philoktetes entzündete einst den Scheiterhaufen den Herakles, tödlich verletzt, selbst errichtet und auf den er sich, den Tod ersehnend, gesetzt hatte; Apollodor epit. 3,27f. 5,8. …… Nach der Ankunft vor Troia beauftragten die Griechen Odysseus und Menelaos als Abgesandte zu Priamos zu gehen und ein letztes Mal die Herausgabe der Helena und des Goldschatzes zu fordern; aus der Mauerschau, Rede des Antenor, Ilias 3,204ff: »Wirklich, Herrin, es stimmt genau, was du da berichtest. Kam doch schon einmal der edle Odysseus hierher, als Gesandter, deinetwegen, mit Menelaos, dem Liebling des Ares. Gastlich nahm ich sie auf und umsorgte sie eifrig im Hause, nahm das Äußre der beiden wie ihre Klugheit zur Kenntnis. Als sie auftraten in der Versammlung der Troer, da ragte, wenn sie standen, hervor Menelaos an Breite der Schultern. Saßen sie beide, bewirkte Odysseus den stärkeren Eindruck. Als sie ihr Sinnen und Planen vor der Versammlung enthüllten, sprach Menelaos in raschem Fluß, nur wenige Worte, aber weithin vernehmlich, gar nicht geschwätzig, mit jedem Ausdruck treffend; freilich, er war auch jünger an Jahren. Doch der kluge Odysseus stand, sobald er zum Reden sich erhob, und hielt den Blick auf den Boden geheftet, drehte auch nicht das Zepter nach vorn oder hinten, nein, ohne Regung hielt er es fest; er wirkte verlegen, man konnte ihn als mürrisch ansehen oder als ziellosen Dummkopf. Ließ er indes aus der Brust die gewaltige Stimme erschallen, Worte in dichtem Schwall, wie Schneegestöber im Winter, so nahm schwerlich ein anderer Mensch es auf mit Odysseus. Solches hatten, bei seinem Anblick, wir gar nicht vermutet.« [Homer: Ilias. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 4702 (c) Aufbau-Verlag]. Die Troianer weigerten sich. Die Söhne des Priamos wollten die Abgesandten sogar töten. Doch der weise alte Antenor verbat sich einen Verstoß gegen die göttlichen Gesetze der Gastfreundschaft, nahm Menelaos und Odysseus in seinem Haus auf, befahl seinen Söhnen mit dem Schwert das Haus zu verteidigen und bewirtete seine Gäste fürstlich. Die Würfel waren gefallen, der Krieg begann und dauerte 10 Jahre. ODYSSEUS IM KRIEG UM TROIA F. Vom Beginn bis zum Ende des Krieges war Odysseus als mutiger Kämpfer und listenreicher Ratgeber eine wichtige Person. In der Ilias spielt er in 12 der 24 Gesänge eine Rolle: 1. Gesang, 145. 311. 430ff. Chryseis, die Tochter des Chryses, des Apollonpriesters der Insel Chryse, wurde von Achilleus, als die Griechen zu Gast in Thebe war, geraubt. Das bedauernswerte Mädchen wurde dem Agamemnon als Sklavin zugesprochen. Chryses erschien vor Agamemnon und forderte seine Tochter zurück. Als er entwürdigend zurückgewiesen wurde, bat er Apollon um die Pest für die Achaier. Der Gott erhörte seinen Priester, schickte die Pest in das Lager der Achaier und Agamemnon wurde vom Seher Kalchas gezwungen die schöne Chryseis zurückzugeben. Odysseus wurde mit der Versöhnungsgesandtschaft betraut und brachte Chryseis ihrem Vater zurück. …… 2. Gesang, 155-335. Nachdem der Krieg bereits erfolglos neun Jahre gedauert hatte beschloss Agamemnon den Abbruch und die Heimreise. Freudig rannten die Mannschaften zu den Schiffen und begannen sie in das Wasser zu ziehen: „Heimgekehrt wären tatsächlich die Griechen, dem Schicksal zum Trotze, hätte nicht Hera an Athene die Worte gerichtet: »Ha! Du Tochter des aigisschwingenden Zeus, die du niemals wankst - so sollen die Griechen zum teuren Lande der Väter wirklich heimziehen über den breiten Rücken des Meeres? Ließen sie dann doch, Triumph für Priamos und die Trojaner, Helena hier aus Argos, um derentwillen so viele Helden Achaias fielen vor Troja, ferne der Heimat! Auf, tritt unter die Menge der erzgepanzerten Griechen, hemme mit freundlichen Worten, wie du sie beherrschest, die Helden, laß nicht ins Wasser sie ziehen die Schiffe, die doppelt geschweiften!« Derart sprach sie; gern folgte die helläugig blickende Göttin. Nieder schwang sie sich von den Gipfeln des hohen Olympos und erreichte behende die schnellen Schiffe der Griechen. Dort traf sie Odysseus, der Zeus an Klugheit nichts nachgab; reglos stand er und rührte sein dunkles, trefflich gebautes Schiff nicht an, weil Kummer Verstand und Gewissen ihm quälte. Zu ihm trat die helläugig blickende Göttin und sagte: »Zeusentstammter Sohn des Laërtes, gewandter Odysseus, wollt ihr denn wirklich heimwärts zum teuren Lande der Väter ziehen, wirr auf die reichlich beruderten Schiffe euch flüchten? Ließet ihr dann doch, Triumph für Priamos und die Trojaner, Helena hier aus Argos, um derentwillen so viele Helden Achaias fielen vor Troja, ferne der Heimat! Auf, tritt unter die Menge der Griechen, verschmähe ein Zaudern, hemme mit freundlichen Worten, wie du sie beherrschest, die Helden, laß nicht ins Wasser sie ziehen die Schiffe, die doppelt geschweiften!« Derart sprach sie. Odysseus erkannte die Stimme der Göttin, sputete sich, ließ fallen den Mantel; den nahm Eurybates, Herold aus Ithaka, an sich sogleich, sein treuer Gefolgsmann. Jener ging dem Sohne des Atreus entgegen und ließ sich geben das Erbstück der Väter, das unvergängliche Zepter. Damit durchschritt er das Lager der erzgepanzerten Griechen. Wenn er einem der Fürsten und Edlen begegnete, trat er zu ihm und hielt ihn an mit folgenden freundlichen Worten: »Unbegreiflicher, lasse doch nicht, wie ein Feigling, dich schrecken, nein, bleib stehen und bring auch die übrige Menge zum Halten! Noch ist dir nicht völlig bekannt der Plan Agamemnons. Jetzt unterwirft er die Griechen der Probe, bald wird er sie strafen. Nicht wir alle vernahmen, was er vortrug im Rate. Daß er ja nicht vor Zorn die Achaier grausam behandle! Hochfahrend ist der Sinn des von Zeus geförderten Königs, Zeus verlieh ihm die Würde, ihn liebt auch Zeus, der Berater!« Aber ertappte er einen Mann aus dem Volke beim Schreien, schlug er ihn mit dem Zepter und herrschte ihn an mit den Worten: »Dummkopf, halte dich still doch und höre, was andere sagen, beßre als du, wo du doch ein Schwächling nur bist und ein Feigling, einer, der überhaupt nicht mitzählt im Rat wie im Kampfe! Nicht wir alle dürfen hier König spielen, wir Griechen. Herrschaft von vielen taugt nichts; nur einer sei Herrscher, nur einer König, dem der Sprößling des tückischen Kronos verliehen Zepter und Richtergewalt, auf daß er mit ihnen regiere!« Derart durchschritt er, Ordnung gebietend, das Lager; die Männer stürmten, fort von den Schiffen und Zelten, zurück zur Versammlung, tosend, so laut, wie die Wogen der brausenden See an den weiten Uferstrich branden, unter dem Donnern des offenen Meeres. Alle setzten sich, kamen auf ihren Plätzen zur Ruhe.“ ….. Odysseus war es gelungen die Griechen von der Abreise abzuhalten und sich zu beruhigen. Nur Thersites, der bösartig geschwätzige Seher, von allen gehasst, beschimpfte noch Agamemnon: „»Warum, Atride, klagst du schon wieder, was willst du denn haben? Deine Zelte bersten von Erz, auch zahlreiche Frauen weilen darinnen, auserlesene, die wir Achaier, nahmen wir eine feindliche Stadt, dir als erstem verehrten. Brauchst du etwa auch Gold, das ein rossebezwingender Troer anschleppen mag aus Ilion, seinen Sprößling zu lösen, den ich selber oder ein anderer Grieche gefangen - oder brauchst du ein Weibchen, mit ihr der Liebe zu pflegen, ganz allein für dich sie zu halten? Es dürfte doch keiner, nur weil er Feldherr ist, ins Verderben stürzen die Griechen! Feiglinge, Memmen, Achaierinnen, doch nicht mehr Achaier: Fahren wir ruhig nach Haus mit den Schiffen und lassen vor Troja ihn die Ehrengeschenke verdauen; ob wir auch ein wenig dabei ihm helfen oder auch nicht, er wird es begreifen - er, der jetzt den Achilleus, den ihm überlegenen Helden, kränkte; er hat ihm, eigenmächtig, den Kampfpreis entrissen! Keinerlei Galle besitzt Achilleus, er huldigt der Schlappheit! Sonst, Atride, hätte dein Freveln heute ein Ende!« Derart schmähte Thersites den Feldherrn, den Hirten der Völker. Rasch trat neben den Schmähenden aber der edle Odysseus, maß ihn mit finsterem Blick und schalt ihn mit grimmigen Worten: »Wirrer Schwätzer Thersites, bist du auch lautstark im Reden, schweig und verzichte darauf, allein mit den Fürsten zu streiten! Offen erkläre ich: Der Erbärmlichste bist du von allen, die mit dem Sohne des Atreus gegen Ilion zogen! Deshalb solltest du Könige gar nicht im Munde mehr führen, Schmutz auf sie werfen und außerdem noch die Heimkehr betreiben! Noch ist uns nicht bekannt, wie einmal der Kampf hier sich wendet, ob wir Achaier zum Glück oder Unglück die Heimkehr gewinnen. Du hockst hier und schmähst den Atriden, den Hirten der Völker, deshalb, weil ihm die tapferen Danaer Kampfpreise reichlich zuwenden! Du überhäufst ihn mit Hohn in der Heeresversammlung! Deutlich will ich dir sagen, und sicher naht die Erfüllung: Greife ich dich noch einmal bei törichtem Tun, so wie heute, soll dem Odysseus nicht mehr der Kopf auf den Schultern verbleiben, will ich auch nicht des Telemachos Vater mehr heißen, sofern ich dich nicht packe und dir nicht entreiße dein liebes Gelumpe, Mantel und Leibrock, alles, womit du die Blöße dir zudeckst, und zu den schnellen Schiffen hin, unter deinem Gewinsel, aus der Versammlung heraus mit schimpflichen Schlägen dich prügle!« Und er versetzte, quer über Rücken und Schulter, ihm einen Hieb mit dem Zepter. Thersites krümmte sich, Tränen entrannen seinem Auge, ihm schwoll auf dem Rücken blutig die Strieme unter dem Goldstab. Entmutigt ließ er sich nieder und wischte fort sich die Tränen, von Schmerzen gequält, mit verlegenem Blicke. Trotz der gedrückten Stimmung mußte man über ihn schallend lachen, und mancher sagte, den Blick auf den Nachbar gerichtet: »Ha! Odysseus hat schon unendliches Gute gestiftet, immer der erste mit wackerem Rat und ein Lenker der Schlachten! Dies ist freilich sein Meisterstück im Kreis der Argeier, daß er den lästernden Schwätzer in seine Schranken zurückwies. Den wird schwerlich noch einmal der Übermut dazu verleiten, in der Sucht, zu tadeln, die Herrscher mit Schmutz zu bewerfen.« Derart sprachen die Leute.“ …… Odysseus verwies auch auf ein göttliches Zeichen, das sich am Vortag ereignete, als während einer Opferung eine Schlange unter dem Altar hervor kroch, ein Nest mit neun Vögeln leer fraß und dann versteinert wurde: „Da vollzog sich ein Wunder; eine entsetzliche Schlange, blutrot am Rücken, schoß, zum Lichte entsandt vom Kroniden, unterm Altar hervor und stürzte sich auf die Platane. Dort befanden sich Spatzenjunge, soeben geschlüpfte, hoch auf dem obersten Zweig, und duckten sich unter die Blätter, acht an der Zahl, und das neunte war die Mutter der Vöglein. Und das Untier verschlang sie, wie kläglich sie zwitscherten, alle. Nur noch die Mutter umflatterte jammernd die Kleinen; die Schlange ringelte sich und packte auch sie, die noch klagte, am Flügel. Als sie die Kleinen mitsamt der Mutter verschlungen, erhob der Gott, der sie sandte, sie zum leicht durchschaubaren Omen: Es versteinerte sie der Sohn des tückischen Kronos. Und wir standen und staunten über den seltsamen Vorfall. Unterbrochen hatte das furchtbare Wunder die Opfer, und es äußerte Kalchas sogleich darauf als Orakel: 'Warum verstummt ihr, mit langem Haupthaar geschmückte Achaier? Zeus, der Berater, gab uns dies wichtige Zeichen, das spät erst gilt und spät sich erfüllt; sein Ruhm wird niemals verschwinden! Wie das Untier die Kleinen mitsamt der Mutter verschlungen, acht an der Zahl, und das neunte war die Mutter der Vöglein, ebenso viele Jahre werden vor Troja wir kämpfen, dann im zehnten die Stadt mit den breiten Straßen erobern.' Dieses Orakel gab er; es geht jetzt bestimmt in Erfüllung. Auf, bleibt hier, allesamt, ihr trefflich gewappneten Griechen, bis wir die mächtige Stadt des Priamos einnehmen konnten!« Derart sprach er. Aufjubelten da die Argeier, rings hallten schrecklich wider die Schiffe vom lauten Geschrei der Achaier, Beifall für die Rede des göttergleichen Odysseus.“ [Homer: Ilias. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 4665 (c) Aufbau-Verlag] …… 3. Gesang, 191-224. Die Mauerschau: Helene, die von der Befestigungsmauer der Stadt Troia aus das Kampfgeschehen vor der Stadt beobachtet, zeigt Priamos und dem alten Antenor den Odysseus. Antenor erzählt von seiner Begegnung mit Odysseus; lies E. …… 4. Gesang, 329ff. 489ff. 329ff: Nach dem von Athene hinterlistig herbeigeführten Eidbruch der Troier rüsteten die Griechen zum Angriff. Agamemnon schritt kontrollierend durch die Reihen. Odysseus wehrte sich gegen Kritik und Agamemnon besänftigte: „Nestor entgegnete ihm, der gerenische Kämpfer zu Wagen: „Ganz in der Nähe befand sich der Platz des klugen Odysseus. Ihn umgaben, gleichfalls stehend, die kraftvollen Reihen der Kephallenen; sie hatten noch nicht den Schlachtruf vernommen. Denn es erhoben sich eben erst gegeneinander die Treffen rossetummelnder Troer und Griechen. So warteten jene auf den Zeitpunkt, da eine andere Griechenkolonne gegen die Troer rücke, um selbst dann den Kampf zu beginnen. Bei dem Anblick begann Agamemnon, der Feldherr, zu schelten, und er sagte zu ihnen die flugs enteilenden Worte: »Sohn des Peteos, des zeusentsprossenen Herrschers, und du auch, glänzend in bösen Ränken, bedacht nur auf eigenen Vorteil: Warum drückt ihr euch vor der Schlacht und wartet auf andre? Solltet ihr doch in den Reihen der ersten die Stellung behaupten und euch stürzen in das heiße Getümmel des Kampfes! Werdet ihr ja als erste von mir auch zur Mahlzeit geladen, wenn wir Griechen ein Essen geben den edelsten Fürsten. Da verzehrt ihr gerne den Braten, trinkt gern auch die Becher honigsüßen Weines, solange ihr jeweils nur Lust habt. Heute säht ihr es gerne, wenn gar zehn Griechenkolonnen euch in den Kampf vorauszögen mit dem grausamen Erze!« Finsteren Blickes maß ihn der kluge Odysseus und sagte: »Sprößling des Atreus, welch ein Vorwurf entwich deinen Lippen! Sprichst, wir gingen der Schlacht aus dem Wege? Jedesmal, wenn wir Griechen gegen die Troer die glühende Kampflust erwecken, wirst du, wenn du nur ehrlich es willst, des Telemachos Vater unter den ersten der rossetummelnden Troer im Kampf sich anstrengen sehen; was du da vorbringst, ist leeres Gerede!« Lächelnd entgegnete Fürst Agamemnon, als er Odysseus voller Unwillen sah - und milderte klüglich den Vorwurf: »Zeusentsprossener Sohn des Laërtes, kluger Odysseus, weder möchte ich grob dich schelten noch gar dich ermahnen, weiß ich doch ganz genau, du bist mir im Grunde des Herzens freundlich gesonnen; deine Gedanken sind auch die meinen. Auf denn! Wir wollen das später begleichen, fiel wirklich ein hartes Wort. Die Götter mögen es weit in die Winde verwehen!« Damit ließ er sie dort zurück und ging zu den andern.“ [Homer: Ilias. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 4731 (c) Aufbau-Verlag]. …… Die Brutalität des Kriegers Odysseus wird bei der Schilderung von einigen Kampfesszenen sichtbar; 4,489ff: „Auf ihn warf Antiphos, der Priamide, schimmernd im Panzer, den scharfen Speer aus der Menge, verfehlte ihn zwar, traf jedoch den tapferen Freund des Odysseus, Leukos, im Unterleib, als er seitwärts zerrte den Toten. Über ihm brach er zusammen, dem Arm entstürzte der Leichnam. Schmerz und Zorn um den Toten packten Odysseus, er eilte durch das vordere Treffen, gewappnet mit funkelnder Rüstung, trat zu dem leblosen Freund, hielt sorgfältig Umschau und warf die blinkende Lanze; es wichen zurück vor dem Wurfe die Troer. Und Odysseus schleuderte nicht vergebens die Waffe. Demokoon traf er, den Bastard des Priamos, der von Abydos herkam, von dem Gestüt schnellfüßiger Rosse. Diesem jagte Odysseus, aus Zorn um den Freund, in die Schläfe wuchtig die Lanze; heraus an der anderen Seite des Schädels fuhr die eherne Spitze, und Nacht umhüllte sein Auge. Dröhnend schlug er zu Boden, ihm klirrten am Leibe die Waffen.“ [Homer: Ilias. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 4739 (c) Aufbau-Verlag]. 5. Gesang 668ff: „Auch Tlepolemos schleppten die trefflich gewappneten Griechen von dem Gefechtsfeld. Zeuge war der edle Odysseus, muterfüllt und gefaßt; das Herz nur klopfte ihm stürmisch. Er überlegte, im Widerstreit von Verstand und Empfindung, ob er dem Sohn des Zeus, des donnernden, nachsetzen solle oder eine größere Anzahl von Lykiern erschlagen. Aber es war nicht bestimmt dem mutigen Helden Odysseus, den gewaltigen Sohn des Zeus mit der Waffe zu töten. Deshalb spornte Athene ihn gegen die Masse der Lykier. Da erschlug er Koiranos, Chromios wie auch Alastor, Halios und Alkandros, Prytanis auch und Noëmon. Weitere Lykier hätte erlegt noch der edle Odysseus, hätte nicht Hektor erspäht ihn, der Held mit dem nickenden Helmbusch.“ 7. Gesang 168ff. Odysseus war auch bereit mit Hektor, dem stärksten der Troianer, zu kämpfen; 168ff: „ [….] danach Eurypylos, des Euaimon stattlicher Sprößling, schließlich auch Thoas, Andraimons Sohn, und der edle Odysseus; alle waren bereit zum Kampf mit dem göttlichen Hektor.“ 9. Gesang 225ff. Agamemnon, der Oberbefehlshaber, hatte dem Achilleus seine von ihm heiß geliebte Sklavin, die schöne Briseis, weggenommen und in sein Zelt bringen lassen. Achilleus, überwältigt von Liebesschmerz und blanker Wut, verweigerte die weitere Teilnahme am Kampf. Die Troianer nützten diese Situation, bedrängten die Griechen bis fast zum Sieg, drohten ihnen die Flotte zu verbrennen und damit an der Flucht zu hindern. Den drohenden Untergang vor Augen schickte Agamemnon in höchster Not eine Abordnung mit Odysseus zu Achilleus. Freundlich wurden sie empfangen. Nach einem guten Mahl mit Gebratenem und Wein erhob Odysseus das Glas und sprach; 225ff: »Dir zum Wohle, Achilleus! Wir brauchten nicht zu entbehren unser Teil im Zelt Agamemnons, des Sohnes des Atreus, brauchen es jetzt auch nicht. Erquickende Speisen in Fülle stehen bereit. Doch nicht der Genuß des Mahles bewegt uns. Nein, du Sprößling des Zeus, vor Augen ein furchtbares Unheil, hegen wir Furcht. Ob wir die trefflichen Schiffe behalten oder verlieren, hängt davon ab, daß du teilnimmst am Kampfe. Nahe bei Mauer und Schiffen lagern die mutigen Troer mit den weithin berühmten Bundesgenossen, entfachten zahlreiche Feuer im Lager und wollen dabei nicht verharren, sondern im Angriff auf die dunklen Schiffe sich stürzen. Zeus, der Kronide, entsendet, ihnen zum günstigen Zeichen, Blitze, und Hektor, im vollen Bewußtsein der eigenen Stärke, wütet ganz furchtbar, bauend auf Zeus, nimmt weder auf Menschen Rücksicht noch Götter; die rasende Wut ist in ihn gefahren. Dringend fleht er um schnellstes Erscheinen der göttlichen Eos. Drohend prahlt er, die Spitzen herab von den Schiffen zu schmettern, dann zu verbrennen die Schiffe in gierigem Feuer, die Griechen niederzuschlagen bei ihnen, wenn sie der Rauch vor sich herscheucht. Davor hege ich quälende Furcht, es könnten die Götter ihm die Drohung erfüllen, uns aber das Schicksal bestimmt sein, fern vom rossenährenden Argos, in Troja, zu sterben. Auf denn, verlangt es dich überhaupt, wenn auch spät, noch, die Griechen in der Not vor dem wütenden Ansturm der Troer zu retten! Späterhin wird es dich selber gereuen; geschah erst das Unglück, läßt sich kein Mittel zur Hilfe mehr finden. Bedenke doch vorher, wie du den Danaern abwehren kannst den Tag des Verderbens! Ja, mein Freund, dich ermahnte Peleus, dein Vater, an jenem Tage, da er von Phthia zu Fürst Agamemnon dich schickte: 'Lieber Junge, sicherlich werden Athene und Hera Kraft dir verleihen, wenn sie es wollen. Du freilich bezähme deinen Stolz; ein freundliches Wesen bringt größeren Vorteil. Suche nicht länger den Streit, den Stifter des Unheils, dann achten dich die Argeier noch höher, die Jungen wie auch die Alten!' Derart mahnte der Greis. Du vergißt es. Wenigstens jetzt noch mache ein Ende, laß von dem quälenden Zorn. Agamemnon bietet dir ausreichend Gaben, sofern du einstellst dein Grollen. Willst du dein Ohr mir leihen, so kann ich genau dir erzählen, was dir im Zelt Agamemnon an Gaben alles versprochen: sieben Dreifüße, ungebraucht, zehn goldne Talente, zwanzig schimmernde Kessel, dazu zwölf kräftige Rosse, Träger von Preisen, die sie durch Sieg im Wettlauf gewannen. Reich an Grundbesitz wäre ein Mann, der soviel erhielte, wie Agamemnons Rosse durch Sieg im Wettlauf gewannen, auch nicht arm an dem hochgeschätzten, kostbaren Golde. Sieben Frauen aus Lesbos, tüchtige Arbeiterinnen, will er dir geben - als du das wohnliche Lesbos erobert, wählte er sie sich aus; sie besiegten an Schönheit die Masse sämtlicher Frauen -, gibt mit ihnen Brisëis dir wieder, die er dir raubte, und schwört dazu mit gewaltigem Eide: Niemals bestieg er ihr Lager, nie einten sie Bande der Liebe, wie es nun einmal Menschenart ist, bei Männern wie Frauen. All dies steht dir sogleich zur Verfügung. Doch lassen die Götter uns die mächtige Stadt des Priamos später zerstören, sollst du ein Schiff mit Erz und Gold zur Genüge belasten nach dem Betreten der Stadt, wenn wir Griechen die Beute uns teilen. Zwanzig troische Frauen sollst du selber dir wählen, die als schönste, nach der Argeierin Helena, gelten. Kehrten wir heim nach Argos, der Mutterbrust griechischen Landes, sollst du sein Schwiegersohn werden; er will wie Orestes dich halten, der ihm, zärtlich geliebt, in der Blüte der Jugend heranwächst. Sein vortrefflich erbauter Palast beherbergt drei Töchter, Laodike, Chrysothemis und noch Iphianassa. Eine von ihnen führe umsonst dir heim als die Deine in den Palast des Peleus; er will dir kostbare Gaben reichlich gewähren, wie niemals ein Vater der Tochter sie mitgab. Abtreten möchte er dir noch sieben recht wohnliche Städte, Kardamyle, Enope und das grasreiche Hire, Pherai, das heilige, und Antheia mit üppigen Wiesen und Aipeia, das liebliche, Pedasos auch, das mit Reben prangende, sämtlich am Meer, an der Grenze zum sandigen Pylos. Männer bewohnen die Städte, reich an Schafen und Rindern, die dir Geschenke verehren würden, die Göttern geziemen, gleichzeitig dir als Gebieter reiche Gebühren entrichten. Ließest du ab vom Zorn, so würde er dies dir gewähren. Ist dir indessen zu bitter verhaßt der Sprößling des Atreus, er mitsamt den Geschenken, erbarme dich wenigstens all der übrigen Griechen, die im Lager bedrängt sind; sie würden gottgleich dich ehren, von ihnen gewännest du herrlichen Kriegsruhm: Jetzt erlegtest du Hektor! In seinem entsetzlichen Wüten liefe er dir in die Quere; er wähnt ja, nicht einer der Griechen, die auf der Flotte hierhergekommen, sei ihm gewachsen!« [Homer: Ilias. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 4884 (c) Aufbau-Verlag]. Achilleus blieb hart, drohte sogar mit seinen Leuten Troia zu verlassen und nach Phthia zurückzukehren. 10. Gesang Die gefährliche Entwicklung des Krieges lässt Agamemnon nicht schlafen. Besorgt, weil die Troier vor der Stadt und lagern und sich bedrohlich nahe bei den griechischen Schiffen aufhalten, schleicht er zum alten weisen Nestor. Ein nächtlicher Rat der Könige wird einberufen und Diomedes beauftragt mit einem von ihm zu bestimmenden Begleiter in das Lager der Griechen zu schleichen und deren Vorhaben auszukundschaften. Die Wahl des Diomedes fällt auf Odysseus. Zur gleichen Zeit verspricht im Lager der Troianer Hektor dem Dolon im Falle des Sieges den Wagen des Achilleus als Preis, wenn er sich in das Lager der Griechen schleiche. Die drei Spione treffen sich auf halbem Weg. Dolon wird überwältigt; 375ff: „[….] Dolon erschrak und verharrte, schlotternd am Leibe - laut klapperten ihm die Zähne im Munde -, blaß vor Entsetzen. Und außer Atem erreichten und packten ihn an den Armen die zwei. Da begann er zu weinen und flehte: »Laßt mich am Leben, ich werde mich auslösen! Bei mir zu Hause liegen Stücke von Erz und Gold und geschmiedetem Eisen; davon wird euch mein Vater ein reichliches Lösegeld spenden, nimmt er zur Kenntnis, daß ich bei den Schiffen der Griechen noch lebe.« Ihm gab Antwort darauf der kluge Odysseus und sagte: »Sei nur getrost, der Todesgedanke soll dich nicht quälen! Aber wohlan denn, berichte und gib mir untrüglich die Auskunft: Warum schleichst du allein vom Lager fort zu den Schiffen, mitten in finsterer Nacht, wenn andere Sterbliche schlafen? Ob du einen von den Gefallenen ausplündern möchtest? Schickte dich Hektor, um alles, was vorgeht, genau zu erspähen, zu den gewölbten Schiffen? Trieb dich dein eigener Wille?« Ihm entgegnete Dolon darauf, mit zitternden Knien: »Hektor betörte mich durch Versprechen, die mich geblendet! Er versprach, mir die stampfenden Rosse des edlen Peliden und das mit Erz beschlagene Fahrzeug zu geben; ich sollte dafür durch das schleunig enteilende nächtliche Dunkel bis in die Nähe der Feinde mich schleichen und gründlich erkunden, ob das Lager der schnellen Schiffe bewacht wird wie früher oder ob ihr bereits, von unseren Fäusten geschlagen, miteinander den Abzug erörtert und gar nicht mehr wünschet, nächtliche Wache zu halten, von bitterer Not überwältigt.« Lächeln mußte der kluge Odysseus und gab ihm zur Antwort: »Ei, da trugest du ja Verlangen nach großen Geschenken, nach den Rossen des tapferen Aiakosenkels! Für Menschen sind sie mit Mühe zu bändigen und beim Fahren zu lenken, nur für Achilleus nicht; ihn gebar ja die göttliche Mutter. Aber wohlan denn, berichte und gib mir untrüglich die Auskunft: Wo verließest beim Aufbruch du Hektor, den Hirten der Völker? Seine Bewaffnung zum Kampf, sein Gespann - wo sind sie zu finden? Posten und Lager der übrigen Troer - wie steht es mit ihnen? Was für Absichten hegt man bei euch - wünscht, ferne von Troja, ihr bei den Schiffen hier zu verbleiben oder den Rückzug anzutreten zur Stadt, nachdem ihr die Griechen geschlagen?« Ihm entgegnete Dolon darauf, der Sohn des Eumedes: »Darüber will ich dir ganz untrügliche Auskunft erteilen. Hektor bespricht sich gerade mit allen Beratern und Fürsten neben dem Grabmal des göttlichen Ilos, fern dem Getümmel. Was nun die Posten betrifft, nach denen du, Held, dich erkundigst: Keine besondere Wache beschützt und behütet das Lager. Aber an sämtlichen Feuern der Troer halten die hierfür Eingeteilten sich munter und lösen sich ab in der Wache. Nur die zahlreich aufgebotenen Hilfsvölker schlafen. Sie überlassen die Pflichten der Sicherung völlig den Troern; wohnen doch ihre Frauen und Kinder nicht in der Nähe.« Ihm gab Antwort darauf der kluge Odysseus und sagte: »Schlafen die Hilfsvölker unter den rossezähmenden Troern oder für sich allein? Das sag mir, ich möchte es wissen!« Ihm entgegnete Dolon darauf, der Sohn des Eumedes: »Darüber will ich dir ganz untrügliche Auskunft erteilen. Nach der Seeseite lagern die Karer, die bogenbewehrten Paioner, auch die Leleger, Kaukoner, edlen Pelasger; in der Richtung auf Thymbra erhielten Plätze die Lykier, mutigen Myser, die Maioner, Kämpfer zu Wagen, und Phryger, Streiter zu Roß. Doch was fragt ihr im einzelnen aus mich nach allem? Wünschet ihr euch in das Heer der Troer zu schleichen, so trafen eben erst ein die Thraker, dort, abseits, am Ende des Lagers, des Eïoneus Sohn bei ihnen, Held Rhesos, der König. Dessen Gespann ist das größte und schönste, das je ich erblickte, weißer als Schnee noch die Rosse, im Laufen so schnell wie die Winde. Auch sein Fahrzeug ist kunstreich verziert mit Gold und mit Silber. Golden und riesig groß sind die Waffen - ein Anblick zum Staunen! -, die er mitführt; eigentlich stünde es sterblichen Helden gar nicht an, sie zu führen, nur den unsterblichen Göttern. Aber jetzt bringt mich hin zu den schleunig fahrenden Schiffen oder schlagt mich in sichere Bande und laßt mich zurück hier, während ihr selber vordringt und an der Wirklichkeit prüfet, ob ich der Wahrheit gemäß berichtet oder gelogen.« Finsteren Blickes maß ihn der Held Diomedes und sagte: »An ein Entkommen, Dolon, brauchst du nicht zu denken, auch wenn du wahr uns berichtet - nachdem du in unsere Hände gefallen! Gäben wir frei dich für Lösegeld oder ließen dich laufen, kämst du doch später gewiß zu den schnellen Schiffen der Griechen, entweder als ein Späher oder zu offenem Kampfe. Mußt du sterben jedoch, von meinen Fäusten bezwungen, wirst du niemals wieder Verderben bereiten den Griechen.« So sprach er. Der Gefangene streckte die fleischige Rechte flehend zum Kinn ihm. Doch kraftvoll durchtrennte ihm Held Diomedes mit dem Schwerte den Nacken, zerschnitt die doppelten Sehnen. Aufschrie Dolon, dann rollte sein Haupt auf den staubigen Boden.“ [Homer: Ilias. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 4931 (c) Aufbau-Verlag]. Nach der Ermordung des Dolon schlichen Diomedes und Odysseus in das Lager der Thraker, töteten zwölf schlafende Krieger und den König, raubten die herrlichen Pferde und den goldenen Wagen und kehrten in ihr Lager zurück. Die dem Dolon geraubten Waffen opferten sie der Athene. 11. Gesang 396ff. Brutal tobte die Schlacht vor den Toren Troias. Diomedes traf mit seinem Speer Hektor, verletzte ihn aber dank Apollon nicht, dennoch wurde Hektor bewusstlos. Paris traf aus dem Hinterhalt Diomedes mit einem Pfeil am Fuß. Odysseus trat zu ihm und zog ihm das schmerzhafte Geschoß aus der Ferse. Diomedes zog sich mit seinen Kriegern zurück; 401ff: „Einsam blieb Odysseus zurück, der Meister im Speerwurf. Keiner der Griechen verharrte bei ihm, Furcht scheuchte sie alle. Unwillen packte ihn; er, der Mutige, sprach zu sich selber: »Ach, was soll aus mir werden? Entsetzlich, sollte ich angstvoll vor der Überzahl fliehen - noch schlimmer, vereinzelt, in ihre Hände geraten! Zeus trieb ja von dannen die andern Argeier! Aber wie kommt mein liebes Herz auf solche Gedanken? Sicher weiß ich, daß Feiglinge vor dem Kampfe sich drücken, wer sich jedoch zu den Tapferen rechnet, in jeglicher Lage aushalten muß, entweder erliegen oder erlegen!« Während er dies noch erwog, im Streit von Verstand und Empfindung, zogen heran die Reihen der schildgewappneten Troer und umzingelten ihn, ihr eignes Verderben sich schaffend. Wie wenn rings um den Eber sich Meute und rüstige Jäger tummeln, doch der Gejagte aus tiefem Dickicht hervorbricht, wetzend die leuchtenden Hauer zwischen den Kiefern, von allen Seiten sie auf ihn stürzen, worauf er knirscht mit den Waffen, sie ihm, so furchtbar er ist, doch standhalten, ohne zu zaudern: derart umstürmten die Troer den Liebling des Zeus jetzt, Odysseus. Dieser traf als ersten den edlen Dëiopites, hoch an der Schulter, im Anspringen mit der schneidenden Lanze. Darauf streckte er Ennomos, mit ihm Thoon zu Boden. Dem Chersidamas, der eben vom Wagen herabsprang, durchbohrte er am Nabel den Leib mit dem Speere, unter dem Schilde. Jener sank in den Staub und krallte die Hand in den Boden. Liegen ließ Odysseus die Toten, er traf mit der Lanze Charops, den Sohn des Hippasos, den Bruder des steinreichen Sokos. Eilend kam ihm der götterähnliche Sokos zu Hilfe, stellte sich dicht vor Odysseus und richtete an ihn die Worte: »Weithin berühmter Odysseus, in Arbeit und List unermüdlich, heute wirst du dich rühmen des Söhnepaars des Hippasos, solchen Helden Leben und Rüstung entrissen zu haben - oder auch selber erliegen, von meiner Lanze getroffen!« Derart sprach er und traf ihm den allseitig deckenden Schutzschild. Durch die schimmernde Schutzwehr fuhr die wuchtige Lanze, war auch durch den kunstvoll geschmiedeten Panzer gedrungen, schälte Odysseus die Haut von den Rippen. Doch Pallas Athene hemmte den Speer, er verschonte die Eingeweide des Helden. Nicht zum tödlichen Ziel gelangte die Waffe; Odysseus merkte es, wich zurück und sagte zu Sokos die Worte: »Ha, du Elender, dich ereilt nun jähes Verderben! Freilich, du setzest ein Ende meinem Kampf mit den Troern; dich überrumpelt, verspreche ich dir, der düstere Tod durch mich, noch heute; du opferst, von meinem Speere bezwungen, mir den Ruhm, die Seele dem Hades, dem rosseberühmten!« Derart sprach er, und Sokos versuchte zu fliehen. Doch während er sich wandte, stieß ihm Odysseus den Speer in den Rücken, zwischen den Schultern, und trieb zur Brust heraus ihm die Spitze. Dröhnend schlug er zu Boden. Der edle Odysseus frohlockte: »Sokos, Sohn des Hippasos, des tapferen Rossebezwingers, früher als mich traf dich der Tod, du entschlüpftest ihm gar nicht! Ha, du Elender - Vater und würdige Mutter, sie werden nie dir im Tode die Augen schließen, nein, Aasvögel werden flatternd um dich sich drängen und dich zu Stücken zerreißen. Mich, als Toten, bestatten die edlen Achaier in Ehren!« Damit zog er die wuchtige Lanze des tapferen Sokos aus dem eigenen Leib und aus dem gebuckelten Schilde. Gleich darauf schoß Blut aus der Wunde und schwächte den Körper. Als die mutigen Troer das Blut des Odysseus erblickten, mahnten sie laut einander und stürzten sich auf ihn gemeinsam. Langsam wich er zurück und rief die Gefährten zu Hilfe. Dreimal stieß er den Hilferuf aus, so laut er nur konnte, dreimal hörte den Ruf Menelaos, der Liebling des Ares, und sprach gleich zu dem neben ihm stehenden Aias die Worte: »Zeusentsprossener Sohn des Telamon, Heerführer Aias, mir zu den Ohren drang der Schrei des Dulders Odysseus, ganz so, als hätten allein ihn die Troer in tobender Feldschlacht abgeschnitten und setzten ihm zu in stürmischem Angriff. Gehen wir durch das Getümmel! Ihm helfen, das ist das Beste. Daß ihm nur ja nichts zustößt, allein inmitten der Troer, ihm, dem tapfren, und dann ihn die Danaer schmerzlich vermissen!« Damit ging er voran, ihm folgte der göttliche Aias. Und sie fanden Odysseus, den Liebling des Zeus; ihn umschwärmten rings die Troer, wie rötlich-gelbe Schakale der Berge einen verwundeten Hirsch, den mit dem Pfeil von der Sehne anschoß der Jäger; zwar konnte er diesem im Laufe entrinnen, während noch warm das Blut entströmte, die Glieder sich regten; aber nachdem ihn der eilende Pfeil vollständig ermattet, wollen Schakale ihn, Aasverschlinger der Berge, im dunklen Hain zerreißen; ein Daimon leitet den gierigen Löwen her, die Schakale zerstieben, den Hirsch zerreißt jetzt der Löwe: so umschwärmten den tapferen, listigen Helden Odysseus zahlreiche mutige Troer; doch immer erneut unternahm er Ausfälle mit dem Speer, schob auf die Stunde des Todes. Da kam Aias heran, hielt vor sich den turmgroßen Schutzschild, trat ihm zur Seite und vor ihn; von dannen stoben die Troer. Held Menelaos geleitete an den Händen Odysseus aus dem Kampf, bis der Lenker sich mit dem Gespanne genähert.“ [Homer: Ilias. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 4958, Aufbau-Verlag]. 14. Gesang. Die Kriegsbestie Ares schlägt wieder zu. Die Troier bedrängen die Griechen gefährlich. Der Graben und die Schutzmauer, die die Griechen um ihr Lager errichtet haben, wurden bereits gestürmt. Viele der besten Griechen waren verwundet. Der weise Nestor empfahl König Agamemnon den Rückzug. Agamemnon scharte die Führer der Griechen um sich und erklärte ihnen, dass Zeus sich offensichtlich auf die Seite der Troianer gestellt habe. Für die Nacht empfahl er die Flucht. Odysseus war dagegen; 82ff: „Finsteren Blickes maß ihn der kluge Odysseus und sagte: »Sohn des Atreus, was für ein Wort entwich dir den Lippen! Elender, einem Heer von Feiglingen gib doch Befehle, aber gebiete nicht uns! Denn uns hat Zeus es beschieden, seit der Jugend, hinein bis ins Alter, leidige Kämpfe auszufechten, bis auch der letzte dem Tode anheimfiel. Aufgeben willst du tatsächlich die Stadt der geräumigen Straßen, Troja, um derentwillen wir so viel Mühsal ertrugen? Schweig nur! Kein andrer Achaier soll diesen Vorschlag vernehmen, wie ihn schwerlich ein Mann je wagte im Munde zu führen, der, was die Lage erfordert, klug zu erörtern verstünde und ein Zepter trüge und dem so zahlreiche Völker fest vertrauten, wie du sie befehligst im Kreis der Argeier! Nunmehr muß ich für deinen Vorschlag heftig dich tadeln, der du Befehl gibst - noch toben Kampf und Getümmel! -, die festen Schiffe ins Wasser zu ziehen, damit noch besser den Troern alles nach Wunsch geht, obwohl sie jetzt schon die Oberhand haben, uns jedoch ein plötzlicher Untergang trifft. Denn die Griechen werden nicht länger standhalten, zieht man die Schiffe ins Wasser, sondern sich umschauen, angstvoll, die Lust zum Kampfe verlieren. Damit dürfte dein Rat uns vernichten, Gebieter der Völker!«“ [Homer: Ilias. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5055 (c) Aufbau-Verlag]. Poseidon, der Meeresgott, beobachtete das Treiben, trat in der Gestalt eines alternden Mannes vor Agamemnon, erklärte ihm, dass nicht alle Götter die Griechen verlassen haben und stürmte, brüllend wie zehntausend Männer, in den Kampf. Zeus saß auf dem Berg Ida und beobachtete den Kampf. Hera flog herbei und verführte mit süßer Hilfe der Aphrodite ihren Gemahl und ließ ihn in heftig schöner Umarmung den Krieg vergessen. Mit dieser Unterstützung von Hera und dem Kampfesmut des Poseidon konnten die Griechen die Troier in die Flucht schlagen. 23. Gesang. Odysseus nahm an den Leichenspielen für Patroklos teil. Der Ringkampf mir dem großen Aias ging unentschieden aus. Im Laufen siegte er mit Hilfe der Athene über den kleinen Aias (sie ließt ihn in Kuhmist ausrutschen und stürzen) und über den Antilochos. …… G. Die Amazonen griffen in den Kampf um Troia ein. Achilleus tötete im Zweikampf Penthesilea, die Königin der Amazonen. Thersites, der hinterlistig und geschwätzige Nichtsnutz, schlich herbei und stach der Toten ein Auge aus. Dafür erhielt er von Achilleus eine achilleische Ohrfeige, eine Ohrfeige, die ihm das Leben nahm, ihn in den Hades beförderte. Odysseus entsühnte Achilleus für diese Tötung. …… Nach dem Tod des Achilleus, ein von Apollon zielgelenkter vergifteter Pfeil des Paris hatte ihn an der Ferse getroffen, kämpften Troianer und Griechen verbissen um den Leichnam. Aias gelang es den toten Achilleus aufzuheben und ihn vom Schlachtfeld zu tragen, während Odysseus die Troianer brutal kämpfend zurückhielt und dem Aias Deckung gab. Als durch Trug der Richter oder den Einfluß der Athene die Waffen des Achilleus dem Odysseus zugesprochen wurden, wurde Aias durch diese Schande wahnsinnig und erschlug die Rinder der Griechen. Er glaubte die ungerechten Richter vor sich zu haben. Wieder bei Sinnen beging er vor Scham Selbstmord mit dem Schwert, das Hektor ihm einst schenkte. Odysseus zürnte aber seinem ehemaligen Gegner nicht. Gegen den Willen von Agamemnon und Menelaos, sie wollten den Leichnam des Aias den Hunden zum Fraß vorwerfen, erhielt er auf bitten des Odysseus eine einem großen Kämpfer angemessene Bestattung (Lies den „Aias“ des Sophokles.). …… Odysseus hatte Palamedes nie vergessen, dass dieser, als er bei der Rekrutierung zum troianischen Krieg den Schwachsinnigen spielte, von ihm überlistet wurde und in den Krieg ziehen musste. Er hasste ihn deswegen. Vor Troia rächte er sich unwürdig und verwerflich schändlich. Er erzählte Agamemnon, dass er im Traum gewarnt worden sei und verlangte die Verlegung des Lagers für einen Tag. Agamemnon ließ das Lager verlegen. Odysseus vergrub dort, wo das Zelt des Palamedes stand, eine Summe Gold. Dann schrieb er einen Brief an Palamedes in dem ihm für den Verrat der Griechen weiteres Geld angeboten wurde und unterschrieb mit Priamos. Den Brief gab er einem gefangenen Troianer, schickte ihn damit zu Priamos, ließ ihn aber nach kurzem Weg ermorden. Die Griechen kamen am nächsten Tag zurück, fanden den toten Troianer, den Brief und Palamedes wurde des Verrates angeklagt. Er wies alles von sich, aber Odysseus lieferte den falschen Beweis, das eigenhändig vergrabene Gold. Agamemnon, einem ehrlosen Verbrecher gutgläubig glaubend, übergab den Unschuldigen den Soldaten zur Steinigung. Für Soldaten war gehorchen die oberste Norm, sie erschlugen Palamedes. Odysseus …. (Dieser Vorfall galt in der späteren Literatur und in der gesamten griechisch-römischen Rechtssprechung als Paradefall eines Justizmordes.). Als Nauplios, der Vater des Palamedes, erfuhr, dass sein Sohn durch eine angeordnete Steinigung ermordet wurde, fuhr er nach Troia um von den Griechen Genugtuung zu verlangen; er wurde abgewiesen. Aus Rache besuchte er auf der Rückfahrt die Ehefrauen von Agamemnon, Idomeneus und Diomedes und reizte sie durch Ausstreuen von Gerüchten zur Untreue. Als die nach dem Untergang von Troia heimkehrenden Griechen am Kap Kaphereus in einen Sturm gerieten, ließ Nauplios zudem falsche Feuersignale anzünden. Fast alle Schiffe zerschellten an den Klippen, die wenigen Seeleute die mit Mühe noch das rettende Land erreichten, ließ er erschlagen und in das Meer zurückwerfen. Die ungerechte Hinrichtung seines Sohnes war fürchterlich gerächt. (Diese Rache eines Vaters war in der antiken Literatur ein beliebtes Motiv. Noch heute heißt der Berg über Nauplia Palamidi.) …… Odysseus und Diomedes gelang bei einem Erkundungsmarsch ein großer Fang: Helenos, der Sohn des Priamos und bekannte Seher. Helenos hatte sich grollend auf den Berg Ida zurückgezogen, weil die Troier nach dem Tod des Paris dessen Gattin Helena nicht ihm, sondern seinem Bruder Deiphobos zugesprochen hatten. Offensichtlich ohne Zwang offenbarte er den Griechen die Orakel über das Schicksal seiner Stadt. Troia werde erst erobert werden, wenn - das Palladion aus der Stadt gestohlen werde, - Pelops Gebeine nach Troia gebracht würden, - Neoptolemos, der noch knabenhafte Sohn des Achilleus vor Troia mitkämpfe und - der ausgesetzte Philoktetes mit dem Bogen und den Pfeilen des Herakles sich wieder dem griechischen Heer anschließe. Sofort wurden Männer beauftragt die Gebeine des Pelops nach Troia zu bringen. …… Odysseus und Diomedes schlichen in der Nacht in die Stadt Troia und stahlen das Palladium: „Jegliche Hoffnung auf Sieg in dem Kriege setzten die Griechen stets auf die Hilfe der Pallas. Aber seitdem der verruchte Sprößling des Tydeus, der Anstifter auch von Verbrechen, Odysseus, dreist auf der Höhe der Burg die Wächter erschlugen, Minervas schicksalsträchtiges Bildnis heraus aus dem Heiligtum rissen, hastig das Weihestück fortrafften und mit den blutigen Händen schamlos die Binden berührten, den Schmuck des göttlichen Mädchens, schwand und zerrann allmählich die Hoffnung der Danaer, ihre Kräfte waren gelähmt, die Göttin zur Feindin geworden. Pallas bestätigte das durch Wunder, die niemand bezweifelt.“ [Vergil: Lied vom Helden Aeneas 2,163ff. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 17572 (c) Aufbau-Verlag]. HYPERLINK "http://de.academic.ru/dic.nsf/dewiki/1443487" INCLUDEPICTURE "http://de.academic.ru/pictures/dewiki/100/diomedes_odysseus_palladion_louvre_k36.jpg" \* MERGEFORMATINET Odysseus und Diomedes stehlen das Palladion von Troja. Apulische rotfigurige Oinochoe aus dem Umkreis des Iliupersis-Malers, um 360-350 v. Chr., aus Reggio di Calabria. Heute im Louvre, Paris. …… Mit den Versprechen Hermione, die Tochter des Menelauos, zur Frau und die göttlichen Waffen seines Vaters Achilleus zu erhalten, gelang es Odysseus den neunjährigen Neoptolemos zur Teilnahme am Krieg gegen die Troier zu bewegen. …… Erst Sophokles erfand mit seiner Tragödie „Philoktet“ die Wiederaufnahme des auf Lemnos ausgesetzten und fürchterlich leidenden Philoktetes in das vor Troia kämpfende Heer der Griechen. Das Stück wurde 409 v. Chr. uraufgeführt. …… Seinem Beinamen „der Listenreiche“ wurde Odysseus endgültig gerecht mit der Idee ein Hölzernes Pferd zu bauen, um die Troier zu überlisten. Epeios baute mit der Hilfe der Athene das Pferd; Odyssee 8,492ff: „Denn du besingst höchst kunstreich das bittere Schicksal der Griechen, was sie vollbrachten und litten und wie sie sich quälten, als wärest du ein Mitkämpfer oder eines Mitkämpfers Zeuge. Wechsle das Thema und singe vom Bau des hölzernen Pferdes, das Epeios mit Hilfe der Göttin Athene gezimmert, aber der edle Odysseus mit List in die Festung geschafft hat, voll besetzt mit Bewaffneten, die dann Troja zerstörten! Wenn du von diesem Ereignis kunstgerecht mir berichtest, will ich sogleich auch allen Menschen erzählen, daß gnädig dir ein Unsterblicher göttliche Sangesgabe verliehen!« Derart sprach er. Der Sänger hub an, vom Gotte begeistert, damit, wie die Argeier den Brand in ihr Zeltlager warfen und an Bord der trefflich gezimmerten Schiffe von dannen fuhren, jedoch die Schar des ruhmreichen Helden Odysseus heimlich im Bauche des Rosses hockte, inmitten der Troer, hatten es doch die Troer selbst in die Festung gezogen. Ebendort stand es, und ringsum weilten die Feinde und brachten vielerlei Ratschläge vor; drei Meinungen galten vor allen: erstens, das hohle Gebälk zu zerschlagen mit grausamem Erze, oder es, zweitens, vom Rande des Burgbergs hinunterzustoßen, oder, zum dritten, als riesiges Standbild es stehen zu lassen zur Versöhnung der Götter - was dann tatsächlich auch eintrat. Ilion sollte zugrunde gehen, sofern es das große hölzerne Pferd in sich einließ, in dem die tapfersten Griechen saßen, bereit, den Trojanern Tod und Verderben zu bringen. Weiterhin sang er, wie aus dem Hinterhalte die Griechen, aus dem Pferde, hervorbrachen und die Festung zerstörten, wie sie, verschiedenen Orts, verheerten das ragende Troja, aber Odysseus vordrang zum Hause des Dëiphobos, stürmend wie Ares, mit Menelaos, dem göttlichen Helden, wie er sich dort dem gefährlichsten Kampfe voll Wagemut stellte und am Ende auch siegte, mit Hilfe der tapfren Athene.“ ……. Odysseus saß natürlich mit den besten griechischen Kämpfern im Bauch des hölzernen Pferdes. Die Troianer, irregeleitet, zogen es in die Stadt. Helena, misstrauisch, schlich um das Ungetüm aus Holz und ahmte die Stimmen der Ehefrauen der besten Griechen nach: „Eine Gefahr - und welche! - bestand er auch, der Beherzte, in dem hölzernen Pferde, in dem wir allesamt saßen, wir, die Fürsten der Griechen, den Troern zu Tod und Verderben. Dorthin begabst du dich, Helena; sicherlich trieb dich zu diesem Handeln ein Daimon, der Ruhm den Troern zu spenden gedachte. Held Dëiphobos begleitete dich, der göttliche Streiter. Dreimal umschrittest du das Versteck in der Höhlung, befühltest rings mit den Fingern das Holz und riefest, indem du die Stimmen ihrer Gemahlinnen annahmst, die griechischen Helden bei Namen. Ich und der Sprößling des Tydeus und der edle Odysseus saßen inmitten des hölzernen Rosses und hörten dein Rufen. Aufspringen wollten sogleich Diomedes und ich in der Absicht, auszusteigen oder von innen den Ruf zu erwidern. Aber Odysseus hielt uns zurück in dem törichten Streben. Lautlos hockten auf ihren Plätzen die Söhne Achaias. Held Antiklos als einziger wollte dir Antwort erteilen. Aber mit kräftigen Händen preßte der kluge Odysseus fest ihm den Mund zu und rettete dadurch alle Achaier. Solange hielt er ihn fest, bis Athene dich wieder entfernte.« [Homer: Odyssee. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5531 (c) Aufbau-Verlag]. …… In der Dunkelheit der Nacht sprangen die Griechen aus dem Pferd, setzten Troia in Brand, zerstörten was sie vorfanden, wüteten wie wahnsinnig und ermordeten, wer nicht in den Häusern verbrannte. Nur wenige konnten der Blutrünstigkeit und den Flammen entkommen. Trotz des grauenvollen Gemetzels erinnerte sich Odysseus an seine Mission vor dem Beginn des Krieges, als er gemeinsam mit Menelaos mit Priamos um die Freigabe der Helena verhandelte und von den Troern mit dem Tod bedroht wurde. Antenor hatte ihn damals freundlich in sein Haus aufgenommen, fürstlich bewirtet und ihm Schutz durch seine bewaffneten Söhne geboten. Odysseus vergaß den Dank nicht und hängte gemeinsam mit Menelaos ein Pantherfell an die Haustüre des alten Mannes zum Zeichen, dass dieses Haus nicht zerstört werden darf. Zudem rettete er zwei von Antenors Söhnen; den Helikaon, der im Kampf verletzt wurde, trug Odysseus sogar aus der brennenden Stadt; Pausanias 10,26,7f. Troia brannte bis auf die Grundmauern nieder. Die Bevölkerung war tot, einige Frauen wurden gefangen, einige Männer konnten flüchten. ODYSSEUS NACH DER ZERSTÖRUNG VON TROIA G. Nach dem Fall der Stadt wurde über die Gefangenen schonungslos verfügt. Auf Beschluss der Griechen wurde Polyxena, eine Tochter von Hekabe und Priamos, auf dem Grab des Achilleus geopfert; Euripides Hekabe: POLYXENE kommt aus dem Zelt. O Mutter! Mutter! Was rufst du? Was meldest du Neues, so daß du mich, wie einen Vogel aus seinem Nest, mit diesem Schrecken herausgescheucht? HEKABE. O wehe, mein Kind! POLYXENE. Was klagst du um mich? Das ist mir ein trauriger Anfang! HEKABE. Dein Leben, ach! POLYXENE. Sprich es aus! Verbirg es nicht lange! In Furcht bin ich, Mutter, in Furcht, warum du so aufstöhnst. HEKABE. Ach, Kind, du Kind einer elenden Mutter! POLYXENE. Was hast du zu melden denn? HEKABE. Der gemeinsam gefaßte Beschluß der Argeier läuft darauf hinaus, dich zu opfern am Grab für den Sohn des Peleus! POLYXENE. O wehe mir, Mutter! Wie kannst du verkünden so schreckliches Unheil? Erkläre, erklär es mir, Mutter! HEKABE. Ich richte entsetzliche Botschaft aus. Man meldet mir, der Beschluß der Argeier habe entschieden über dein Leben. POLYXENE. Ach, Furchtbares mußt du erleiden, ach, alles mußt du erdulden, ach, Mutter, wie elend dein Leben! Welch bitterste, welch unsagbare Schmach hat wieder ein Daimon gebracht über dich? Ich werde nicht mehr, ich, dein Kind, nicht mehr mit dir in deinem elenden Alter, ich Elende, gemeinsam Sklavendienst leisten. Denn wie ein Junges, das in den Bergen heranwächst, ein Kälbchen, ein armes, wirst du Arme mich sehen, aus deinen Händen gerissen, die Kehle durchschnitten, hinabgesandt in das Dunkel der Unterwelt, zum Hades, wo ich inmitten der Toten, ich Unglückselige, liegen werde. Um dich nur, elende Mutter, weine ich in jammernder Klage. Mein Leben, meine Schande und Schmach, betraure ich nicht; nein, der Tod wird mir zuteil als besseres Los. CHORFÜHRERIN. Da kommt Odysseus, Hekabe, mit raschem Schritt, um eine neue Meldung dir zu überbringen. ODYSSEUS tritt auf mit Gefolge. Du kennst wohl, Frau, schon den Entschluß des Heeres und die Abstimmung; trotzdem will ich dir melden noch: Dein Kind Polyxene beschlossen die Achaier zu opfern an dem hohen Grabmal des Achilleus. Uns setzten als des Mädchens Führer und Begleiter sie ein; und als der Herr und Priester dieses Opfers soll des Achilleus Sohn darüber wachen. Was du tun mußt, weißt du: Laß dich nicht gewaltsam trennen und wage keine Tätlichkeiten gegen mich! Sieh unsre Macht und deine Schwäche; es ist klug, im Unglück auch, sich der Notwendigkeit zu beugen. [Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 3017 (vgl. Euripides-W Bd. 1, S. 154 ff.) (c) Aufbau-Verlag]. …… Odysseus erzwang bei den Griechen den Beschluss, Astyanax, den kleinen Sohn von Hektor und Andromache, zu ermorden, damit kein männlicher Nachkomme der troianischen Königsfamilie überlebe; Euripides, Die Troierinnen: TALTHYBIOS kehrt mit Bewaffneten zurück. Du, Gattin Hektors, des einst besten Troerhelden, sei mir nicht gram! Ich bringe wider Willen Botschaft, Gemeinbeschluß der Griechen und der Pelopsenkel. ANDROMACHE. Was gibt es? Unheilvoll klingt schon dein erstes Wort! TALTHYBIOS. Dein Kind, beschloß man - wie soll ich es dir nur sagen? ANDROMACHE. ... soll etwa nicht den gleichen Herrn wie ich bekommen? TALTHYBIOS. Kein Grieche wird je Herr sein über dieses Kind. ANDROMACHE. Sie wollen hier als letzten Phrygersproß ihn lassen? TALTHYBIOS. Ich weiß nicht, wie ich faßlich dir das Bittre sage. ANDROMACHE. Die Rücksicht lobe ich - nur ein Wort nicht: das Bittre! TALTHYBIOS. Sie wollen - hör das Furchtbare! - dein Kind erschlagen. ANDROMACHE. Oh! Das ist schlimmer als das Joch der neuen Ehe! TALTHYBIOS. Im Rat der Griechen hat Odysseus durchgesetzt, ... ANDROMACHE. Weh! Ohne Grenzen ist das Leid, das wir erdulden! TALTHYBIOS. ... man solle nicht den Sohn des Tapfersten erziehen, ... ANDROMACHE. Er setze das für seine eignen Kinder durch! TALTHYBIOS. ... nein, ihn, zum Tod, herab von Trojas Mauern stürzen! So muß es denn geschehn. Zeig dich nur klug und sträube dich nicht dagegen, trag mit Würde deinen Kummer und wähne nicht, in deiner Ohnmacht, du seist stark! Du hast doch keinen Schutz. Bedenke deine Lage: Die Stadt, dein Gatte ist dahin, du selbst gefangen - wir aber können gegen eine Frau wohl kämpfen. Aus diesem Grunde trachte nicht nach Streit und meide ein schmähliches, nur Haß erweckendes Benehmen. Ja schleudre Flüche nicht einmal den Griechen zu! Denn sagst du, was das Heer dir übelnimmt, so würde dem Sohne weder Grab noch Mitleid nur zuteil. Doch schweigst du und ergibst dich klug in dein Geschick, so wirst du seinen Leib nicht unbestattet lassen, wirst selbst die Griechen freundlicher gesonnen finden. ANDROMACHE. Mein Kind, mein Liebstes, das mir über alles geht, du sollst verlassen deine Mutter, sollst verderben durch Feindeshand. Der Adel deines Vaters soll dich töten, der für andre Rettung nur gebracht. Des Vaters Größe ist dir nicht zum Glück gediehen. O meine Unglücksehe, meine Unglückshochzeit, durch die ich eingetreten einst in Hektors Haus, nicht, meinen Sohn als Griechenopfer zu gebären, nein, als den Herrn des früchtereichen Asiens! Mein Kind, du weinst. Empfindest du dein bittres Los? Was greifst nach mir du, klammerst dich an mein Gewand, ein Vogeljunges, schmiegend dich an mein Gefieder? Nicht Hektor kommt und hält den Ruhmesspeer gepackt, der Unterwelt entstiegen, dir die Rettung bringend - nicht deines Vaters Sippe - nicht das Heer der Phryger. Im Todessprung, kopfüber, wirst herab du stürzen, erbarmungslos, und deine Lebenskraft zerschmettern. Du Kind in meinem Arm, du Liebstes deiner Mutter, du süßer Duft des Leibes! Ohne Sinn hat dich in deinen Windeln meine Brust genährt, umsonst hab ich gesorgt, in Mühsal aufgerieben mich. Zum letzten Male nun hab deine Mutter lieb! Komm dicht zu mir, die dich gebar - schling deine Ärmchen mir um den Hals und drücke deinen Mund auf meinen! Barbarengreuel dachtet ihr euch aus, ihr Griechen - was tötet ihr dies Kind, das völlig schuldlos ist? [……] TALTHYBIOS zu dem Kinde. So komme, mein Kind, verlasse die traute Umarmung der elenden Mutter, steige hinan den Turm deiner Väter zur höchsten Zinne: Dort sollst du - so wurde das Urteil gesprochen - dein Leben verlieren. Wendet sich ab. Nehmt ihr ihn! Die Bewaffneten ergreifen das Kind. [Euripides: Die Troerinnen. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 3326 (c) Aufbau-Verlag]. …… Die Apollonpriesterin und Seherin Kassandra, eine Tochter des Priamos, suchte im Tempel der Athene Schutz vor den mordenden Griechen und betete vor dem Standbild der Göttin. Der Lokrier Aias zerrte sie vom Altar und wollte sie missbrauchen. Dabei stürzte das Bildnis der Göttin zu Boden. Um diesen entsetzlichen Frevel zu sühnen verlangte Odysseus die sofortige Steinigung des gottlosen Täters. Aias umfasste in Panik das am Boden liegende Bild der Göttin und bat um Vergebung. Die Griechen verziehen ihm. Ein gewaltiger Fehler, denn Athene, die bisher immer auf der Seite der Griechen gestanden war, wandte sich erzürnt von ihnen ab und strafte sie mit einem Sturm, der einen großen Teil der heimkehrenden Flotte vernichtete; Euripides, Die Troierinnen: ATHENE tritt auf. Darf ich an dich, der meinem Vater nächst verwandt und hochgeehrt im Götterkreis als großer Daimon, mein Wort jetzt richten, wo ich altem Haß entsagt? POSEIDON. Du darfst es. Fesseln doch, Gebieterin Athene, Verwandtschaftsbande Herzen innig aneinander. ATHENE. Die Güte lob ich. Was ich zu besprechen habe, berühret dich und mich in gleicher Weise, Herr. POSEIDON. Willst du mir etwa neue Botschaft von den Göttern, von Zeus, von irgendeinem der Daimonen bringen? ATHENE. Nein. Wegen Ilion, auf dessen Grund wir stehen, kam ich zu dir, mit deiner Macht mich zu verbünden. POSEIDON. So hast du deinen alten Groll verworfen, fühlst jetzt Mitleid mit der Stätte, die in Flammen aufgeht? ATHENE. Komm hierauf erst zurück: Willst du mit mir besprechen, mit mir zusammen tun, was ich vollführen möchte? POSEIDON. Jawohl. Doch wüßt ich deine Absicht gern: Willst du für Griechen oder für Trojaner dich verwenden? ATHENE. Den früher mir verhaßten Troern will ich Freude, dem Heer der Griechen eine bittre Heimkehr spenden. POSEIDON. Was springst du so zu ständig andrer Denkart um und haßt und liebst so heftig aufs Geratewohl? ATHENE. Du weißt doch, daß man mich entweiht und meine Tempel? POSEIDON. Ich weiß - als Aias mit Gewalt Kassandra fortriß. ATHENE. Und ungestraft, ja ungerügt von den Achaiern! POSEIDON. Obwohl sie Ilion dank deiner Kraft zerstörten! ATHENE. Dafür will ich, mit dir im Bunde, sie verderben! POSEIDON. Für deinen Wunsch steh ich bereit. Was willst du tun? ATHENE. Mit Unglück will ich sie auf ihrer Heimfahrt schlagen. POSEIDON. Noch auf dem Festland - oder auf der Salzflut erst? ATHENE. Wenn sie von Ilion in ihre Heimat segeln. Zeus wird gewalt'gen Regenguß und Hagelschlag entsenden und der Lüfte düstres Sturmgeheul. Mir hat versprochen er den Donnerkeil, die Griechen zu treffen, ihre Schiffe mit dem Brand zu tilgen. Was dich angeht, so laß die Aigeusflut erbrausen in dreifach hohen Wogen und in salz'gen Strudeln, mit Toten fülle an Euboias Klippenbucht, auf daß die Griechen für die Zukunft Ehrfurcht lernen vor meinen Tempeln, Scheu auch vor den andern Göttern. POSEIDON. So sei es. Mein Gewähren braucht nicht viele Worte. In Aufruhr will des Aigeusmeeres Flut ich stürzen. Der Strand von Mykonos, die Riffe auch von Delos, und Skyros, Lemnos und das Kap von Kaphereus, sie sollen die Ertrunkenen in Menge bergen. Begib dich zum Olymp, empfang die Blitze aus des Vaters Hand und warte auf den Augenblick, in dem die Griechenflotte ihre Segel setzt! Ein Narr ist jeder Mensch, der Städte auslöscht, Tempel und Gräber, heil'ge Plätze der Entschlafenen, veröden läßt und selbst danach zugrunde geht. Beide ab. [Euripides: Die Troerinnen. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 3297 (vgl. Euripides-W Bd. 2, S. 8 ff.) (c) Aufbau-Verlag] Dem Odysseus, der den Sühnetod des Aias verlangt hatte, blieb sie treu verbunden. ………………………………………… DIE IRRFAHRTEN DES ODYSSEUS H. Hekuba, die Gemahlin des Priamos, wurde Odysseus als Kriegsbeute zugesprochen. Mit der Königin und vielen Schätzen segelten die 12 Schiffe des Odysseus vom „Ort des Ruhmes“ ab. Nach kurzer Fahrt landeten sie in Thrakien, im Königreich der Bistoner, und wurden von König Polymestor freundlich empfangen. Hekabe, sie hatte vor Beginn des Krieges Polydoros, ihren Jüngsten, ausgestattet mit reichen Goldgeschenken, dem Schutz des Polymestor anvertraut und hoffte nun ihn als einzigen überlebenden Sohn wieder zu sehen. Polymestor hatte den Knaben jedoch, bestochen von den Griechen, längst erstochen und den Leichnam in das Meer geworfen. Eine Dienerin fand ihn und brachte ihn Hekabe. Unsäglicher Schmerz und erzwungener Hass verwandelten die würdige Königin in eine Rachedämonin. Mit aus Hass geborener List lockte sie Polymestor und seine zwei kleinen Kinder in das Zelt der gefangenen troischen Frauen. Die Kinder wurden ermordet, dem Polymestor stachen die Frauen mit Haarnadeln die Augen aus. Der Blinde verfluchte Hekabe. Die Thraker ergriffen sie und wollten sie steinigen; Hekabe aber verwandelte sich in eine riesige feuerspeiende Hündin und verschwand im Meer. …… Mit seiner Mannschaft verließ Odysseus die Bistoner. Von starken Winden wurden sie nach Ismaros, einer Stadt der Kikoner, getrieben, eroberten die Stadt und vertrieben alle Bewohner bis auf Maron, einen Priester des Apollon, seine Gemahlin und seinen Sohn. Der schlaue Mann gab Odysseus und seinen Leuten viele Geschenke, darunter auch viel Wein; Odyssee 9,199ff: „[…..]hatten wir ihn doch verschont, samt dem Weib und dem Kinde, in frommer Ehrfurcht; er wohnte nämlich im heiligen Haine Apollons. Dafür beschenkte er uns mit wertvollen, prächtigen Gaben, sieben Talenten von Gold in ganz vorzüglicher Arbeit, einem Mischkrug dazu von Silber; zu diesen noch schöpfte er zwölf Krüge mir voll mit dem reinen, lieblichen Weine, einem Getränk für Götter; [….]“. Trotz der Warnungen des Odysseus betranken sich die Männer; Odyssee 9,39ff: „Reichlich sprachen dem Weine sie zu und schlachteten Schafe, dicht am Gestade, und krummgehörnte, trottende Rinder. Doch die Kikonen, die uns entrannen, boten inzwischen ihre Landsleute auf, die weiter im Inneren wohnten, stärker an Zahl und tapferer; trefflich verstanden vom Wagen sie mit dem Feinde zu kämpfen, auch, wo es nottat, zu Fuße. Diese rückten, so zahlreich wie Blätter und Blüten im Frühling, gegen uns vor in der Frühe. Da traf des Kroniden Verhängnis uns vom Unglück Geschlagene; furchtbar mußten wir büßen. Neben den schnellen Schiffen stellten zum Kampf sich die Gegner, suchten einander mit ihren ehernen Lanzen zu treffen. Während noch Vormittag war und der heilige Tag sich emporschwang, wehrten wir ab die Feinde, trotz ihrer größeren Anzahl. Als die Sonne zur Stunde des Stierausspannens sich neigte, nötigten die Kikonen siegreich uns Griechen zum Rückzug. Sechs Gefährten, trefflich gerüstet, von jedem der Schiffe fielen; wir anderen konnten dem tödlichen Schicksal entrinnen.“ …… Zeus, erzürnt über das frevelhafte Benehmen der Griechen, schickte einen fürchterlichen Sturm der den Booten die Segel zerriss. Gerade als sie, in panischer Angst heftig rudernd, am Kap Malea an der Südspitze des Peloponnes anlegen wollten, erhob sich ein fürchterlicher Nordwind und blies sie neun Tage gegen Süden. Völlig erschöpft und in Todesangst zogen sie in Libyen, im Land der Lotophagen, ihre Boote an das Land; Odyssee 9,82ff: „Weiterhin trieb ich, neun Tage hindurch, vor schrecklichen Stürmen über die fischreiche See. Wir erreichten am zehnten die Küste der Lotophagen, die nur pflanzliche Nahrung genießen. Wir betraten das Festland und schöpften uns Wasser, und meine Freunde verzehrten sogleich bei den schnellen Schiffen die Mahlzeit. Als wir uns alle gesättigt hatten an Trank und an Speise, sandte ich einige Leute ins Innre; sie sollten erkunden, wer in dem Lande lebte und von Getreide sich nährte; zwei Mann wählte ich aus, dazu den dritten als Herold. Kurz nach dem Aufbruch bereits erreichten sie die Lotophagen. Diese führten jedoch durchaus nichts Böses im Schilde gegen die Unseren, sondern ließen vom Lotos sie kosten. Jeder freilich, der einmal genascht von den leckeren Früchten, möchte nicht mehr Bericht erstatten und heimwärts sich wenden, sondern an Ort und Stelle verbleiben bei den Lotophagen, ständig nur Lotos rupfend, und gar nichts von Heimfahrt mehr wissen. Nur mit Gewalt - sie weinten! - brachte ich sie zu den Schiffen, zog sie an Bord und band sie unter die Balken des Deckes. Danach befahl ich den anderen teuren Gefährten, sich gleichfalls schnell zu begeben an Bord der eilenden Fahrzeuge; keiner sollte vom Lotos mehr kosten und auf die Heimfahrt verzichten. Schleunigst stiegen sie ein und nahmen Platz an den Dollen, peitschten in ihren Reihen die schäumende See mit den Rudern. Weiterhin fuhren wir über das Meer mit bekümmertem Herzen.“ …… Nach mehreren Tagen erreichte Odysseus das Land der Kyklopen (Sizilien). Ein barbarisches Volk ohne Gesetze lebte dort, groß wie Riesen waren sie und einäugig. Sie kannten keine Gesetze, lebten in Willkür und bewohnten riesige Felshöhlen an den Abhängen der Berge. Alle männlichen Kyklopen waren Söhne des Poseidon. Die Schiffe des Odysseus legten an einem Hafen nahe einer Insel an; Odyssee 9,140f: „Klares Wasser entquillt, landeinwärts, am Ende des Hafens, einer felsigen Höhlung; Schwarzpappeln ragen im Umkreis. Ebendort landeten wir.“ (Heute ist man sich sicher, dass es sich bei dieser Quelle um die Quelle Arethusa auf der Insel Ortygia bei Syrakus handelt.) Nach drei Tagen Rast und gutem Schmaus, auf der Insel hatten sie viele wilde Ziegen gefangen, teilte Odysseus seine Mannschaft und fuhr mit einem Schiff auf die Suche nach Menschen und fand den Kyklopen Polyphem; Odyssee 9,181ff: „Als in der Frühe die rosenfingrige Eos sich zeigte, rief ich meine Gefährten zusammen und sagte zu ihnen: 'Bleibet jetzt hier, ihr anderen teuren Gefährten! Ich selber möchte mit meinem Schiffe und meiner Besatzung die Insel der Kyklopen besuchen und ihre Bewohner erkunden: Sind sie Verbrecher und Wilde und Feinde des rechtlichen Handelns oder Bewahrer des Gastrechts und dienen voll Ehrfurcht den Göttern?' Damit ging ich an Bord und befahl auch meinen Gefährten, einzusteigen und die haltenden Taue zu lösen. Sie auch gingen sogleich an Bord und besetzten die Bänke, peitschten in ihren Reihen die schäumende See mit den Rudern. Wir erreichten die nahe gelegene Insel und sahen vorn an der Küste, dicht am Meere, eine sehr hohe Grotte, von Lorbeer beschattet. Dort pflegte zahlreiches Kleinvieh, Schafe und Ziegen, nächtlich zu lagern. Die ragende Mauer ringsum war errichtet aus tief vergrabenen Steinen, mächtigen Fichten und Eichen mit hohen, laubreichen Kronen. In der Höhle lebte ein Riese, der ständig die Herden für sich allein auf die Weiden trieb. Er verkehrte mit andern gar nicht, er hauste gesondert und billigte keinerlei Satzung. Einen erstaunlichen Anblick gewährte der Unhold, nicht einer, der sich vom Brote ernährt, nein, ein bewaldeter Gipfel mitten im hohen Gebirge, der einsam vor allen emporragt. Nunmehr erteilte ich Weisung den übrigen teuren Gefährten, dort bei dem Schiffe zu bleiben und streng zu bewachen das Fahrzeug. Zwölf, die Tüchtigsten, wählte ich mir und begab mich landeinwärts, hatte den ziegenledernen Schlauch dabei mit dem dunklen köstlichen Wein, den Maron mir gab, [….].“ Nach einer kurzen Wanderung; Odyssee 9,216ff: „Wir erreichten geschwind die Höhle, doch fanden den Riesen nicht zu Hause; er weidete schon die üppigen Herden. Und wir betraten die Grotte und musterten alles mit Staunen. Horden waren mit Käse belastet, und Lämmer und Böckchen drängten sich wimmelnd in Buchten; gesondert waren in Pferchen jeweils die älteren Schafe, die Tiere mittleren Alters und die erst kürzlich geworfenen. Schwappend füllte die Molke alle Gefäße, Eimer und Bütten, in die er zu melken pflegte. Da baten zuerst mich flehentlich meine Gefährten, Käse zu nehmen und dann zu gehen, doch schließlich, in Eile Böckchen und Lämmer heraus aus den Ställen zu treiben zum schnellen Schiffe und fort mit der Beute über die Salzflut zu segeln. Aber ich gab nicht nach - und es wäre doch besser gewesen! -, wollte den Riesen noch sehen und seine Bewirtung erfahren. Gar nicht willkommen sollte er meinen Gefährten sich zeigen!“ Odysseus und seine Gefährten labten sich am Käse, versteckten sich in der Höhle und warteten. Polyphem kam zurück, versorgte seine Herden, verschloss seine Behausung mit einem riesigen Stein, bereitete sich ein Abendmahl und erspähte die vor Angst bebenden Männer. Bereitwillig gab Odysseus Auskunft über ihre Herkunft, bat um Gastfreundschaft und Schutz und erwähnte die Strafen des Zeus, des Beschützers der Schutzflehenden. Er erhielt zur Antwort; Odyssee 9,273ff: „ 'Fremdling, du bist ein Dummkopf oder von weither gekommen, wenn du mich anweist, die Götter zu fürchten oder zu scheuen! Die Kyklopen kümmern sich nicht um den Träger der Aigis, nicht um die seligen Götter; wir sind ja wesentlich stärker! Schwerlich verschonte ich dich aus Scheu vor dem Groll des Kroniden, dich und deine Gefährten, [….].“ Der Kyklop sprang auf; Odyssee 9,288ff: „ [….] und reckte die Arme nach meinen Gefährten, packte zwei und schlug sie, wie Hunde, gegen den Boden; auf den Felsgrund spritzte ihr Hirn und netzte die Erde. Glied für Glied zerlegte er sie, zum Schmaus für den Abend, schlang sie restlos hinunter, vergleichbar dem Löwen der Berge, alles, die Eingeweide, das Fleisch wie das Mark mit den Knochen.“ Heilloses Entsetzen erfasste die Männer. Der Gesättigte legte sich nieder und schlief. Odysseus dachte während der vor Angst durchwachten Nacht an Mord, doch waren sie gegenüber dem Riesen zu schwach; Odyssee 9,306ff: „Als in der Frühe die rosenfingrige Eos sich zeigte, machte der Riese sich Feuer und melkte die Schafe und Ziegen, ganz nach Gebühr, und legte den Müttern die Jungtiere unter. Als er voll Eifer die nötigen Arbeiten ausgeführt hatte, packte er wiederum zwei der Gefährten und fraß sie zum Frühstück. Nach dem Essen entfernte er leicht den gewaltigen Türstein, trieb das üppige Vieh aus der Höhle und stellte den Felsblock wieder zurück, als schlösse ein Schütz mit dem Deckel den Köcher. Unter gellendem Lockruf trieb er die prächtige Herde fort ins Gebirge. Ich blieb zurück in eifrigem Grübeln, ob ich mich rächen, Athene Erfolg mir zuschanzen könne. Folgender Plan erschien mir bei meiner Erwägung als bester: Neben den Pferchen lag des Kyklopen mächtige Keule, grün noch, vom Holze des Ölbaums. Er hatte zurecht sie geschnitten, um sie, sobald sie ausgedörrt wäre, zu tragen. Wir konnten sie dem Maste des zwanzigrudrigen Schiffes vergleichen, das die Tiefen der See überquert als geräumiger Frachter; ebenso lang und ebenso dick bot sie sich den Augen. Davon hieb ich ein Ende heraus, so lang wie die Klafter, gab den Gefährten es hin und befahl, es glättend zu schaben. Sie erfüllten den Auftrag. Ich schärfte den Pfahl an der Spitze, drehte die Spitze sodann bis zum Glühen in lodernder Flamme. Schließlich verbarg ich den Pfahl recht sorgfältig unter der Mistschicht, die den Boden der Höhle in reichlicher Stärke bedeckte. Meinen Gefährten befahl ich, das Los darüber zu werfen, wer sich entschließen sollte, mit mir dem Kyklopen die Spitze tief in das Auge zu stoßen, wenn köstlicher Schlaf ihn befallen.“ Abends kam Polyphem zurück, versorgte seine Herde und verspeiste wieder zwei Männer. Odysseus, der listenreiche, bot dem Menschenfresser köstlichen Wein an; Odyssee 9,352ff: „ Er nahm und trank und freute sich maßlos über den köstlichen Wein und verlangte aufs neue zu kosten: 'Gib mir noch einmal, gefälligst, und nenne sogleich mir auch deinen Namen: Ein Gastgeschenk will ich, zu deiner Freude, dir geben!“ Becher um Becher trank er und Odysseus nannte einen falschen Namen; Odyssee 9,365ff: „Niemand lautet mein Name. Als Niemand bezeichnen mich meine Eltern, Mutter wie Vater, und alle meine Gefährten.' Derart sprach ich, und ohne Erbarmen gab er zur Antwort: 'Aufessen will ich den Niemand als letzten im Kreise der Seinen, vorher die anderen alle; das mag dir als Gastgeschenk gelten!' Damit sank er rücklings zu Boden, bog noch den feisten Nacken zur Seite und streckte sich hin. Der Schlummer, der jeden bändigt, bezwang auch ihn.“ Die Männer schritten zur Tat und stießen dem Schlafenden den glühenden Holzspieß in sein einziges Auge. Brüllend sprang der Geblendete auf und rief die anderen Kyklopen um Hilfe. Sie erschienen vor der Höhle und fragten, ob ihn jemand ermorden wolle; Odysseus 9,406ff: „Ihnen entgegnete aus der Grotte darauf Polyphemos: 'Niemand, ihr Freunde, tötet mich listig, schon gar nicht gewaltsam!' Da erwiderten sie die flugs enteilenden Worte: 'Wenn dich denn niemand bedrängt, so allein, wie du bist in der Höhle, ist es nicht möglich, der Krankheit, die Zeus verhängt, zu entrinnen; bete zu deinem Vater Poseidon, dem Herrscher des Meeres!' Derart rieten sie ihm und gingen.“ Odysseus jubelte. Polyphem, „mit Gestöhn sich windend in stechenden Schmerzen“, öffnete die Höhle und wollte vor dem Ausgang Odysseus und seine Gefährten fangen. Der Listenreiche und seine Gefährten hängten sich aber unter fette Schafe und als sie Polyphem nach der Morgenröte aus der Höhle trieb konnten sie entweichen und zu ihrem Schiff eilen. Als sie sich in sicherer Entfernung glaubten verhöhnte Odysseus den Kyklopen. Wütend riss Polyphem dem Ätna die Spitze ab und schleuderte sie vor das Schiff. Mit aller Kraft rudernd konnten sie dem Wütenden entfliehen. Aus sicherer Entfernung gab sich Odysseus dem Geblendeten zu erkennen. Polyphem aber betete zu seinem Vater; Odyssee 9,527ff: „'Hör mich, Poseidon, dunkelgelockter Träger der Erde, bin ich tatsächlich dein Sohn und rühmst du dich meiner als Vater, mache die Heimfahrt zunichte dem Städtezerstörer Odysseus, der auf Ithaka wohnt, dem listigen Sohn des Laërtes! Soll er freilich die Lieben wiedersehen und lebend in sein stattliches Schloß und seine Heimat gelangen, kehre er spät erst heim, im Elend und ohne Gefährten, fahrend auf fremdem Schiffe, und treffe zu Hause auf Unglück!' Derart flehte er, ihn erhörte der Träger der Erde.“ Von nun an verfolgte Poseidon den Streiter Odysseus und seine Männer mit blankem Hass. (Euripides schrieb ca. 415 v. Chr. das Schauspiel „Kyklop“, mit dem er die Polyphem-Sage auf die Bühne brachte.) …… Die Schiffe des Odysseus segelten von der Kyklopeninsel weiter zur schwimmenden Insel Aiolia (eine der noch heute Aiolische Inseln genannten Inseln nördlich von Sizilien) zu König Aiolos. Aiolos war ein Freund der Götter und hatte von Zeus die Befehlsgewalt über die Winde erhalten. Friedlich lebte er mit seiner Gemahlin und seinen Sechs Töchtern und sechs Söhnen, die alle miteinander verheiratet waren, in seinem Palast und verbrachte die meiste Zeit mit Schmausen und dem Feiern von Festen. Nach einem Monat fürstlicher Bewirtung bat Odysseus um Entlassung. Zum Abschied übergab Aiolos den Männern die gebundene Haut eines neunjährigen Rindes in dem er die Bahnen aller heulenden Winde eingesperrt hatte. Nur den Zephiros, den Westwind, ließ er frei, damit er die Schiffe mit den Männern sanft der Heimat zu nach Ithaka blase. Neun Tage und Nächte stand Odysseus am Steuer, endlich erspähte er die Leuchtfeuer seiner Insel, völlig ermattet übergab er die Leitung der Schiffe und fiel in einen erholsamen Schlaf. Seine Gefährten aber fürchteten nach der Ankunft in der Heimat zu kurz zu kommen; Odyssee 10,40ff: „Zahlreiche herrliche Kleinode bringt er sich mit aus der Beute Ilions, während wir selber, die wir den Feldzug genauso mühsam bestanden, mit leeren Händen die Heimat erreichen! Jetzt verehrte ihm Aiolos großzügig auch noch aus Freundschaft dieses Geschenk! Schnell, gucken wir nach, was es eigentlich darstellt, wieviel an Gold und an Silber in diesem Schlauch sich befindet!' Derart sprach man, und Beifall fand der leidige Ratschlag. Und sie lösten den Faden; da brausten die Winde von dannen. Jählings entraffte zurück in das hohe Meer sie die Windsbraut, fort von der Heimat, wie laut sie auch weinten.“ Die nun wieder freien stürmischen Winde bliesen die Schiffe zurück bis zur Insel Aiolos. Odysseus, demütig, bat den König um Hilfe. Der früher väterlich gütige Aiolos antwortete; Odyssee 10,72ff: 'Scher dich sofort von der Insel, du Schändlichster unter den Menschen! Keinen darf ich gastlich betreuen und schützend geleiten, den die glückseligen Götter mit ihrem Hasse verfolgen. Scher dich von dannen, du kommst ja zurück, weil die Götter dich hassen!' Heftig seufzend verließ Odysseus den Palast, von der Insel wurden sie vertrieben. Sechs Tage ruderten sie ohne Winde und kamen zur steilen Festung des Lamos. …… Die Schiffe liefen in einen windgeschützten Hafen ein, Odysseus verankerte sein Schiff am Eingang des Hafens. Drei Männer schickte er aus um die Insel zu erkunden. An einem Brunnen trafen sie ein Wasser schöpfendes Mädchen und fragten sie, wer hier der König sei. Sie schickte die Drei zu einem riesigen Palast; Odyssee 10,112ff: „Sie betraten das herrliche Schloß und trafen des Königs Gattin; sie war so groß wie ein Berg. Es graute den Boten. Aus der Versammlung rief sie den Gatten sofort, den berühmten Herrscher; der wollte die Boten auf schreckliche Weise verderben. Auf der Stelle ergriff er den einen und wollte ihn fressen. Zwar entwischten die andern, erreichten auch lebend die Schiffe, aber der König erhob durch die Stadt den Alarmruf; ihn hörten die Laistrygonen und kamen, kraftvolle Riesen, von allen Seiten, in Massen, nicht Menschen vergleichbar, sondern Giganten. Steine schleuderten sie, wie kaum sie ein Sterblicher anhebt, von den Felsen herab. In der Flotte gellten die Schreie Sterbender, krachten zerschmetterte Schiffe. Man spießte die Männer auf gleich Fischen und schleppte sie fort zum gräßlichen Mahle. Während die Riesen im Kessel des Hafens die Unsern erschlugen, riß ich mein schneidendes Schwert von der Hüfte, durchhieb mit der Waffe schleunigst die haltenden Taue des düstergeschnäbelten Schiffes und erteilte sogleich den Befehl an meine Gefährten, sich in die Riemen zu legen, damit wir dem Unheil entkämen.“ Kraftvoll rudernd entflohen Odysseus und seine Gefährten mit ihrem Schiff dem Untergang. Alle anderen Schiffe wurden zerstört, die Männer erschlagen oder gebraten. …… Glücklich dem Tod entronnen, doch traurig wegen dem Verlust der vielen Gefährten, gelangten sie zur Insel Aiaia (Heute die Halbinsel Circeo etwas südlich von Rom.). Auf dieser Insel hauste Kirke, eine mächtige Göttin und Zauberin, die Tochter des Sonnengottes Helios und der Perse, der Tochter des Okeanos . Kirke liebte es die Männer genüsslich heftig mehr als nur zu bezirzen (Kirke – Circe – bezirzen) und sie nachher in Tiere zu verwandeln. Nach zwei Tagen der Erholung begab sich Odysseus auf Erkundung, bestieg eine Anhöhe und sah weit entfernt Rauch aufsteigen. Am Rückweg erlegte er einen herrlichen Hirsch, die Männer freuten sich und schmausten köstlich. Der mitgebrachte Wein sorgte für einen geruhsamen Schlaf. Als in der Früh die rosenfingrige Eos erschien beauftragte Odysseus 23 seiner noch verbliebenen Männer, unter ihnen Eurylochos als Führer, die Behausung der Menschen zu suchen. Angst erfasste die Männer, sie hatten den Kyklopen und die Listraygonen in grauenvoller Erinnerung. Dort wo der Rauch aufstieg erblickten sie von behauenen Steinen errichtete Häuser. Löwen und Wölfe kamen auf die Verängstigten zu und beschnupperten sie friedlich. In einem der Häuser sang eine Frau. Die Männer riefen ihr, sie trat aus dem Tor und lud alle freundlich lächelnd zum zu einem Mahl. Angenehm überrascht betraten sie die Wohnung der Kirke, nur Eurylocho blieb, eine listige Falle befürchtend, vor dem Tor. Die Zauberin vermischte Käse, Mehl und Honig mit pramneischem Wein und fügte einige böse Kräuter dazu; Odyssee 10,237ff: „Dieses reichte sie ihnen. Sie tranken, und Kirke berührte sie mit dem Stabe - und sperrte sie ein in den Koben für Schweine; denn sie besaßen schon Leib und Kopf und Borsten und Stimme völlig wie Schweine; nur ihre Empfindungen blieben wie vorher. Jammernd ließen sie in den Koben sich sperren. Doch Kirke schüttete eßbare Eicheln und Hartriegelfrüchte zum Fraß hin, wie die am Boden liegenden Schweine gewöhnlich sie kauen. Aber Eurylochos kehrte zurück zu dem düsteren Schiffe, um zu berichten über das schmähliche Schicksal der Freunde.“ Odysseus gürtete sich das Schwert um und machte sich als verantwortlicher Führer auf der Stelle auf den Weg zu dieser Frau. Im Wald begegnete ihm Gott Hermes in der Gestalt eines Jünglings; Odyssee 10,279ff: „[….] , da kam mir der Träger des goldnen Stabes entgegen, Hermes, als stattlicher Jüngling; ihm keimte eben der erste Bartwuchs, er blühte in lieblicher Jugend. Kräftig drückte er mir die Hand und sagte mir freundlich: 'Wohin, du Armer, ziehst du schon wieder, allein, durch die Berge, ohne die Insel zu kennen? Eingesperrt wurden im Hause Kirkes deine Gefährten, als Schweine, in festem Gewahrsam! Gehst du zu ihrer Befreiung dorthin? Du würdest auch selber nie mehr zurückkehren, sondern im Kreise der anderen bleiben! Aber ich will dich befreien aus deiner Bedrängnis und retten. Nimm hier dies nützliche Kraut und gehe mit ihm in die Wohnung Kirkes; es wird dein Haupt vor dem Tage des Unheils bewahren. Laß dir die tückischen Anschläge Kirkes sämtlich enthüllen! Anrühren wird sie ein Mischgetränk dir und mit Giften versetzen. Trotzdem wird sie dich nicht verzaubern können; das Heilkraut, das ich dir gebe, verhindert es. Höre den weiteren Hergang: Wenn dich Kirke mit ihrem langen Stecken berührt hat, ziehe sogleich dein schneidendes Schwert von der Hüfte und gehe wild auf sie los, als wenn du sie umbringen wolltest. In jähem Schrecken wird sie dich bitten, mit ihr das Lager zu teilen. Weigre dich dann nicht länger, dem Bitten der Göttin zu folgen: Freilassen wird sie darauf die Gefährten, dich selber bewirten! Lasse sie aber den bindenden Eid der Seligen leisten, gegen dich kein weiteres Unheil zu planen, dich niemals, bist du entblößt, zu schwächen und deiner Kraft zu berauben!' Derart sprach der Töter des Argos, pflückte vom Boden ab die Pflanze, gab sie und zeigte mir gleich, wie sie aussah. Schwarz an der Wurzel war sie, wie Milch erglänzte die Blüte. Moly nennen die Götter das Kraut; […..].“ HYPERLINK "http://www.europeana.eu/portal/record/08501/F828A05D3CCCBB4883FBB8C3C2CEBDD76478B0C1.html" INCLUDEPICTURE "http://www.bildindex.de/bilder/fmlac3324_19b.jpg" \* MERGEFORMATINET Description: Fotoinhalt/Ansicht: Ausschnitt: Odysseus und Hermes; Datierung des Fotos: 1943/1945; Fotograf: Nehrdich, Rolf W. Creator: Preller, Friedrich (der Ältere) (Maler) Date of creation: 1832/1834 [Herstellung] Type: Wandbild; Wandmalerei Format: Tempera Subject: 94 I 16; Odysseus auf der Insel der Circe (Homer, Odyssee X); 94 I 16 2; Merkur gibt Odysseus das Moly, ein magisches Kraut, als Gegenzauber Is part of: Kurzbeschreibung: Wandbilder nach Szenen aus der Odyssee - Zyklus - Preller, Friedrich (der Ältere) - 1832/1834 [http://www.bildindex.de/dokumente/html/obj20441065] Rights: Deutsches Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte - Bildarchiv Foto Marburg / Nehrdich, Rolf W. [Digitales Bild] Source: Deutsches Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte - Bildarchiv Foto Marburg. Data provider: Bildarchiv Foto Marburg Provider: Athena Providing country: Germany Genau so wie Hermes es schilderte geschah es. Kirke, das bedrohende Schwert vor der Brust, erkannte den gewalttätigen Odysseus und zeigte sich auf ihre Art versöhnlich; Odyssee 10,330ff: „Sicherlich bist du Odysseus, der Listige - dieser, so sagte oft mir der Träger des goldenen Stabes, der Töter des Argos, werde einst kommen mit eilendem Schiff, auf der Rückfahrt von Troja, Stecke denn, bitte, dein Schwert in die Scheide, wir wollen gemeinsam unsere Lagerstatt aufsuchen: Dann, in herzlicher Liebe innig verbunden, werden wir beide Vertrauen uns schenken!'“ Odysseus verlangte aber von der Göttin die Rückverwandlung seine Männer und ließ sie den Eid schwören, dass sie ihm und seinen Gefährten nie mehr ein Leid antut. Kirke versprach, leistete den Schwur und Odysseus bestieg das überaus schöne Lager der Kirke. Anschließend bereiteten ihm Nymphen ein erholsames Bad, ölten seinen Körper, hüllten ihn in herrliche Gewänder und verwöhnten den leicht Ermatteten mit herrlichen Speisen und köstlichem Wein. Dennoch war er traurig. Erst als Kirke in den Stall ging und seine Gefährten rückverwandelte erheiterte sich Odysseus. Freudig bedankten sich die Männer bei Odysseus und waren dennoch wehmütig (Als Schweine mit Menschenverstand konnten sie nämlich ihre tierisch-schweinischen Triebe ausleben – und mit Menschenverstand begreifen und genießen.). Auch die Gefährten vom Schiff eilten herbei, Kirke rief alle ihre Nymphen, und die Männer wurden gebadet und eingeölt und genossen was Küche und Keller und Nymphen an Göttlichem zu bieten haben – genossen ein volles Jahr, doch dann erfasste sie das Heimweh. ….. In der Phantasie der Dichter zeugten in diesem Jahr Kirke und Odysseus neun Kinder: Telegonos, Romanos, Agrios 6, Latinos, Anteias, Romus Antias, Ardeias, Auson und Kassiphone. ….. Sie bestürmten Odysseus und Odysseus flehte seine geliebte Kirke an; Odyssee 10,483ff: „'Kirke, erfülle mir jetzt das Versprechen, das damals du gabest, mich nach Haus zu entlassen! Ich sehne mich dringend nach Heimkehr, meine Gefährten desgleichen, die mir mit Jammern und Klagen hartnäckig zusetzen, falls du dich einmal außerhalb aufhältst!' Derart bat ich. Sogleich gab Antwort die herrliche Göttin: 'Zeusentsprossener Sohn des Laërtes, kluger Odysseus, ungern braucht ihr nicht länger in meinem Hause zu weilen. Vorher müßt ihr ein anderes Ziel noch erreichen: des Hades und der schrecklichen Persephoneia düstere Fluren, euch ein Orakel zu holen von der Seele des blinden Sehers aus Theben, Teiresias, der noch bei vollem Verstand ist. Ihm nur verlieh, noch im Tode, Persephoneia Bewußtsein wie auch Vernunft; die anderen Toten schweben als Schatten.' Derart sprach sie, doch mich erschütterte jähes Entsetzen. Auf der prächtigen Lagerstatt saß ich und weinte; […..].“ Doch Kirke tröstete ihn, beschrieb ihm den Weg zum Haus des Hades und erklärte ihm genau den Zauber, mit dem er die Seelen der Toten herbeilocken konnte. Erfreut begannen die Männer die Abreise vorzubereiten. Der junge Elpenor, stockbetrunken, war auf ein Dach gestiegen und schlief im Schatten. Beim Lärm des Aufbruchs übersah er dass er sich auf einem Dach befindet, stürzte ab und brach sich das Genick. Im Wirbel der Vorbereitungen für die Abreise vergaßen die Gefährten seinen Leichnam zu bestatten und die vorgeschriebenen Bestattungsriten durchzuführen. Nach einer herrlichen Abschiedsnacht verließen die Männer die Betten. Eos, die rosenfingrige, erstrahlte. Kirke warf dem Odysseus den Leibrock und den Mantel um, kleidete sich selbst in ein schimmerndes weißes Tuch, reizend und fein, legte um die Hüfte einen goldenen Gürtel, auf das Haupt einen Schleier und schenkte Odysseus noch die für den Zauber erforderlichen Opfertiere. Bevor sie das Schiff bestiegen erklärte Odysseus seinen Gefährten das Ziel der Reise. …….. Entsetzt lösten sie die Taue, Kirke schickte eine sanfte Brise und weinend vor Angst segelten die Männer ab. Einen Tag segelten sie und erreichten in der Nacht den Rand des Okeanos-Stromes. Dort gingen sie zur Stadt der kimmerischen Männer und fanden den Platz den Kirke ihnen beschrieben hatte. Odyssee 11,11ff: „Über den Tag hin spannte beim Fahren sich stetig das Segel. Unter ging die Sonne, in Dunkelheit sanken die Straßen. Nunmehr erreichte das Schiff des tiefen Okeanos Ufer. Dort befinden sich Land und Stadt der Kimmerier; ständig sind sie in Dämmer und Nebel gehüllt. Die leuchtende Sonne schaut mit den feurigen Strahlen niemals auf diese hernieder, weder wenn sie den Weg zum gestirnten Himmel hinanklimmt noch wenn sie vom Himmel herab zur Erde sich wendet; grausige Nacht bleibt über die elenden Menschen gebreitet.“ …… Einschub: Erstmals wird bei 11,14 der Stamm der bedeutsamen und in späteren Jahrhunderten sehr mächtigen Kimmerier erwähnt. Eindeutig geschichtlich beweisbar, abgesehen von fraglichen Ausgrabungen am Schwarzen Meer, ist dieser Stamm erst am Beginn des 7. Jh. v. Chr., also ca. 100 Jahre später, und lebte im Gebiet des Kaukasus. Der Umstand, dass der Verfasser das Schiff in einem Tag von Italien an den Kaukasus segeln ließ ist eines der Rätsel der Odyssee und bestärkt all jene, die in diesem Epos ein Traummärchen zu erkennen glauben. Bei der Genauigkeit der sonstigen geographischen Angaben in der Ilias und der Odyssee ist ein Irrtum wohl auszuschließen. …… Odysseus begann den von Kirke genau beschriebenen Zauber; Odyssee 11,24ff: „[….] Ich zog das schneidende Schwert von der Hüfte, grub ein Loch in den Boden, so lang und so breit wie die Elle, goß im Umkreise Weihespenden für sämtliche Toten, erst von vermischtem Honig, danach von lieblichem Weine, drittens von Wasser; dann streute ich glänzende Gerste darüber. Innig versprach ich den kraftlosen Häuptern der Toten, nach meiner Ankunft in Ithaka die vorzüglichste Sterke zu opfern in dem Palast und den Holzstoß mit köstlichen Gaben zu füllen und für Teiresias noch gesondert einen tiefschwarzen Widder zu schlachten, der aus unseren Herden hervorsticht. Unter Gelübden flehte ich zu den Scharen der Toten, packte die Schafe sodann und schlachtete sie, mit den Köpfen in die Grube gekehrt; ihr Blut rann düster zur Tiefe. Aus der Unterwelt strömten zusammen die Seelen der Toten.“ Und sie kamen Hunderte, immer mehr, mit unendlichem Schreien; Odysseus erfasste blankes Entsetzen. Er schickte seine Gefährten dem Hades ein Feueropfer darzubringen, selbst riss er das Schwert von der Hüfte und vertrieb die Seelen, keine durfte vom Opferblut trinken und aus der ewigen Dämmerung erwachen, bevor nicht Tereisias erschienen war. Da kam aber die Seele des Elpenor, beklagte eines Dämons Fluch und den Weinrausch, der ihm das Leben nahm, weil er vom Dach von Kirkes Haus stürzte, und bat um die Verbrennung seines unbestatteten Leichnams und die Totenfeier. Odysseus versprach es und es kam die Seele seiner verstorbenen Mutter, aber Odysseus ließ sie nicht trinken. Endlich erschien die Seele des Teiresias; Odyssee 11,98ff: „ [….] Der kundige Seher trank vom düsteren Blut und erteilte mir dieses Orakel: 'Glückliche Heimkehr erstrebst du, ruhmbedeckter Odysseus. Doch dir wird ein Gott sie erschweren. Dem Träger der Erde wirst du kaum je entrinnen, er grollt dir, in bitterem Zorne, weil du seinem geliebten Sohne das Augenlicht raubtest. Aber ihr würdet, trotz schwerer Mühsal, die Heimat erreichen, wärst du entschlossen, dich selbst und deine Gefährten zu zügeln, wenn du dem veilchenfarbenen Meere entrinnst und mit eurem trefflich gezimmerten Schiff auf der Insel Thrinakia landest, dort auf der Weide ihr antrefft die Rinder und stattlichen Schafe, die dem Helios zugehören, dem Gotte, der alles sieht und vernimmt. Verschonst du die Tiere, betreibst nur die Heimfahrt, werdet ihr Ithaka, wenn auch nach bitteren Leiden, erreichen; rührst du sie an, so sage ich dir, dem Schiff und den Freunden Unheil voraus. Und solltest du selber tatsächlich entkommen, wirst du spät erst heimkehren, elend und ohne Gefährten, fahrend auf fremdem Schiff, und zu Hause Unglück nur treffen, maßlose Zecher, die dein Vermögen verprassen und deine göttliche schöne Gemahlin mit Freiersgaben umwerben. Ihre Gewalttaten wirst du, heimgekehrt, freilich bestrafen. Hast du jedoch die Freier durch einen listigen Anschlag oder auch offen, mit blankem Schwert, im Palaste erschlagen, nimm dir ein handliches Ruder und pilgere über die Erde, bis du das Land der Menschen erreichst, die vom Meere nichts wissen und auch niemals mit Salz gewürzte Speisen verzehren, keinerlei Kenntnis besitzen von Schiffen mit rötlichem Steven oder von handlichen Rudern, den Flügeln der eilenden Schiffe. Deutlich will ich das Ziel dir beschreiben, du sollst es behalten. Wenn dich ein Wanderer trifft auf dem Weg und behauptet, du trügest einen mächtigen Löffel auf deiner stattlichen Schulter, ramme sogleich das handliche Ruder fest in den Boden, bringe dem Herrscher des Meeres, Poseidon, köstliche Opfer, Widder und Stier, den Eber dazu, den Bespringer der Säue, kehre dann heim und opfere nochmals üppig und festlich den Unsterblichen, die den weiten Himmel bewohnen, allen der Reihe nach. Und schließlich wird dich ein sanfter Tod überkommen, ferne dem Meere, während in reichem, seligem Alter die Kräfte dir schwinden und ringsum die Völker glücklich gedeihen. Dies sage ich dir, der Wahrheit entsprechend.'“ Nach dieser Weissagung kehrte die Seele des Teiresias in den Hades zurück. Odysseus` Mutter Antikleia erschien, trank von dem Blut, erkannte ihren Sohn und erklärte ihm, dass seine Gattin Penelope immer noch auf seine Rückkehr hoffe, sie selbst vor Gram gestorben sei und Laertes, sein alter Vater, leidend und zurückgezogen als alter Bauer auf dem Land lebe. Der Schatten der Mutter entschwebte in den Hades und viele andere Schatten kamen, Frauen und Männer, persönliche Freunde und längst Verstorbene, und tranken von dem Blut. Unter ihnen war Agamemnon. Er erzählte ihm von seiner Ermordung durch Aigisthos, den jungen Liebhaber seiner Gattin, und riet Odysseus heimlich nach Ithaka zurückzukehren. Den traurigen Schatten des Achilleus erheiterte er mit Nachrichten über die Taten seines Sohnes Neoptolemos. Nur Aias, der Held aus Salamis, verzieh Odysseus nicht und sprach kein Wort mit ihm. Auch den Minos, den obersten Richter der Toten, sah Odysseus und Tantalos mit seien Qualen, den Sisyphos, wie er den Stein auf den Berg rollte und Tityos, den Riesen, mit Seilen und Pflöcken an den Boden gefesselt und die Geier, die ihm ständig die Leber fraßen. Mit Herakles wechselte er einige Worte, doch dann schwirrten so viele Schatten aus dem Hades und wollten sich an dem Blut laben, dass Odysseus von Panik erfasst wurde, die Flucht ergriff und zum Schiff eilte. Seine Männer erwarteten ihn und eilig segelten sie davon. ……. Nach diesem Besuch im Hades kehrten Odysseus und seine Männer zurück zur Insel Aiaia. Das Schiff legte an und Odysseus schickte Männer um den Leichnam des Elpenor zu holen und ihn gebührend zu bestatten. Sie schichteten Holz und übergaben die sterblichen Reste den Flammen. Die Asche begruben sie und stellten auf das Grab das Ruder, mit dem der Verstorbene einst in die Wellen geschlagen hat. Kirke blieb die Ankunft der Männer natürlich nicht verborgen und sie erschien, verführerisch gekleidet. Ihre Mägde brachten herrliche Speisen und köstlichen süßen Wein. Den ganzen Tag wurde geschmaust und getrunken. Als die Sonne sank nahm Kirke Odysseus an der Hand, führte ihn von den Gefährten weg, legte sich zu ihm, befragte ihn und Odysseus erzählte ihr alles. Vor dem gemeinsamen Schlummer sprach sie: „Dieser Verpflichtung hast du dich völlig entledigt. Nun höre meine Belehrung; dich lasse ein Gott sie im Kopfe behalten! Zu den Seirenen wirst du zuerst gelangen; sie locken jeglichen Menschen in sein Verderben, wer immer sie aufsucht. Wer den Seirenen sich ahnungslos naht und die herrlichen Stimmen anhört, der kehrt niemals zurück nach Hause, den werden Gattin und harmlose Kindlein niemals mit Freuden mehr grüßen. Denn die Seirenen bezaubern ihn mit hellem Gesange, sitzend auf blumiger Wiese; Gebeine verwesender Menschen häufen sich ringsumher, es schrumpft die Haut der Erwürgten. Steure daher an ihnen vorüber, knete dir süßes Wachs und verstopfe damit die Ohren der Mannschaft: Kein andrer darf sie hören! Du selber magst, auf Wunsch, sie vernehmen. Aber dann muß man im Schiff an den Schuh des Mastbaums dich binden, aufrecht, an Händen und Füßen, die Seile geknüpft um den Mastbaum. Darauf erst erfreue dich an dem Gesang der Seirenen! Bittest du aber dringend die Mannschaft, die Fesseln zu lösen, soll sie vielmehr mit stärkeren Seilen noch strenger dich binden! Sind die Gefährten an den Seirenen vorübergefahren, kann ich dir weitere Weisung nicht geben, welchen der beiden möglichen Wege du einschlagen sollst. Du mußt die Entscheidung selbständig treffen. Ich will dir die Wege beschreiben. Am Anfang drohen dir überhängende Felsen; gegen sie brandet mächtig der Schwall Amphitrites, der dunkeläugigen Göttin. »Prallfelsen« werden die Steine genannt von den seligen Göttern. Dort vorüber gelangt kein Vogel, nicht einmal die scheuen Tauben entschlüpfen, die Zeus, dem Vater, Ambrosia bringen. Ihnen sogar entrafft die glatte Gesteinswand so manche. Freilich entsendet der Vater andre darauf zur Ergänzung. Aber ein Fahrzeug mit Menschen entrann noch niemals den Felsen, wenn es sich nahte; die Trümmer des Schiffs wie die Leichen der Mannschaft raffte die Woge dahin und der Ausbruch verheerenden Feuers. Eines der meerüberquerenden Schiffe bezwang nur die Durchfahrt, Argo, die allseits berühmte; sie kam zurück von Aietes. Sie auch hätten die Wogen bald gegen die Felsen geschmettert; doch sie geleitete Hera vorbei; denn sie schätzte Iason. Auf der anderen Seite drohen zwei Klippen. Mit spitzem Gipfel erreicht die eine den weiten Himmel, doch düstre Wolken umballen sie. Niemals weichen die Wolken, und niemals trifft auf den Gipfel das Licht, nicht im Sommer und auch nicht im Herbste. Schwerlich vermag ihn ein Mensch zu erklettern, ja kaum zu betreten, selbst wenn er zwanzig geschickte Hände und Füße bewegte; denn der Felsen ist glatt, als hätte man rings ihn beschliffen. Mitten im Felsen befindet sich eine dämmrige Höhle, deren Öffnung nach Westen, zur Unterwelt, blickt, nach der Seite, wo das gewölbte Schiff ihr vorbeilenkt, edler Odysseus. Von dem gewölbten Schiff aus trifft auch ein rüstiger Schütze niemals mit seinem Geschoß den Eingang der bauchigen Höhle. Drinnen haust die Skylla, das grauenhaft bellende Untier. Einem noch jungen Hunde entspricht die gräßliche Stimme; aber sie ist ein entsetzliches Scheusal; des grausigen Anblicks freute sich niemand, auch keine Gottheit, die plötzlich sie träfe. Beine besitzt sie, ein Dutzend, alle häßlich verkümmert, aber sechs Hälse von riesiger Länge; auf jedem von ihnen schwankt ein furchtbarer Kopf, drei Zahnreihen drohen in jedem, stark und dicht, der bittere Tod verbirgt sich in ihnen. Mitten hinein in die bauchige Höhle duckt sich ihr Körper, aber die Köpfe streckt sie hervor aus dem schaurigen Schlunde, tastet über die Klippen nach Beute, fängt Fische im Umkreis, Seehunde und Delphine, auch größere Tiere des Meeres, wie Amphitrite zahllos sie nährt, die rauschende Göttin. Noch kein Seemann rühmt sich, er sei dort vorübergefahren ohne Verluste; das Untier errafft mit jedem der Köpfe gierig sich einen Mann aus dem düstergeschnäbelten Schiffe. Niedriger bietet sich dir die andere Klippe, Odysseus, liegen doch nur auf Pfeilschußweite die zwei auseinander. Auf ihr erhebt sich ein Feigenbaum, stattlich, mit üppigem Laubdach. Unter ihm schlürft die Göttin Charybdis das düstere Wasser. Dreimal am Tage sprudelt sie aus und schlürft auch aufs neue, fürchterlich. Komme ihr deshalb ja nicht zu nah, wenn sie einschlürft! Vor dem Verderben könnte dich auch Poseidon kaum retten. Suche denn also das Schiff dicht neben dem Felsen der Skylla schleunigst vorüberzusteuern; es ist doch immerhin besser, sechs der Gefährten an Bord zu verlieren, als alle zusammen!' Derart sprach sie. Ich gab ihr Antwort und stellte die Frage: 'Bitte, enthülle mir, Göttin, der Wahrheit entsprechend: Vermag ich nicht der Charybdis, der grausamen, mich zu entziehen und gegen Skylla vielleicht mich zu wehren, will sie mir Männer entreißen?' Derart fragte ich. Gleich gab Antwort die herrliche Göttin: 'Tollkühner Mensch, du denkst schon wieder an Kämpfen und Ringen? Nicht einmal den unsterblichen Göttern willst du dich beugen? Ist doch das Untier nicht sterblich, nein, führt ein ewiges Leben, furchtbar und schrecklich und grausam und niemals im Kampf zu bezwingen! Widerstand ist nicht möglich, die Flucht vor dem Scheusal das beste. Solltest du an dem Felsen in voller Rüstung verweilen, wird sich das Untier, fürchte ich, wieder mit sämtlichen Köpfen auf dich stürzen, noch einmal sechs Gefährten dir rauben! Rudere angestrengt lieber vorbei und flehe zur Mutter Skyllas, Krataiis, die das Unheil den Menschen geboren! Abhalten wird sie die Tochter vor einem weiteren Angriff. Danach erreichst du die Insel Thrinakia. Nahrung gewährt sie zahlreichen Rindern und stattlichen Schafen des Helios, sieben Herden von Rindern und sieben prachtvollen Herden von Schafen, fünfzig Tiere in jeder. Das Vieh vermehrt sich nicht weiter, nimmt auch nicht ab. Zwei Göttinnen führen die Aufsicht darüber, Nymphen mit lieblichen Locken, Lampetia und Phaëthusa, Töchter des Helios und der göttlich schönen Neaira. Beide gebar und erzog die würdige Mutter und sandte sie nach Thrinakia dann, dort in der Ferne zu leben, Hüter der Schafe und krummgehörnten Rinder des Vaters. Wenn du die Tiere verschonst und nur um die Heimfahrt dich kümmerst, werdet ihr Ithaka, wenn auch nach bitteren Leiden, erreichen; rührst du sie an, so sage ich dir, dem Schiff und den Freunden Unheil voraus. Und solltest du selber tatsächlich entrinnen, wirst du spät erst heimkehren, elend und ohne Gefährten.' [Homer: Odyssee. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5756 (vgl. Homer-W Bd. 2, S. 187) (c) Aufbau-Verlag] Die golden thronende Eos erschien, Kirke zog sich zurück und Odysseus befahl den Gefährten den Aufbruch. Während die Männer kräftig ruderten erzählte ihnen Odysseus die Voraussagen der Kirke, den unausweichlichen Tod von sechs Männern durch Skylla verschwieg er ihnen. Bald erreichten sie die Insel der Sirenen. Odysseus befolgte den Rat der Kirke, knetete Wachs und verstopfte den Gefährten die Ohren. Ihn selbst banden sie mit Schnüren am Mastbaum fest. Der herrliche Gesang der Sirenen betörte ihn, er vergaß die tödliche Gefahr, die von süßen weiblichen Tönen ausgeht, wollte mehr hören, aber die Gefährten banden ihn nur noch fester. Kaum waren sie dieser Gefahr entronnen, wurde Gischt und großes Gewoge erkennbar. Odysseus befahl den Männern heftig zu rudern, den Steuermann wies er an sich ganz links zu halten, dicht an der Felswand der Skylla. Er selbst ergriff die Waffen und wollte Skylla abwehren. Alle blickten mit blankem Entsetzen auf den schlürfenden Strudel der Charybdis und die daraus aufsteigenden heißen Dämpfe. Doch …. „Da entraffte mir Skylla aus dem bauchigen Schiffe sechs der Gefährten, die stärksten an Kraft der rüstigen Arme. Als ich die Augen wandte ins Schiff und auf meine Besatzung, sah ich bereits hoch über mir schweben die Beine und Arme der in die Höhe gerissenen Opfer; sie riefen mich kläglich flehend beim Namen, zum letzten Male, in grausigen Ängsten. […..] Dort in dem Eingang zur Höhle verschlang sie das Untier; sie schrien, streckten verzweifelt die Hände nach mir in entsetzlichem Ringen. Schlimmeres habe ich niemals vor Augen bekommen bei allem, was ich an Schwerem erlitt beim Durchfahren der Bahnen des Meeres. Als wir die Prallfelsen und die wilde Charybdis und Skylla hinter uns hatten, erreichten wir bald die göttliche, schöne Insel, auf der die breitstirnigen, prachtvollen Rinder und vielen stattlichen Schafe des Gottes der Höhe, Helios, weilten.“ [Homer: Odyssee. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5763 (vgl. Homer-W Bd. 2, S. 191) (c) Aufbau-Verlag] Odysseus erinnerte seine Gefährten an die Mahnung des blinden Sehers Teiresias und an die Worte der Kirke und befahl ihnen an der Insel vorbei zu segeln. Da brach den Männern das liebe Herz und Eurylochos nannte Odysseus unter dem Beifall aller schrecklich und hartherzig. Nach all den Schrecken wollten sie an Land. Erst als alle den Schwur leisteten sich nie an einem Rind oder Schaf des Helios zu vergreifen, gab nach. In einer schönen Bucht legten sie an, gingen an Land und bereiteten ein Mahl von den Speisen, die Kirke ihnen mitgegeben hatte. Während sie aßen und den Wein genossen gedachten sie ihrer verlorenen sechs Gefährten und weinten. In der Nacht erhob sich ein Sturm. „Einen Monat hindurch blies unaufhörlich der Notos, blies kein anderer Wind als Euros und Notos zusammen. Und solange sie Speise und rötlichen Wein noch besaßen, rührten sie auch die Rinder nicht an aus Mangel an Nahrung. Als sie jedoch des Schiffes Vorräte aufgezehrt hatten, gingen sie notgedrungen auf Beute aus, Fische und Vögel, alles, was sie mit ihren Händen zu fangen vermochten, mittels gekrümmter Haken; es quälte sie wütender Hunger. Ich begab mich jedoch landeinwärts, die Götter zu bitten, einer von ihnen möge die Heimfahrt uns gnädig gewähren. Als ich beim Gang durch die Insel mich ferne befand von der Mannschaft, wusch ich an einem windgeschützten Platz mir die Hände, flehte sodann zu sämtlichen Göttern des hohen Olympos. Köstlichen Schlummer breiteten diese mir über die Augen. Aber inzwischen verführte Eurylochos meine Gefährten: 'Höret mich an, ihr Freunde, trotz eurer traurigen Lage! Grauen erweckt zwar immer der Tod bei den elenden Menschen; doch zu verhungern bedeutet, dem kläglichsten Tod zu erliegen! Auf denn, treiben wir her die besten der Heliosrinder, opfern sie dann den Göttern, den Herren des hohen Olympos! Kommen wir wirklich nach Ithaka wieder, zur Heimat der Väter, wollen wir gleich für Helios einen prachtvollen Tempel bauen, darinnen zahlreiche köstliche Schmuckstücke weihen! Zürnt uns Helios aber, wegen der aufrecht gehörnten Rinder, und will vernichten das Schiff, mit der Billigung aller übrigen Götter, so möchte ich lieber auf einmal ertrinken als in lang dauernden Qualen auf einsamer Insel verschmachten.'“ [Homer: Odyssee. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5767 (vgl. Homer-W Bd. 2, S. 193 ff.) (c) Aufbau-Verlag] Die Gefährten lobten ihn, fingen die schönsten Rinder des Helios, schlachteten sie und als Odysseus zurück kam und entsetzt zu den Göttern wehklagte brieten sie bereits die schönsten Stücke an Spießen. Lampetie, eine Nymphe und Tochter des Helios, deren Aufgabe es war die Rinder zu bewachen, flog zu ihrem Vater und berichtete ihm von diesem Frevel. „Gleich sprach er im Kreis der Unsterblichen, heftig erbittert: 'Vater Zeus und ihr anderen glücklichen, ewigen Götter, lasset mir büßen die Mannschaft des Sohns des Laërtes, Odysseus, die mir, maßlos im Frevel, die Rinder geschlachtet, die Tiere, deren ich ständig mich freute, beim Anstieg zum Himmel der Sterne wie auch zur Stunde, da ich zurückfuhr vom Himmel zur Erde! Zahlen die Täter mir nicht für die Rinder gebührende Buße, will in den Hades ich sinken und bei den Verstorbenen leuchten!' Ihm gab Antwort darauf der wolkenballende Vater: 'Helios, leuchte nur weiter im Kreis der unsterblichen Götter wie auch der sterblichen Menschen auf der nährenden Erde! Bald will ich das eilende Schiff der Verbrecher mit grellem Blitzstrahl zu Stücken zerschmettern, mitten auf schimmerndem Meere!'“ [Homer: Odyssee. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5770 (vgl. Homer-W Bd. 2, S. 195 ff.) (c) Aufbau-Verlag] Und so geschah es. Sechs Tage schmausten sie genüsslich. Als sie am siebten Tag in das Meer stachen erhob sich ein fürchterliches Unwetter, der West- und der Südwind stürmten gleichzeitig, der Mast brach, erschlug den Steuermann, ein krachender Blitz des Göttervaters und die Frevler trieben im schäumenden Meer wie Krähen und ertranken. Das Schiff zerbrach. Odysseus schnürte mit Lederriemen den Mast und den Kiel zusammen, setzte sich darauf und entging so dem Verderben. Stundenlang und die ganze Nacht trieb Odysseus im stürmischen Meer. Mit Entsetzen stellte er am Morgen fest, dass der Südwind ihn direkt auf die Charybdis zu trieb. Der schlürfende gewaltige Strudel erfasste Odysseus, mit letzter Kraft ergriff er den Ast eines Feigenbaumes, der Kiel und der Mastbaum wurden wirbelnd verschlungen. Wie eine Fledermaus hing der Verzweifelnde stundenlang. Als der Strudel sich drehte und den Kiel und den Mast wieder ausspie, ließ Odysseus sich ermattet auf das Gehölz fallen und ruderte sich mit den Händen rasch aus der Gefahr. Neun Tage trieb er auf dem Meer, doch am zehnten zur Nachtzeit strandete er an der Insel Ogygia (vielleicht heute Gozzo bei Malta), wo die Nymphe Kalypso, eine Tochter des Atlas, wohnte. Sie fand den Geschundenen, nahm ihn auf und pflegte ihn. Kalypso verliebte sich in den schönen starken Mann und wollte ihn mit dem Versprechen der Unsterblichkeit gleich heiraten. Sicher genoss Odysseus anfänglich die süße Nähe der Nymphe, doch sein Wunsch seine Frau, seinen Sohn, seinen Vater und seine Heimat wieder zu sehen wurden immer stärker. Sieben Jahre verwöhnte sie ihn zärtlich und hielt ihn fest. Die Söhne Teledamos 1, Nausithoos 2, Nausinoos und Auson waren die Früchte dieser Zärtlichkeit. In dieser Zeit verprassten in Ithaka im Hause des Odysseus eine Vielzahl von Männern sein Vermögen und die Vorräte seiner auf ihn wartenden Gemahlin Penelope. Wegen der langen Abwesenheit des Hausherrn erhofften sich die Schamlosen die Hand der Königin und damit Reichtum und Macht. Athene, die Göttin der Gerechtigkeit, griff ein und berichtete in der Versammlung der Götter dem Göttervater Zeus, dass Odysseus, der sich so sehr nach seiner Heimat Ithaka sehnte, noch immer von Kalypso zurückgehalten wird. Zudem warf sie Zeus vor Odysseus vergessen zu haben und ihm ungerecht zu zürnen. „Zeus, der wolkenballende Vater, gab ihr zur Antwort: »Welch ein Vorwurf entfloh, mein Kind, dem Geheg deiner Zähne! Wie denn - ich sollte den göttlichen Helden Odysseus vergessen, der vor den Menschen durch Klugheit sich auszeichnet, üppige Opfer auch den Göttern gebracht, die den weiten Himmel bewohnen? Nein, nur Poseidon, der Träger der Erde, zürnt ihm noch immer, um des Kyklopen willen, dem er das Augenlicht raubte, des Polyphemos, des göttlichen, der doch alle Kyklopen weitaus an Kraft übertrifft; ihn gebar Thoosa, die Nymphe, Tochter des Phorkys, des Herrschers im ruhelos wogenden Meere, die in gewölbter Grotte sich einst mit Poseidon verbunden. Seitdem bedroht zwar der Gott, der die Erde erschüttert, Odysseus nicht mit dem Tode, doch läßt ihn umherirren, ferne der Heimat. Aber wir wollen uns jetzt gemeinsam beraten, auf welche Weise Odysseus heimkehren kann; es wird schon Poseidon seinem Zorne entsagen. Er kann doch nicht weiterhin streiten, er als der einzige, gegen den Willen sämtlicher Götter!« Ihm gab Antwort die helläugig blickende Göttin Athene: »Sprößling des Kronos, unser Vater, erhabenster Herrscher, wenn es demnach die seligen Götter beschlossen, dem klugen Helden Odysseus die Fahrt zurück in die Heimat zu gönnen, lasset uns Hermes sogleich, den geleitenden Töter des Argos, senden zur Insel Ogygia; mitteilen soll er aufs schnellste unseren festen Beschluß der Nymphe, der lockengeschmückten: heimkehren muß der standhafte, mutige Dulder Odysseus! Ich will aber nach Ithaka eilen; den Sohn des Geprüften möchte ich heftiger spornen, ihm Mut und Tatkraft verleihen. Sammeln zum Rat soll er die haupthaarumwallten Achaier und den Freiern ihr Treiben verbieten, die blökende Schafe ständig ihm schlachten und krummgehörnte, trottende Rinder. Schicken will ich nach Sparta ihn dann und zum sandigen Pylos. Über die Heimfahrt des Vaters möge er Auskunft sich holen, selber dadurch bei den Sterblichen hohen Ruhm sich gewinnen.« [Homer: Odyssee. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5447 (vgl. Homer-W Bd. 2, S. 8 ff.) (c) Aufbau-Verlag] Auf der Stelle flog Athene nach Ithaka und beauftragte Telemachos, den inzwischen erwachsene Sohn des Odysseus, nach Pylos zum alten und weisen König Nestor und zu Menelaos nach Sparta zu reisen, um seinen verschollenen Vater zu suchen. Darauf wandte sich Zeus an Hermes, den Sohn, den er liebte, und sprach: „»Hermes, der du auch sonst als Bote uns dienest, verkünde unseren festen Beschluß der Nymphe, der lockengeschmückten: Heimkehren soll der mutige, standhafte Dulder Odysseus, ohne Geleit von seiten der Götter oder der Menschen; unter Gefahren soll er auf sicher verklammertem Floße Scherias fruchtbaren Boden am zwanzigsten Tage erreichen, das Gebiet der Phaiaken, der nahen Verwandten der Götter, die ihm von Herzen, wie einem Unsterblichen, Ehren erweisen und ihn geleiten werden zum teuren Lande der Väter, ihn auch beschenken mit Erz und Gold und Gewändern, so reichlich, wie er es schwerlich aus Ilion hätte mitbringen können, wäre verlustlos mit seiner Beute nach Haus er gekommen. Derart erlaubt ihm das Schicksal, die Lieben wiederzusehen und in sein ragendes Haus und die teure Heimat zu ziehen.« Ihm gehorchte aufs Wort der geleitende Töter des Argos.“ [Homer: Odyssee. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5562 (vgl. Homer-W Bd. 2, S. 75 ff.) (c) Aufbau-Verlag] Hermes, der Götterbote, knurrend wegen des weiten Weges, flog vom Olymp zur Insel Ogygia und überbrachte Kalypso den Befehl des Zeus. Die Nymphe erschauderte, beschimpfte die Götter, aber sie gehorchte: „Damit entschwebte der Bote, der mächtige Töter des Argos. Aber sobald nun die würdige Nymphe den Wunsch des Kroniden deutlich vernommen, begab sie sich zu dem standhaften Helden. Sie traf ihn am Gestade. Dort saß er, ihm schwammen die Augen ständig in Tränen, dahin rann ihm das wonnige Leben über dem Heimweh; nicht länger gefiel ihm Kalypsos Betreuung. Freilich, er ruhte - doch ungern - des Nachts in der riesigen Grotte, er, der sie gar nicht mehr mochte, bei ihr, die ihn heftig begehrte; aber tagsüber saß er am Strande, auf Felsen und Dünen, härmte sich ab mit Tränen und Seufzen in bitterem Kummer; weinend schaute er über die ruhelos wogenden Fluten. Da trat zu ihm Kalypso, die herrliche Göttin, und sagte: »Unglücklicher, ach, klag mir nicht länger, hier soll nicht dein Leben welken! Heut ist es mir völliger Ernst, dich ziehen zu lassen. Fäll mit der Axt dir ragende Bäume und zimmre aus ihnen ein geräumiges Floß, zum Verdeck schlag Balken darüber; sicher soll es dich über die endlosen Fluten geleiten. Reichlich Verpflegung will ich und rötlichen Wein wie auch Wasser aufladen, die dir den quälenden Hunger fernhalten können, will dich auch einkleiden, günstige Winde zum Segeln dir senden; sollst du doch wohlbehalten in deine Heimat gelangen, sind dir die Götter geneigt, die Bewohner des riesigen Himmels, die mich im Planen und rechten Vollbringen auch weit übertreffen.«“ [Homer: Odyssee. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5569 (vgl. Homer-W Bd. 2, S. 79-80) (c) Aufbau-Verlag]. Odysseus erschrak. Über dieses endlose gefährliche Meer soll er mit einem Floß segeln? Konnte er Kalypso überhaupt vertrauen? Er forderte sie auf zu schwören und sie leistete bei den Wassern der Styx den Schwur ihm kein Leid anzutun. Ein letztes Mal versuchte Kalypso ihren Geliebten zu halten und bot ihm die Unsterblichkeit an. Er lehnte ab, seine Sehnsucht war stärker. Nach einem köstlichen Mahl, als die Sonne unterging, gingen sie in die Grotte, erfreuten sich der Liebe und ruhten. Früh am Morgen schon ergriff Odysseus die Axt, fällte zwanzig Bäume, Kalypso brachte Bohrer und Segeltuch und nach vier Tagen harter Arbeit war das Floß fertig. Am fünften Tag badete Kalypso Odysseus ein letztes Mal, hüllte ihn in duftende Kleider, beschenkte ihn mit Wasser, Wein und Lebensmitteln und sandte ihm einen harmlosen linden Fahrtwind. Siebzehn Tage segelte Odysseus, sich immer links vom Großen Wagen haltend, sanft getrieben vom Zephiros, dem Westwind. Am achtzehnten Tag erblickte er die schattigen Berge des Phaiakenlandes. Zu seinem Unglück erblickte ihn aber Poseidon: „Eben kehrte zurück von den Aithiopen Poseidon. Fern von den Höhen der Solymer sah er Odysseus im Meere segeln. Da packte ihn jählings die Wut, noch stärker als jemals; grimmig schüttelte er das Haupt und sprach zu sich selber: »Ha! Tatsächlich, die Götter änderten ihre Beschlüsse über Odysseus, während ich bei den Aithiopen verweilte! Nahe schon ist er dem Land der Phaiaken, wo ihm das Schicksal Rettung verheißt aus der Schlinge des Elends, die zähe ihn festhält. Aber ich glaube, er wird sich im Unglück sattsam noch tummeln!« Derart rief er, ballte die Wolken zusammen und rührte mit dem Dreizack das Meer auf. Sämtliche Sturmwirbel aller möglichen Winde erregte er, hüllte in düstere Schleier Erde zugleich und Meer. Nacht brach vom Himmel hernieder. Euros und Notos und pfeifender Zephyros prallten zusammen, auch der dem Äther entstammte Boreas, der riesige Wogen wälzte. Da sank dem Odysseus der Mut, ihm wankten die Knie, Schrecken durchfuhr ihn, […..].“ [Homer: Odyssee. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5575 (vgl. Homer-W Bd. 2, S. 83 ff.) (c) Aufbau-Verlag]. Entsetzlich rächte sich Poseidon. Zwei Nächte und zwei Tage ließ er die Stürme abwechselnd wüten und brechende Wellen auf Odysseus einstürzen. Riesige Wogen schleuderten den Verzweifelten in die salzige Flut, zertrümmerten das Floß, und erst als Odysseus am dritten Tag bereits stundenlang versuchte das rettende Ufer schwimmend zu erreichen ließ Poseidon von ihm ab, peitschte die Pferde und zog sich nach Aigaia zurück. Athene gebot den Winden Einhalt, einige große Wellen schleuderten Odysseus noch an steil aufragende Felsen, zerrissen ihm blutig die Haut, doch dann glätteten sich die Wogen und mit letzter Kraft erreichte er bei sinkender Sonne das rettende flache Ufer eines Flusses der Insel Scheria. Wie ein verwundetes Tier verkroch er sich unter ein dichtes Gestrüpp, verbarg seinen nackten, blutenden und vom Salzwasser gedunsenen Leib unter Laub und genoss den Schlaf, den Athene ihm auf die Augen goss. ODYSSEUS BEI DEN PHAIAKEN I. Während Odysseus schlief flog Athene wie ein Windhauch an das Bett der Nausikaa, der Tochter des Alkinoos 1, der als König die Insel Scheria beherrschte. Flüsternd forderte sie die Schlafende auf am Morgen an den Fluss zu gehen und Wäsche zu waschen. Nausikaa gehorchte. Mit ihren Dienerinnen wusch sie die Wäsche im klaren Süßwasser. Als nach getaner Arbeit die Mädchen noch mit einem Ball spielten und eine diesen, das Ziel verfehlend, in den Fluss warf, schrieen alle Mädchen auf - und Odysseus erwachte. Seine männliche Blöße mit einem Laubzweig bedeckend kroch er aus dem Gebüsch. Die Mädchen kreischten, flüchteten vor diesem von gedunsener Haut entstellten riesigen nackten Mann, nur Nausikaa blieb, Athene hatte ihr Mut in den Sinn gelegt. Odysseus erklärte der Schönen sein Unglück, freundlich gab sie ihm ein Laken. Nun bedeckt ging er zum Fluss um sich zu reinigen: „Als er nun aber sich gründlich gewaschen und eingeölt hatte, zog die Gewänder er an, die ihm die Jungfrau gegeben. Aber Athene, die Tochter des Zeus, ließ größer den Helden und weit stattlicher noch erscheinen, sie ließ auch vom Haupte Locken ihm wallen, so dicht wie die Blättchen der Lilienblüten.“ [Homer: Odyssee. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5600 (vgl. Homer-W Bd. 2, S. 97) (c) Aufbau-Verlag] Nausikaa und die anderen Mädchen erkannten Odysseus kaum wieder. Ein strahlender Mann mit göttlichem Liebreiz – sofort gab die Tochter des Königs Alkinoos den Mädchen den Befehl diesen Bewundernswerten mit Wein und guten Speisen zu verköstigen und sich zurückzuziehen. Sie selbst legte mit ihren weißen Armen trockene Leintücher zusammen und dachte an anderes. Als der Tag sich neigte begaben sich die Mädchen in die Stadt. Dem Rat der Nausikaa gehorchend folgte Odysseus ihnen in gebührendem Abstand und ließ sich vor der Stadt im Haine der Göttin Athene nieder. Sitzend betete er um mitleidwürdige Aufnahme bei den Phaiaken, Pallas Athene hörte ihn. Nach der vom Anstand geforderten Zeit begleitete die Göttin Odysseus, unsichtbar und in Nebel gehüllt, in die Stadt und zum Palast des Königs. Die Götter mussten Alkinoos gesegnet haben, denn noch nie hatte Odysseus eine solche Pracht gesehen. Mutig trat er ein und begab sich in die große Halle, in der die Beherrscher der Insel versammelt waren. Athene ließ den göttlichen Nebel zerfließen und wieder sichtbar kniete sich Odysseus vor der von allen Menschen hoch verehrten Königin nieder, umschlang ihre Kniee und flehte – „»Herrin Arete, Tochter des göttlichen Helden Rhexenor, kniefällig bitte ich deinen Gatten und dich und die Gäste, nach entsetzlicher Drangsal! Mögen die Götter euch allen Glück für das Leben gewähren, vermache ein jeder den Kindern seinen Besitz und die Würden, die ihm das Volk übertragen! Aber verschafft mir schleunig Geleit zur Fahrt in die Heimat; denn schon lange verfolgt mich, ferne den Meinen, das Unglück.« Derart sprach er und ließ am Herd in der Asche sich nieder, […..].“ [Homer: Odyssee. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5614 (vgl. Homer-W Bd. 2, S. 105) (c) Aufbau-Verlag]. Alkinoos, der König, und die zum Schmause versammelten Fürsten der Phaiaken empfingen den Fremdling mit der jedem Fremden zustehenden Ehre. Der König nahm ihn an der Hand und forderte ihn auf Platz zu nehmen auf einem mit Silber beschlagenen Stuhl. Dienerinnen brachten Handwaschwasser und boten ihm Wein und von allen Speisen des Hauses. Schweigend beobachteten sie den Hungrigen. Als alle gesättigt waren verabschiedete Alkinoos seine Stammesältesten und bat sie am nächsten Tag wieder zu kommen, damit man die Heimreise des Gastes besprechen könne. Arete, die Königin, und Alkinoos bewunderten die Schönheit des Odysseus. Alkinoos glaubte gar einen Gott in ihm zu erkennen. Odysseus verneinte. Auf Aretes Frage wer er sei und woher er komme, erzählte er von seiner zwanzigtägigen Meeresfahrt, seiner Abfahrt von Kalypso, dem grauenhaften Sturm, der Zertrümmerung seines Floßes und seiner Landung auf der Insel und rühmte die Rettung durch die kluge und wohltätige Nausikaa. Der König versprach ihm die Heimreise nach Ithaka – „ ………… und Freude empfand der göttliche Dulder. Innig begann er zu beten und sprach die flehenden Worte: »Könnte doch, Vater Zeus, Alkinoos seine Versprechen sämtlich erfüllen! Ihm würde, weit über die nährende Erde, endloser Ruhm zuteil - und ich gelangte nach Hause!« Derart führten sie untereinander ihre Gespräche. Und die weißarmige Fürstin erteilte den Mägden die Weisung, in die Halle das Bett zu bringen, purpurne, schöne Kissen daraufzupacken, sie zu beziehen mit Laken, wollene Decken dazu, als Überbetten, zu breiten. Aus dem Gemache eilten die Mägde, Fackeln in Händen. Als sie voll Eifer die feste Bettstatt aufgestellt hatten, traten sie zu Odysseus und mahnten mit freundlichen Worten: »Lege zum Schlafen dich nieder, Fremdling; dein Lager ist fertig.« Derart mahnten sie; freudig hieß er die Ruhe willkommen. Nunmehr schlief im Palaste der edle Dulder Odysseus, unter der dröhnenden Halle, auf dichtgegurtetem Lager. Aber Alkinoos ruhte im Innern des ragenden Schlosses; mit ihm teilte die Gattin, die Herrin des Hauses, das Lager. [Homer: Odyssee. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5623 (vgl. Homer-W Bd. 2, S. 110 ff.) (c) Aufbau-Verlag] ……. Am nächsten Morgen rief Alkinoos die Männer der Phaiaken auf den Marktplatz zur Versammlung. Die Göttin Athene, in der Gestalt eines Herolds, sprach die Männer an; Odyssee 8,11-14: »Auf denn, die ihr das Volk der Phaiaken führt und beratet, geht auf den Marktplatz, euch Auskunft über den Fremden zu holen, der in das Schloß des klugen Alkinoos kürzlich gelangte, über das Meer verschlagen, ein Held, den Unsterblichen gleichend!« [Homer: Odyssee. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5625 (vgl. Homer-W Bd. 2, S. 111) (c) Aufbau-Verlag] Und sie kamen und bewunderten den göttergleichen Odysseus, denn Athene ließ ihn schöner und strahlender erscheinen als er es wirklich war. Der König befahl 52 jungen Männern ein Schiff zur Abreise flott zu machen und lud alle zu einem Abschiedsschmaus. Zwölf Schafe, einige Rinder und Eber ließ er schlachten, Jungfrauen mischten den Wein. Der blinde Sänger Demodokos, ihn hatten die Musen, die Töchter Apollons geküsst, wurde gerufen, um mit seinem Gesang die Herzen der Menschen zu erfreuen. Und er sang das Lied von den Achaiern die Troia belagerten und erstürmten - und Odysseus verbarg sein Gesicht und weinte. Niemand merkte es, außer Alkinoos, der König: „Allen Phaiaken entging es, daß ihm Tränen entströmten; nur Alkinoos gab auf ihn acht und bemerkte die Tränen, weil er neben ihm saß, und vernahm sein bitteres Stöhnen. Deshalb sprach er sogleich zu den Männern, den Freunden der Ruder: »Höret, die ihr das Volk der Phaiaken führt und beratet, hinreichend labten wir uns bereits am gehörigen Essen und an der Harfe, dem wertvollen Teile des festlichen Mahles. Gehen wir jetzt hinaus und beginnen wir allerlei Kämpfe, wetteifernd; soll doch der Fremdling zu Hause, im Kreise der Lieben, davon berichten, wie hoch wir alle anderen schlagen in dem Kampf mit den Fäusten, im Ringen, im Sprung und im Laufe!« [Homer: Odyssee. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5629 (vgl. Homer-W Bd. 2, S. 113 ff.) (c) Aufbau-Verlag] Die kräftigsten jungen Männer traten zum Wettkampf an und maßen sich in Wettlauf, Ringkampf, Weitsprung und Diskos. Unter ihnen auch Laodamas, der Sohn des Königs. Er forderte Odysseus verhöhnend auf an den Wettkämpfen teilzunehmen. Mit dem Verweis, dass er vieles erlitten und erduldet und andere Sorgen habe, lehnte Odysseus ab. Euryalos, der Sieger im Ringkampf, verspottete Odysseus …… (Odyssee 8.158ff): „Offen ins Antlitz schmähte Euryalos jetzt ihn und sagte: »Fremdling, ich glaube ja auch, daß du gar nichts verstehst von den Kämpfen, wie man in großer Zahl sie eifrig betreibt bei den Menschen, sondern nur ständig dahinfährst auf reichlich berudertem Schiffe, einer von denen, die Seeleute führen und Gelder erraffen, auf die Ladung bedacht sind und Ausschau halten nach Rückfracht und verlockendem Lohn! Zum Wettkampf scheinst du nicht fähig!« Finsteren Blickes maß ihn der kluge Odysseus und sagte: »Fremdling, dein Vorwurf ist unberechtigt. Dich treibt wohl der Hochmut. Sicher verleihen die Götter nicht sämtlichen Menschen die guten Gaben, stattlichen Wuchs und Verstand und Anmut der Rede. Mancher besitzt ein elendes Aussehen, aber die Gottheit zeichnet durch Schönheit die Worte ihm aus; die Zuhörer schauen voller Entzücken auf ihn; er redet besonnen und sicher, mit gewinnender Rücksicht, und strahlt hervor in dem Kreise; man betrachtet beim Gang durch die Stadt ihn als göttliches Wesen. Mancher wiederum gleicht im Äußern den stattlichen Göttern, seinem mündlichen Vortrag jedoch fehlt jegliche Anmut. Du auch besitzt ein glänzendes Aussehen, herrlicher konnte nicht einmal ein Gott dich gestalten; doch fehlt dir die Einsicht. Durch dein ungebührliches, schmähendes Reden erregtest du mich zutiefst. Ich bin nicht unbewandert im Wettkampf, wie du behauptest, sondern ich durfte mich unter die Ersten stellen, solange auf Jugend und kraftvolle Arme ich baute. Heute belasten mich Elend und Kummer; denn Furchtbares mußte ich im Krieg mit dem Feind und im Anprall der Wogen erleben. Aber trotz schmerzlichen Leides will ich im Kampf mich versuchen. Bitter verletzt mich dein Vorwurf, du stachelst und spornst mich zum Handeln!« Flink ergriff er, im Mantel, einen steinernen Diskos; größer und dicker und wesentlich schwerer war er als jene, deren zum Wurf um die Wette sich die Phaiaken bedienten. Diesen schwang er im Kreise und ließ ihn aus kraftvoller ……“ [Homer: Odyssee. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5633 (vgl. Homer-W Bd. 2, S. 116 ff.) (c) Aufbau-Verlag] Und Odysseus warf den Diskos weiter als ihn je ein Phaiake geworfen hatte; freilich hatte Athene ein wenig nachgeholfen. Seiner Aufforderung, sich in den anderen Disziplinen mit ihm zu messen, kam keiner der Phaiakenjünglinge nach; 8,234: „ ….aber die, stumm waren sie alle und schwiegen.“. Der König forderte die Jünglinge auf Odysseus zu zeigen wie gut sie den Reigen tanzen können. Domodokos sang, die Jünglinge tanzten, die anderen klatschten und Odysseus erfreute sich. Dann erhob sich Alkinoos und sprach; 8,387ff: »Höret, die ihr das Volk der Phaiaken führt und beratet! Höchst verständig, so möchte ich meinen, erweist sich der Fremdling. Auf denn, wir wollen ihm Gastgeschenke gebührlich verehren! Glänzende Fürsten, zwölf an der Zahl, versehen als Herrscher unter dem Volke die Pflichten; als dreizehnter walte ich selber. Jeder von ihnen gebe dem Fremdling einen recht schmucken Mantel nebst Leibrock, dazu ein Talent des kostbaren Goldes! Lasset uns alles sogleich zusammentragen; der Fremdling soll sich, erfreut durch Besitz der Geschenke, zum Essen begeben. Aber Euryalos soll ihn persönlich mit Worten und Gaben zu begütigen suchen; zu Unrecht erhob er den Vorwurf.« Derart sprach er, und alle spendeten Beifall und Zuspruch; jeder der Fürsten schickte den Herold, die Gaben zu bringen. Aber dem Könige gab Euryalos Antwort und sagte: »Herrscher Alkinoos, ausgezeichnet vor sämtlichem Volke, ja, ich möchte, wie du es wünschest, den Fremdling versöhnen. Anbieten will ich dies eherne Schwert ihm; silberne Nägel zieren den Griff, und frischgeschnittenes Elfenbein zieht sich rings um die Scheide. Es wird für den Fremden ein Wertstück bedeuten.« Derart sprach er, reichte dem Helden die silberbeschlagne Waffe und sagte zu ihm die im Fluge enteilenden Worte: »Glück dir, ehrwürdiger Fremdling! Und wurde ein Vorwurf erhoben, der dich gekränkt hat, so mögen ihn spurlos die Winde verwehen! Mögen die Götter den Anblick der Gattin und Heimkehr dir schenken, wo du so lange schon, ferne den Deinen, Unglück erduldest!« Ihm gab Antwort darauf der kluge Odysseus und sagte: »Dir auch, mein Lieber, wünsche ich Glück! Dich mögen die Götter segnen! Und mögest du künftig dies Schwert auch niemals vermissen, das du soeben mir gabst zur Versöhnung mit freundlichen Worten!« Damit hängte er sich um die Schultern die silberne Waffe.“ [Homer: Odyssee. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5645 (vgl. Homer-W Bd. 2, S. 122 ff.) (c) Aufbau-Verlag] Die Herolde enteilten und brachten die geforderten Gaben und Gold. Man legte die Geschenke in eine Truhe die Arete, die Gemahlin des Königs, ihm schenkte. Odysseus, wieder versöhnt und hoch erfreut, bat den Sänger das Lied vom listenreichen Odysseus, seiner Erfindung, dem Hölzerne Pferd, und vom Fall von Troia zu singen. Während des Gesanges zog sich Odysseus wieder den Mantel über das Gesicht, weinte wieder mit vielen Tränen und wieder merkte es nur Alkinoos, der König; 8,537: „ >Möge Demodokos schweigen lassen die klingende Harfe; denn sein Gesang erweckt nicht bei allen dankbare Freude! Seit wir speisen und der göttliche Sänger im Vortrag anfing, verharrt der Fremdling ununterbrochen in tiefer, bitterer Trübsal; vermutlich bedrückt ihm Kummer die Seele. Höre der Sänger denn auf! Wir alle sollen uns freuen, Gastgeber wie auch der Gast; so verlangt es nun einmal der Anstand. Dieses Festmahl widmen wir unsrem ehrwürdigen Gaste, wie das Geleit und die Gaben, die wir in Freundschaft ihm spenden. Seinen Bruder erblickt im hilfeflehenden Fremdling, wer sich auch nur ein wenig bewahrt Verstand und Empfindung. Deshalb verschweige mir jetzt nicht mehr in berechnender Vorsicht, was ich dich frage; auch derlei Auskunft rechnet zum Anstand. Sag uns den Namen, mit dem dich zu Hause Mutter und Vater nennen, die Mitbürger deiner Heimatstadt und die Nachbarn! Niemand verbleibt ja völlig namenlos unter den Menschen, ….>“ [Homer: Odyssee. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5652 (vgl. Homer-W Bd. 2, S. 126 ff.) (c) Aufbau-Verlag] Odysseus gab sich zu erkennen und erzählte von seiner Abfahrt von Troia, den vielen Irrfahrten, erzählte die berühmten „Irrfahrten des Odysseus“ der Odyssee, die Gesänge 9 bis 12: „So sprach er; aber die, stumm waren sie alle und schwiegen, Noch vom Zauber gebannt ….“ (13,1f). DIE ABFAHRT BEI DEN PHAIAKEN UND DIE ANKUNFT AUF ITHAKA. Alkinoos, tief beeindruckt, schenkte Odysseus als Dank einen Dreifuß und alle gingen und legten sich zu Ruhe. Als Eos, die Göttin der Morgenröte, das Land mit einem rosigen Schimmer überzog, eilten die Männer zum Schiff um Odysseus zu verabschieden. Die Geschenke und Proviant wurden verladen und der Abschiedswein gemischt. Odysseus bedankte sich beim König und der Königin, nahm Abschied, bestieg das Schiff und freute sich auf das baldige Wiedersehen mit seiner Gattin und seinem Sohn. Ermattet und in glücklicher Erwartung, endlich, endlich, legte er sich auf vorbereitete Matten und schlief selig ein und vergaß, wie viel er erlitten hatte. Während er schlief erhob sich das Schiff aus dem Wasser und schneller als Geier fliegen können flog es über das Meer in Richtung Ithaka. Im Hafen Phorkys lief das Schiff ein, die jungen Phaiaken hoben den Schlafenden sanft an den Strand neben einen großen Olivenbaum, dort, wo in einer Grotte die Nymphen purpurne Tücher webten, und entluden die Geschenke. Leise fuhren die Phaiaken wieder ab. Poseidon aber saß grollend im Meer; sollte der, der seinem Sohn Polyphem das einzige Auge ausgebrannt hat doch entkommen, nicht die tödliche Rache, die er dem Geblendeten versprochen hat, doch verspüren, sollte er, Poseidon, der große Gott des Meeres, zum Gespött werden bei den Menschen und Göttern – nein! – und er beklagte sich bei Zeus, denn er wusste, dass Zeus dem geschundenen Odysseus das Überleben zugenickt hatte. „Ihm gab Antwort der wolkenballende Vater und sagte: »Seltsam, du mächtiger Erderschütterer, was du da redest! Niemals verweigern die Götter dir Achtung; es wäre kaum möglich, einen so alten und vornehmen Gott mit Schmach zu bedecken. Sollte jedoch ein Mensch auf Trotz und Gewalt sich verlassen und dein Ansehen schmälern, so kannst du dich immer noch rächen. Handle getrost nach deinem Willen und deinem Belieben!« Ihm gab Antwort darauf der Gott, der die Erde erschüttert: »Handeln will ich sofort, wie du anrätst, Düsterumwölkter! Suche ich deinen Groll doch stets voll Rücksicht zu meiden. Nunmehr indessen will ich das stattliche Schiff der Phaiaken, kehrt es zurück von seiner Geleitfahrt, auf endlosem Meere scheitern lassen - sie sollen nicht länger Menschen geleiten! -, aber die Stadt der Phaiaken mit hohen Bergen umgeben!« Ihm gab Antwort der wolkenballende Vater und sagte: »Folgendes Handeln, mein Lieber, scheint mir am stärksten zu wirken: Wenn die Phaiaken das Schiff von der Stadt aus zurückkommen sehen, dann verwandle es, nahe dem Lande, zu Stein, doch belasse seine Gestalt ihm, damit es sämtliche Menschen bestaunen! Aber die Stadt der Phaiaken umgib mit ragenden Bergen!« Als der Gott, der die Erde erschüttert, die Weisung vernommen, eilte er fort nach Scheria, das die Phaiaken bewohnen. Ebendort machte er halt. Da nahte schon über die Fluten brausend das Schiff. Dicht trat Poseidon heran an das Fahrzeug, schlug es mit flacher Hand, ließ dadurch zum Felsen es werden und auf dem Meeresgrund haften. Anschließend zog er von dannen. [Homer: Odyssee. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5782 (vgl. Homer-W Bd. 2, S. 202 ff.) (c) Aufbau-Verlag] Die am Ufer wartenden Phaiaken, erschraken, angsterfüllt erkannten sie das Zeichen, schlachteten eilig zwölf schöne Stiere und opferten sie, um Versöhnung bittend, dem mächtigen Gott Poseidon. Odysseus erwachte. Athene hatte ihn in Nebel gehüllt, damit er die Landschaft nicht sofort erkenne, damit sie mit ihm alles besprechen konnte denn es war ihr Wille, dass Odysseus die vielen Freier seiner Gattin Penelope, die sich in seinem Hause schamlos eingenistet hatten und sein Vermögen verprassten, vernichte. Panische Angst erfasste Odysseus, er erkannte die Landschaft nicht, glaubte wieder irgendwo gelandet zu sein, nur nicht in seiner Heimat Ithaka. Da erschien Athene in der Gestalt eines Hüters der Schafe, zart gebaut, so wie es die Söhne der Herren sind. Odysseus eilte ihr entgegen, bat um Hilfe und fragte nach dem Namen des Landes. Athene erklärte ihm, dass er sich auf der armen, aber schönen Insel Ithaka befände. Da freute er sich, der göttergleiche Dulder Odysseus. Um nicht erkannt zu werden erzählte der Listenreiche dem zarten Hirten ein Lügenmärchen, …….. „Derart sprach er, und lächeln mußte die Göttin Athene, streichelte ihn und zeigte in wahrer Gestalt sich dem Helden, stattlich und groß, ein Weib, zu herrlicher Leistung befähigt. An ihn richtete sie die im Fluge enteilenden Worte: »Schlau und durchtrieben müßte schon sein, wer in allerlei Listen dich überträfe, und käme dir auch ein Gott in die Quere! Bösewicht, Ränkeschmied, unersättlich an listigen Plänen, auch auf dem Boden der Heimat verzichtest du nicht auf die Täuschung und den Betrug, die zu deinem innersten Wesen gehören! Reden wir aber nicht weiter darüber, wir beide verstehen klüglich zu denken - du kannst, als ein Mensch, bei weitem am besten raten und reden, und ich erfreue im Kreise der Götter ebenfalls mich des Ruhmes der Weisheit. Und trotzdem: die Göttin Pallas Athene, die Tochter des Zeus, erkanntest du gar nicht, mich, die in jeder Gefahr ich Beistand und Schutz dir gewähre, dir auch die freundliche Hilfe aller Phaiaken verschaffte! Hierher komme ich heute, gemeinsam mit dir zu beraten und zu verstecken, was dir die edlen Phaiaken an Schätzen auf die Heimreise mitgaben, meinem Willen zufolge, auch, dir zu sagen, was du in deinem stattlichen Hause noch zu erdulden hast! Ertrage es, wenn auch gezwungen; keinem der Männer und keiner der Frauen, nicht einem, verrate, daß du von deiner Irrfahrt heimkehrtest, sondern erdulde schweigend die bittere Unbill und schick dich ins Treiben der Feinde!« [Homer: Odyssee. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5790 (vgl. Homer-W Bd. 2, S. 206 ff.) (c) Aufbau-Verlag] Athene vertrieb die Nebel, Odysseus erkannte glücklich sein Land, kniete sich nieder und küsste die nährende Erde. Unter dem Olivenbaum setzten sie sich nieder und sie sprach: „ »Zeusentsprossener Sohn des Laërtes, kluger Odysseus, scharf überlege dein Vorgehen gegen die schamlosen Freier, die sich drei Jahre bereits im Palast als Herren gebärden und dir die göttliche Gattin mit Freiersgaben umwerben. Ständig erwartet sie, jammernd in Sehnsucht, daß du zurückkehrst; allen erweckt sie Hoffnung und macht durch Botschaften immer wieder Versprechungen; aber sie hat ganz andres im Sinne.« Ihr gab Antwort darauf der kluge Odysseus und sagte: »Wehe, dem kläglichen Schicksal des Atreussohns Agamemnon wäre ich jetzt tatsächlich in meinem Hause verfallen, hättest du, Göttin, mir nicht die entsprechende Auskunft gegeben! Aber jetzt rate mir, bitte, wie ich die Freier bestrafe, flöße mir Kühnheit und Zuversicht ein und gewähre mir Beistand, derart wie damals, wo Trojas glänzende Zinnen wir brachen! Trätest du, helläugig Blickende, mir so eifrig zur Seite, rückte ich dreihundert Feinden sogar zum Kampfe entgegen, mächtige Gottheit, mit dir, erwiesest du gnädig mir Hilfe!« Ihm gab Antwort die helläugig blickende Göttin Athene: »Tatkräftig will ich dir helfen, dich nicht aus den Augen verlieren, wenn wir das Unternehmen beginnen. Ich glaube, noch mancher wird sein Gehirn und Blut auf den stattlichen Fußboden spritzen aus der Rotte der Freier, die jetzt dein Vermögen verprassen. [Homer: Odyssee. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5793 (vgl. Homer-W Bd. 2, S. 208 ff.) (c) Aufbau-Verlag] Um das Racheunternehmen nicht zu gefährden verwandelte Athene Odysseus in einen alten runzeligen Bettler und schickte ihn zu Eumaios, den alten Schweinehirten und treuen Knecht des Odysseus aus früheren Tagen. Sie selbst flog nach Sparta, um Telemachos, den nun erwachsenen Sohn des Odysseus zurückzurufen; Athene selbst hatte den jungen Mann auf die Suche nach seinem verschollenen Vater geschickt. Über einen steinigen Fußpfad erreichte Odysseus die Hütte des alten Schweinehirten Eumaios. Vor der Hütte wurde er von den wilden Hirtenhunden angefallen. Aber Eumaios vertrieb sie, empfing den Bettler freundlich, schlachtete zwei Spanferkel, sengte und zerteilte sie und steckte das Fleisch auf Spieße. Bei einem herrlichen Gastmahl mit Wein und Brot beklagte sich der dem Zeus und seinem eigenen Mitleid gehorchende gute Hirte, dass sein von ihm über alles geliebter gütiger Herr, der göttergleiche Odysseus, verschollen ist und er den frechen und alles verprassenden Freiern täglich von seinen 360 Schweinen einen fetten Eber abliefern müsse. Er beklagte auch das Leid der Penelope, der treuen Gattin, die täglich Tränen vergieße und sehnsüchtigst auf die Ankunft ihres Gatten warte. Der verwandelte Odysseus erzählte Eumaios, und schwor bei den Göttern, dass er die Wahrheit sage, von der bevorstehenden Ankunft des Odysseus. Doch Eumaios glaubte dennoch nicht, schon zu oft wurden er und Penelope, die treue Gattin, von Fremden, die sich Geschenke erwarteten, belogen. Auch das Lügenmärchen seiner Herkunft und seines Schicksals, das Odysseus, der listenreiche, ihm erzählte, glaubte Eumaios nicht und noch weniger glaubte er, als Odysseus ihm erzählte, dass der Odysseus im Lande der Thesproten bei König Pheidon gesehen habe und er hergeschickt worden sei die baldige Ankunft des Göttergleichen anzukündigen. Nach reichlichem Schmause legte man sich zur Ruhe. Die Westwind stürmte nasskalt. Odysseus, nur in seinen zerfetzten Lumpen gehüllt, fror es. Um die Güte des Eumaios zu erproben bat er ihn um einen Mantel. Eumaios …… „……, rückte dem Gaste die Bettstatt ans Feuer und bedeckte sie sorglich mit Fellen von Schafen und Ziegen. Darauf legte Odysseus sich nieder, und über ihn deckte jener den großen, wolligen Mantel, der ständig bereitlag für ihn selber, falls außergewöhnliches Unwetter drohte. Derart schlief in der Hütte Odysseus, und neben ihn legten sich die Jünglinge nieder. Jedoch der Hüter der Schweine wollte nicht drinnen bleiben, nicht schlafen getrennt von den Ebern, sondern er rüstete sich, um nach draußen zu gehen. Odysseus freute sich, wie er das Gut des verschollenen Fürsten betreute.“ [Homer: Odyssee. Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 5826 (vgl. Homer-W Bd. 2, S. 227 ff.) (c) Aufbau-Verlag] ……. Pallas Athene flog nach Sparta und forderte Telemachos auf nach Ithaka heimzukehren. Sie warnte ihn vor den Freiern, die ihn in dem Sund zwischen Ithaka und Same auflauern um ihn zu ermorden. Sie empfahl in der Nacht zu segeln, heimlich an Land zu gehen und das Schiff bei Tag in den Hafen einlaufen zu lassen. Er selbst soll sich direkt zum Schweinehirten Eumaios begeben. Telemachos gehorchte der Göttin. Nach feierlichen Abschiedsfesten kehrte er, reich beschenkt vom König Menelaos, in seine Heimat zurück. ……. Nach einem genüsslichen Abendessen saßen Eumaios und Odysseus in der Hütte und plauderten. Um seinen guten Hirten noch ein mal zu erproben erklärte Odysseus, dass er, um dem Eumaios nicht weiter zur Last zu fallen, am nächsten Tag in die Stadt gehen und Brot und Trank erbetteln wolle. Auch Penelope wolle er eine Botschaft bringen und sich dann unter die Freier mischen und sich als Diener anbieten. Der gute Sauhirt fragte Odysseus wie er auf solche Gedanken käme, ob er sich endgültig zugrunde richten wolle und forderte ihn auf zu bleiben, weil er niemandem zur Last falle; Odyssee 15,340ff: „Ihm gab Antwort darauf der göttliche Dulder Odysseus: »Möge dich Zeus so schätzen, Eumaios, wie ich dich verehre, da du vor weiterer Irrfahrt und schrecklicher Not mich bewahrtest! Nichts trifft härter den Menschen, als unstet umherschweifen müssen! Bittere Qualen bereitet der knurrende Magen dem Armen, der sich verurteilt sieht zum Wandern, zu Elend und Mühsal…..>.“ Wohl wissend, dass seine Mutter längst im Reich der Schatten wandelt, erkundigte sich Odysseus ob die Mutter und der Vater des „edlen Odysseus“ noch unter den Strahlen der Sonne verweilen oder ob sie bereits gestorben sind. Vor Kummer und Gram über den verschollenen Sohn sei die Mutter gestorben, der Vater aber, der alte Laertes, lebe noch, zurückgezogen, gebrochen vor Schmerz über den Verlust seiner Frau und seines Sohnes und täglich bitte er Zeus ihm das Leben zu nehmen, erzählte Eumaios, der Schweinehirt und lobte Antikleia, die Gemahlin des Laertes, weil sie ihn, den Knaben Eumaios, als er entführt und verkauft wurde, zu sich genommen und aufgezogen habe wie eine eigene Mutter, mit Liebe und Zärtlichkeit. Während die beiden Männer bis spät in die Nacht plauderten legte im Dunkel der Nacht in einem stillen Hafen ein Schiff an. Telemachos ging an Land, schickte das Schiff und die Mannschaft zum Hafen der Insel Ithaka und rasch schreitend begab er sich zum Hof mit den unzähligen Schweinen. Jene beiden, Odysseus und der göttliche Schweinehirt, richteten sich gerade das Frühstück, als sie Schritte hörten, die Hunde bellten nicht, wedelnd begrüßten sie einen Ankömmling. Eumaios ließ vor Freude die Töpfe fallen, Telemachos stand vor der Tür. Eumaios …..; Odyssee 16,14ff: „ ……………. Entgegen trat er dem jungen Fürsten und küßte ihm Haupt und leuchtende Augen und beide Hände; er selber vergoß dabei die Tränen der Freude. Wie ein Vater herzlich Willkommen entbietet dem Sohne, der aus der Fremde im zehnten Jahre zurückkehrt, dem Liebling, seinem einzigen, den er mit schmerzlicher Mühe umsorgte, ebenso küßte der wackere Hüter den göttlichen Jüngling, hielt ihn umschlungen, als sei er soeben vom Tode erstanden. Schluchzend sprach er zu ihm die im Fluge enteilenden Worte: »Endlich zurück, Telemachos, Licht mir und Freude! Nie wieder glaubte ich dich zu erblicken, seitdem du nach Pylos gefahren! Tritt doch näher, mein lieber Junge, damit ich mich richtig satt sehen kann an dir, …………“. Telemachos betrat die Hütte, Odysseus sah seinen Sohn. Als Bettler wollte er dem jungen Fürsten, seinem Sohn, Platz machen. Telemachos jedoch lehnte freundlich ab. Ohne Umschweife erklärte er dem göttlichen Sauhirten warum er zuerst zu ihm gekommen sei. Über hundert Freier, elende Prasser, lagern im Haus seiner Mutter, eine Übermacht - mit der Absicht ihn, den Telemachos, den Sohn des Odysseus, zu ermorden. Er selber sei gegen diese Meute zu schwach. Der treue Eumaios erzählte dem jungen Herren alles was während seiner Abwesenheit geschah: allen Freiern versprach Antikleia die Ehe, aber keinem habe sie die Hand gereicht; jeden Tag webe sie, viele Tränen vergießend aus Sehnsucht nach Odysseus, an ihrem Gewebe, das sie in der Nacht wieder auftrenne und Laertes, der greise Vater, ……; Odyssee 16,143ff: „ >…….soll überhaupt (er) jegliches Essen und Trinken verweigern, auch auf die Arbeit nicht schauen; nein, traurig, mit Seufzen und Stöhnen sitzt er umher, es schrumpft ihm das Fleisch auf den Knochen.«“. Eumaios wollte den Bettler der Gastfreundschaft seines jungen Herren anvertrauen. Telemachos lehnte aber ab, weil er bei der ungezügelten Frechheit dieses Freierpacks in seinem Hause nicht für die Sicherheit dieses Gastes sorgen könne. „ Nunmehr sagte zu ihnen der göttliche Dulder Odysseus: »Dürfte auch ich, mein Lieber, mich äußern, so will ich bekennen, daß es mir wirklich das Herz zerreißt, hier hören zu müssen, was die Freier an gottlosem Frevel in eurem Palaste schamlos verüben, dir, solch wackerem Jüngling, zum Trotze. Sage mir: Fügst du dich willig? Oder hassen die Männer deines Volkes dich etwa, veranlaßt von einem Orakel? Oder gibst du die Schuld den Brüdern, auf die sich ein Kämpfer immer verläßt in der Schlacht, und entbrannte sie noch so entsetzlich? Wäre, mit meinem Mute, ich heute so jugendlich kraftvoll oder ein Sohn des edlen Odysseus, oder er käme selber nach Hause von seiner Irrfahrt - noch lebt ja die Hoffnung -: nun, dann sollte gleich einer das Haupt vom Rumpfe mir trennen, wenn ich nicht eindränge in den Palast des Sohns des Laërtes und den Verbrechern allen zum strafenden Unheil erwüchse! Sollte jedoch die Übermacht mich, den einzelnen, schlagen, wollte ich lieber in meinem Palaste von Mörderhand fallen, als für immer das schmachvolle Treiben mitansehen müssen, wie sie die Gastfreunde schändlich mißhandeln, die Mägde zur Stillung ihrer Begierde herumzerren durch die prächtigen Zimmer, wie sie die Weinfässer leeren und sämtliche Speisen vertilgen, ziellos und endlos, in einem unerfüllbaren Streben!« Der verständige Jüngling Telemachos gab ihm zur Antwort: »Fremdling, ich will die gewünschte Auskunft untrüglich dir geben. Weder grollt mir das ganze Volk in wütendem Hasse noch beschuldige ich die Brüder, auf die sich ein Kämpfer immer verläßt in der Schlacht, und entbrannte sie noch so entsetzlich. Jeweils durch einen Nachkommen nur erhielt der Kronide nämlich unser Geschlecht. Arkeisios zeugte Laërtes, dieser Odysseus. Und letzterer ließ als einzigen Sprößling mich im Hause zurück und konnte sich meiner nicht freuen. Deshalb tummeln sich heute die Feinde in seinem Palaste. Sämtliche Fürsten nämlich, die über Dulichion herrschen, über Same und über das waldbedeckte Zakynthos, auch die im felsigen Ithaka eine Herrschaft verwalten, werben um meine Mutter, verprassen darüber den Hausstand. Meine Mutter verweigert nicht die erzwungene Hochzeit, kann sie freilich auch nicht vollziehen. Die Freier indessen zehren mein Gut auf und werden in Kürze mich selber zerreißen. Aber der Ausgang liegt im Schoße der ewigen Götter…….<“ Die Aufgabe, Antikleia, die Mutter, von der heimlichen Ankunft ihres Sohnes zu benachrichtigen, übernahm Eumaios. Kaum war er auf dem Weg erschien Pallas Athene, die Göttin, sichtbar aber nur für Odysseus und die Hunde, die winselnd zur Seite krochen. Sie gab ihm ein Zeichen zu ihr vor das Haus zu treten; Odyssee 16,166ff: „………….., und diese sprach zu dem Helden: »Zeusentsprossener Sohn des Laërtes, kluger Odysseus, sprich jetzt offen zu deinem Sohn und verstell dich nicht länger! Habt ihr gemeinsam den Plan zum Tode der Freier geschmiedet, macht auf den Weg euch zur ruhmreichen Stadt. Ich selber gedenke nicht mehr lange euch fern zu bleiben, es drängt mich zum Kampfe!« Derart sprach Athene, berührte ihn dann mit dem goldnen Stabe. Die Brust umhüllte sie ihm mit sauberer Kleidung, Mantel und Leibrock, verlieh ihm Schönheit und Kräfte der Jugend. Bräunlich färbte die Haut sich wieder, voll wurden die Wangen, rings um das Kinn entsproßte dunkel der kräftige Bartwuchs. Danach verschwand Athene. Odysseus trat in die Hütte.“ Telemachos war erstaunt, wandte sich entsetzt ab, glaubte einen Gott vor sich zu haben und versprach Opfergaben. Odysseus gab sich zu erkennen und erklärte seinem noch immer ungläubigen Sohn die Kraft der Göttin Athene, die ihn zu seinem eigenen Schutz in einen Bettler verwandelt habe. Weinend vor Freude, endlich, nach zwanzig Jahren, fielen sich der Vater und der Sohn in die Arme und küssten sich. Odysseus erzählte seinem Sohn wie er nach Ithaka gekommen ist und dass Athene ihn angewiesen habe alle Freier zu töten. Obwohl dem Sohn viel vom Heldenmut seines Vaters erzählt wurde zweifelte er doch, denn 136 Freier (nach Apollodor epit 7,27ff) und dazu 11 Leute Gefolge befanden sich im Hause des Odysseus – 2 gegen 147 sollten siegen? Odysseus zeigte keine Angst, Zeus und Pallas Athene stünden auf ihrer Seite, und beauftragte Telemachos am nächsten Morgen in die Stadt und in sein Haus zu gehen, er, Odysseus, werde mit dem göttlichen Schweinehirt, wieder in der Gestalt eines Bettlers, folgen. Der Sohn strahlte als sein Vater ihn genau anwies wie er sich den Freiern gegenüber zu verhalten habe und ihm genau erklärte wie er, Odysseus, dem Treiben dieser übermütigen Prasser ein Ende setzen werde – Athene dränge die Begierde zu kämpfen. Während sie sprachen fuhr das Schiff des Telemachos in den Hafen ein. Die Freier erschraken und beschlossen den Tod des Jünglings. Bevor Eumaios zurückkehrte verwandelte Athene Odysseus wieder in einen Bettler. Als mit der rosenfingrigen Eos, der Morgenröte, der Tag erwachte, begab sich Telemachos in die Stadt. Später, zur Zeit der wärmenden Sonne, begleitete Eumaios den „Bettler“ ebenfalls dorthin; Odyssee 17,17ff: „>Freund, auch selber möchte ich hier nicht länger verweilen; Leichter dem Bettler ist`s, durch die Stadt hin Nahrung zu betteln Als auf dem Land; …..>“ Telemachos betrat sein Elternhaus und die Mutter warf die Arme um ihn, küsste sein Haupt und die schönen Lichter der Augen und weinend klagte sie. Der wiedergekehrte Sohn tröstete sie und bat sie ein Bad zu nehmen, die saubersten Kleider anzuziehen und den Göttern ein vollendetes Opfer darzubringen um zu sehen ob Zeus ein Werk der Vergeltung gewähre. Penelopeia gelobte, nahm ein Bad und zog sich die saubersten Kleider an. Mit göttlichem Liebreiz übergoss Athene Telemachos als er aus der Halle des Hauses trat und durch die Reihen der staunenden Freier auf seine Freunde zuging. Nach langem steinigem Weg, begleitet vom göttlichen Schweinehirt Eumaios, trat Odysseus vor sein Haus. Auf einem Misthaufen lag Argos, sein alter Hund, den er vor zwanzig Jahren aufgezogen hatte; Odyssee 17,301ff: „Dort lag Argos, der Hund, bedeckt von wimmelnden Läusen, witterte jetzt das Herannahen seines Herren Odysseus, wedelte sacht mit dem Schweif und senkte die lauschenden Ohren; nicht mehr reichte die Kraft ihm, sich seinem Gebieter zu nahen. Dieser blickte zur Seite, und unbemerkt von dem Hirten, wischte er Tränen sich ab; …….“ Dann starb der treue Argos, der Hund, der seinen Herrn wieder erkannt hatte. Nach Eumaios betrat Odysseus sein Haus. Telemachos bewirtete beide freundlich. Auch einige Freier gaben ihm, jedoch Antinoos beschimpfte ihn schreiend, forderte ihn auf zu gehen, warf einen Stuhl nach ihm und traf ihn an der Schulter. Ruhig sagte der Getroffene zu den Freiern; Odyssee 17,468ff: »Höret mein Wort, die ihr euch bewerbt um die ruhmreiche Fürstin! Aussprechen muß ich, wozu Verlangen und Willen mich spornen. Keinerlei Kummer und keine Betrübnis peinigt den Helden, der in dem Kampfe um seine eigenen Güter, um seine Rinder und leuchtenden Schafe Wunden empfängt von den Feinden. Aber Antinoos warf nach mir aus Anlaß des bösen Hungers, der den Sterblichen bittere Qualen verursacht. Nun, wenn Erinyen und Götter zum Schutze der Bettler noch wirken, soll den Antinoos vor der Hochzeit sein Schicksal ereilen!« Telemachos, wie vereinbart, reagierte nicht, Seine Mutter jedoch, Penelope, ließ, als sie von dieser Schande hörte, den Bettler zu sich rufen. Eumaios hatte ihr viel von diesem wunderlichen Bettler erzählt. Erst nach Einbruch der Dunkelheit, wenn keine Gefahr mehr von den Freiern bestünde, ließ Odysseus vom göttlichen Schweinehirt der Herrin des Hauses ausrichten, wolle er mit ihr am offenen Feuer mit Ruhe sprechen. In der Halle schmausten, die Gefahr nicht ahnend, die Freier und erfreuten sich am Gesang und am Reigentanz. Iros, ein Bettler aus der Stadt, betrat den Palast des Odysseus und bat um Gaben. Laut schimpfend wollte er Odysseus aus seinem eigenen Hause vertreiben und drohte ihm die Zähne auszuschlagen. Der Gedemütigte nahm die Aufforderung zum Faustkampf an. Zur Freude aller schmarotzenden Freier traten sie vor die Türe und …; Odyssee 18,90ff: „Da überlegte im stillen der göttliche Dulder Odysseus, ob er mit einem Schlage ihn tödlich hinschmettern solle oder nur leicht ihn schlagen und auf den Fußboden strecken. Schließlich erschien ihm bei seiner Erwägung als bestes, nur glimpflich Iros zu treffen, damit nicht die Freier Verdacht auf ihn würfen. Beide holten sie aus, und Iros traf ihm die rechte Schulter, Odysseus den Hals am Ohr; er zerbrach ihm den Kiefer. Purpurnes Blut entströmte sogleich dem Munde. Laut brüllte Iros und sank in den Staub, schlug klappernd die Zähne zusammen, stampfte den Boden mit zappelnden Füßen. Die würdigen Freier schwenkten die Arme und wollten sich totlachen.“ Die Göttin mit den strahlenden Augen, Pallas Athene, gab Penelope den Rat sich den prassenden Freiern zu zeigen, berührte sie mit dem Stab und ließ sie schöner, würdiger und begehrenswerter erscheinen als je zuvor; Odyssee 18,212f: „Staunen durchzuckte die Freier sogleich, sie entbrannten vor Sehnsucht, jeden bewegte der Wunsch, mit der Fürstin das Lager zu teilen.“ Mit harten Worten wendete sich die Strahlende an ihren Sohn, weil er die Beleidigung eines Bettlers in ihrem Hause zugelassen hatte – Odysseus freute sich. Bitter beklagte sie sich über den Dämon, der ihr so viele Übel schickte, klagte, dass Odysseus wohl nun wirklich tot sei, nie mehr zurückkehre und dass nun bald die Nacht kommen werde in der ihr, der Unseligen, die verhasste Vermählung und die lustvolle Begierde eines Freiers nahen werde – Odysseus freute sich. Würdevoll ermahnte die Fürstin die schamlose Schar der Freier und erklärte, dass früher Freier mit glänzenden Gaben um eine Braut geworben haben und nicht unentgeltlich fremdes Besitztum verzehrt haben. Beschämt schickten die Freier ihre Diener die wertvollen Geschenke zu bringen und legten sie vor die Füße der Herrin – Odysseus freute sich. Mit ihren Mägden und den Geschenken zog sich die göttlich strahlende Penelope zurück. Die trotzigen Freier aber schmausten und tranken weiter, Athene hatte ihnen, um die Wut des Odysseus anzuheizen, Übermut eingeflößt. Eine der Dienerinnen, Melantho, Penelope hatte sie einst wie ihr eigenes Kind aufgezogen, verhöhnte den siegreichen Bettler und wünschte ihm einen Gegner, der ihm den Schädel einschlage und ihn aus dem Haus werfe. Die Freier überschütteten den Listenreichen mit Spott, Eurymachos, einer der Anführer und ständiger Liebhaber der Melantho, warf sogar einen Schemel nach ihm. Odysseus, der lumpige Bettler, blieb ruhig und bewachte das Feuer. Nachdem alle gesättigt waren zogen sich die Freier zur Nachtruhe zurück. Odysseus blieb allein in der Halle zurück und besprach mit der ihn beschützenden Göttin Athene die Ermordung der Freier. Bevor sich Telemachos zur Ruhe zurückzog sammelte er noch mit Odysseus alle Waffen im Hause ein und verwahrte sie in einer Kammer. In der Halle allein blieb Odysseus, versunken in Gedanken, die Ermordung der Freier wohl überlegend. Plötzlich erschien aus ihrem Schlafgemach Penelopeia, schön wie eine Göttin, und setzte sich zu Odysseus. Sie bat ihn Platz zu nehmen und erzählte ihm ihr Leid; Odyssee 19,124ff: »Vorzüge, Schönheit und stattliches Aussehen, machten die Götter ganz mir zunichte, Fremdling, seit die Argeier nach Troja zogen und ihrer Heerschar Odysseus sich anschloß, mein Gatte. Kehrte er glücklich zurück und beschützte mich sorglich und eifrig, würde mein Ruhm sich erhöhen, mein Leben sich reicher gestalten. Jetzt bedrückt mich der Kummer; so furchtbar schlug mich ein Daimon. Sämtliche Fürsten nämlich, die über Dulichion herrschen, über Same und über das waldbedeckte Zakynthos, die auch ringsum im weithin sichtbaren Ithaka wohnen, werben um mich, obwohl ich mich sträube, verprassen den Hausstand. Darum beachte ich kaum die Fremdlinge, kaum die um Hilfe Flehenden, auch nicht die Herolde, die um das Volkswohl sich mühen; nur um Odysseus härme ich mich in schmerzlicher Sehnsucht. Die dort drängen zur Hochzeit - ich kämpfe listig um Aufschub. Anfangs gab mir ein Daimon den Plan ein, den mächtigen Webstuhl aufzustellen im Zimmer und ein feines und großes Linnen zu weben. Den Freiern gab ich folgende Auskunft: 'Jünglinge, die ihr um mich euch bewerbt nach dem Tode des edlen Helden Odysseus, dränget mich, bitte, nicht länger zur Heirat, bis ich das Laken vollendet - nicht unnütz verderbe der Faden! - für den Helden Laërtes als Leichentuch, Gabe der Stunde, da ihn das düstre Geschick des schmerzlichen Todes dahinrafft; keine Achaierin soll im Lande mir Vorwürfe machen, läge der Fürst, der vieles erworben, ohne Bedeckung!' Derart sprach ich und konnte die mannhaften Helden beschwatzen. Eifrig webte ich nun am Tage das riesige Linnen, trennte es aber zur Nacht, im Fackelschein, stets auseinander. Damit betrog ich die Freier und hielt sie im Glauben, drei Jahre. Als dann endlich das vierte Jahr kam und die Horen sich nahten im Entrinnen der Monde, nach Ablauf so zahlreicher Tage, kamen sie mir auf die Schliche mit Hilfe schamloser, frecher Mägde und trieben zum Weben mich an mit drohenden Worten. Abschließen mußte ich, notgedrungen, die leidige Arbeit. Nunmehr vermag ich die Heirat nicht länger zu meiden und finde keinerlei weitere List. Mich drängen die Eltern zur Ehe, unwillig duldet mein Sohn die Vermögensverluste; denn immer stärker gelangt er zur Einsicht. Schon zeigt er sich fähig, den Hausstand selbst zu verwalten, ein Mann, dem Zeus Erfolge ermöglicht. Trotzdem kannst du, bitte, Geschlecht und Herkunft mir nennen, stammst du doch nicht von der Eiche und nicht von dem Felsen der Sage!« In Tränen aufgelöst fragte sie den Bettler nach seiner Herkunft. Um sich nicht zu verraten erzählte Odysseus auch ihr eine seiner berühmten Lügengeschichten in der er, wie schon so oft, Wahrheit und Lüge mit edlen Worten geistreich zu verbinden wusste. Auch dass er Odysseus getroffen habe erzählte er der Weinenden, selber die Tränen unterdrückend, und schilderte ihr, nachdem sie ihn prüfend befragt hatte, genau die Kleidung des Odysseus und nannte den Namen seines treuesten Gefährten. Odyssee 19,249ff: „Damit erhöhte er noch den Schmerz, der die Fürstin bewegte; denn sie erkannte als zutreffend, was ihr Odysseus erzählte. Bittere Tränen vergoß sie; als sie sich ausgeweint hatte, setzte aufs neue zum Sprechen sie an und sagte dem Bettler: »Fremdling, du galtest bis jetzt mir als würdig des Mitleids - doch nunmehr wird man in meinem Palast auch Freundschaft und Achtung dir zollen! Ja, die erwähnten Gewänder gab ich selber dem Gatten, hatte sie sorgsam zusammengelegt aus der Kammer, zur Zierde ihm auch die glänzende Spange darangeheftet! Ach, niemals werde ich ihn nach glücklicher Heimkehr zu Hause begrüßen! Fuhr doch Odysseus zum Unglück davon auf den bauchigen Schiffen, um das verfluchte, nicht auszusprechende Troja zu schauen!«“ Der Bettler widersprach ihr und berichtete dass Odysseus lebt, berichtete , dass er sich schon im nahen Lande der Thesproten befinde und man ihn, den Bettler, vorausgeschickt habe um ihr, Penelope, die bevorstehende Ankunft des Gatten anzukündigen. Zu oft hatten Schwindler in der Hoffnung auf Lohn schon ähnliche Worte gesprochen. Penelopeia zweifelte, doppelt, denn noch keiner hatte wie dieser Bettler mit einer so schönen Sprache und mit so viel Verstand gesprochen. Sie ordnete an den alten Bettler zu baden, ihn zu ölen und ihm ein schönes Bett zu richten. Mit der Bemerkung, er wolle sich nicht von Mägden die ihn verspotten baden lassen, lehnte Odysseus ab; wenn jedoch eine alte, erfahrene Frau die, gleich wie er, viel im Leben erlitten habe, ihm die Füße waschen würde, dann wäre er dankbar. Eurykleia, die alte Amme des Odysseus, brachte Wasser und wusch dem Bettler, ihrem Herren, die Füße und bemerkte die Narbe jener Wunde die einst bei der Jagd ein Eber dem jungen Odysseus schlug als er bei Autolykos, seinem Großvater, zu Besuch weilte; Odyssee 19,467ff: „Diese Narbe ertastete Eurykleia, erkannte sie auf der Stelle und ließ vor Schreck den Schenkel entgleiten. Hart in das Becken prallte das Bein, die Erzwand erdröhnte dumpf, es kippte die Schüssel, das Wasser schwappte zu Boden. Freude und Schmerz zugleich empfand die Greisin, mit Tränen füllten sich ihre Augen, es stockte zunächst ihr die Stimme. Endlich berührte am Kinn sie den Helden und stammelte glücklich: »Wirklich, du bist Odysseus, mein Junge! Jetzt erst erkenne ich den Gebieter in dir, nachdem ich dich ringsum betastet!«“ Odysseus zog die alte Amme an sich und raunte die Worte; Odyssee 19,482ff: „»Mütterchen, willst du ins Unglück mich stürzen? Du hegtest mich selber einst an der Brust. Jetzt bin ich nach mancherlei bitterer Mühsal endlich, im zwanzigsten Jahre, zurück in die Heimat gekommen. Nunmehr, wo es ein Gott dir ermöglichte, mich zu erkennen, schweige darüber! Kein anderer darf es im Hause erfahren. ……>“ …… Eurykleia, die kluge Pflegerin, gab ihm zur Antwort: »Welch ein Verdacht entfloh, mein Kind, dem Geheg deiner Zähne? Sicherlich weißt du, wie standhaft ich bin und nicht zu verführen! Schweigen werde ich wie ein Steinblock oder wie Eisen…….>“ Penelopeia bemerkte nichts, denn Athene hatte ihren Sinn abgelenkt. Bevor man sich zur Nachtruhe begab erklärte Penelopeia dem Odysseus ihre mit schwerem Herzen nun endgültig gefällte Entscheidung, Athene hatte ihr diesen Gedanken eingegeben: Sie werde am nächsten Morgen den Freiern den Bogen des Odysseus, den berühmten immertreffenden, den einst Eurytos 2 von seinem Großvater Apollon geschenkt erhielt und den sein Sohn Iphitos dem Odysseus zum Geschenk gemacht hatte, den Freiern übergeben. Wer ihn bespannen und dazu einen Pfeil durch die Öffnungen von zwölf hintereinander aufgestellten Äxten schießen kann, dem werde sie als Gemahlin folgen. So sprach sie, dann begab sie sich zur Ruhe. Odysseus legte sich, wie es sich für einen Bettler gehört, im Vorhaus auf Fellen von Schafen nieder; Odyssee 20,4ff: „Als er schon dalag, zog Eurynome die Decke ihm über. Schlaflos ruhte Odysseus und sann den Freiern Verderben. Nunmehr verließen das Schloß, durch die Halle, diejenigen Frauen, die schon seit längerer Zeit mit den Freiern näher verkehrten; Scherzworte tauschten sie heiter untereinander und lachten. Bitterer Zorn und tiefe Empörung packten den König; ingrimmig dachte er nach und erwog, ob er aufspringen solle, nachsetzen und sie sämtlich erschlagen oder noch einmal ihnen vergönnen das Liebesspiel mit den maßlosen Freiern, heute zum letzten Male. Sein Herz schlug wild vor Erregung.“ Zudem ängstigte sich Odysseus von der Rache der Familien und Freunde der Freier, wenn er, wie es seine Absicht war, alle töten werde. Doch Athene erschien, ermahnte ihn doch nicht an der Hilfe der Götter zu zweifeln, senkte auf seine Lider erquickenden Schlaf und flog auf den Olymp zurück. Herrlich erschien Eos, die Morgenröte, die Rosenfingrige, Odysseus erwachte, ging vor die Türe und flehte betend zu Zeus er möge doch ein Zeichen senden. Zeus, der Berater, vernahm ihn und hoch aus den Wolken sandte er sofort einen Donner. Und aus dem Hause hörte er die Stimme einer Getreide mahlenden Magd; Odyssee 20,112ff: »Vater Zeus, du mächtiger Herrscher der Götter und Menschen, kraftvoll gedonnert hast du vom Himmel der Sterne, und nirgends zeigt sich ein Wölkchen! Jemandem gibst du sicher ein Zeichen! Ach, so erfülle auch mir geplagtem Weibe mein Flehen: Sollen die Freier zum allerletzten Male doch heute in dem Palast des Odysseus die köstliche Mahlzeit genießen! Sie, die mich grausam zwangen, bis zur vollen Erschöpfung Mehl zu bereiten, sie sollen zum letzten Male heut schmausen!« Und Odysseus verstand die Zeichen und war glücklich, heute noch wollte er die Frevler bestrafen. Eurykleia, die brave Dienerin, befahl den Mägden sofort die Halle zu schrubben und die Tafel zu decken, denn heute würden die Freier ein Fest feiern. Die Diener der Frevler erschienen und verspotteten Odysseus. Er schwieg. Drei der schönsten Mastschweine trieb Eumaios in ein Gehege; der Ziegenhirt Melantheus brachte ausgesuchte Ziegen zum Mahle für die Freier. Als er Odysseus erblickte verhöhnte er ihn, forderte ihn, mit den Fäusten drohend, auf zu verschwinden. Odysseus schwieg, wiegte das Haupt und dachte an Verderben. Auch der Rinderzüchter Philoitios, dem Odysseus einst die Herrschaft über die Rinderzucht anvertraut hatte, erschien und brachte Schafe und ein ungedecktes Rind. Er erblickte den Bettler, begrüßte ihn freundlich und sprach; Odyssee 20,204ff: „ ……. Heiß überlief es mich bei dem Anblick, es traten mir Tränen gleich in die Augen bei dem Gedanken, es könnte Odysseus ebenfalls derart zerlumpt sich herumtreiben weit in der Fremde, weilt er noch unter den Lebenden, …….. ……..Aber ich denke noch immer an meinen armen Gebieter. Könnte er heimkehren und die Freier im Hause verscheuchen!« Telemachos trat aus dem Haus. Mit der Lanze in der Hand schritt er zum Markt und vor die Freier. Tod und Verderben wollten sie ihm heute bereiten, doch ein hoch fliegender Adler nahte sich ihnen von der Linken und hielt eine schüchterne Taube. Amphinomos, einer der Freier, erkannte an dem Zeichen das Misslingen des geplanten Mordes und machte den Vorschlag gleich zum Mahle zu schreiten. Freudig folgten die Frevler, betraten die Halle des Palastes des Odysseus, schlachteten die Tiere, brieten die Eingeweide und das Fleisch, nahmen vom frischen Brot, schmausten und tranken dazu den herrlichen gemischten süßen Wein. Telemachos gab den Dienern den Auftrag dem Bettler nur vom Besten zu geben. Die Horde der schmarotzenden Freier ärgerte sich. Um dem göttergleichen Odysseus heiligen Zorn in der Brust zu entfachen hatte Athene den Freiern die Sinne verwirrt und sie zu trotzigen Beleidigungen verführt. Trotz der Warnung des Telemachos beschimpften und verhöhnten sie Odysseus. Ein ungesitteter Bursche aus Same, Ktesippos, warf sogar einen Rindsfuß nach ihm. Wütend drohte Telemachos mit dem Tod für jeden der es nochmals wagen sollte in seinem Hause einen Gast zu beleidigen. Wirres, unauslöschliches Gelächter der Freier erhielt er zur Antwort. Mit ruhigen Schritten begab sich Penelopeia in die oberen Gemächer, holte aus der Kammer mit den Schätzen des Odysseus den immertreffenden Bogen und die seufzererregenden Pfeile, begab sich in die Halle zu den fröhlich feiernden Freiern und sprach; Odyssee 21,68ff: »Hört mich, ihr mutigen Freier! Ihr drängtet euch gierig in diese Wohnung, um ununterbrochen zu schmausen, da ja der Hausherr lange Zeit schon abwesend ist. Und keinerlei andren Vorwand versteht ihr für euer Verhalten zu nennen als immer wieder nur einen: Ihr wollt mich zu eurer Gemahlin gewinnen. Auf denn, ihr Freier, da solch ein Kampfpreis in Aussicht gestellt ist! Vorlegen will ich den großen Bogen des edlen Odysseus. Wer mit den Fäusten die Sehne am leichtesten zieht auf den Bogen und den Pfeil durch die Öffnungen aller zwölf Beile hindurchschießt, diesem werde als Gattin ich folgen und scheiden vom Hause meines Odysseus, dem prächtigen, reich begüterten Schlosse, dessen ich sicherlich oft noch gedenke, sogar auch im Traume.« Und Eumaios, der brave Schweinehirt, nahm den Bogen, weinend, und legte ihn vor die Männer. Telemachos zog am Boden einen Strich, stellte zwölf Beile genau hintereinander, Loch an Loch, genau so wie es die Mutter wünschte und versuchte dann den Bogen seines Vaters zu spannen. Zu schwach waren seine noch jugendlichen Hände; beschämt gab er ihn an die Freier weiter. Einer nach dem anderen versuchte den Bogen zu spannen, keinem gelang es. Ruhmlos stellten sie diesen Bogen des Odysseus an die Wand und hatten Angst um ihren guten Ruf. Zur gleichen Zeit gingen Eumaios und Odysseus aus dem Hause, der Rinderhirt Philoitios folgte ihnen leise. Odysseus sprach sie an, gab sich zu erkennen und zeigte ihnen als Beweis seine Narben; Odyssee 21,223ff: „Damit zog er die Lumpen hinweg von der mächtigen Narbe. Beide erblickten das Merkmal und erkannten es wieder, und sie umarmten den klugen Odysseus und weinten vor Freude, boten ihm herzlich Willkommen und küßten auf Haupt ihn und Schultern. Ebenso küßte Odysseus ihnen Häupter und Hände.“ Beide versprachen sofort tatkräftige Mithilfe bei der Befreiung des Hauses von den Freiern. Flüsternd erteilte ihnen Odysseus seine Aufträge, ging in die Halle zurück, setzte sich und bat um den Bogen. Er, der alte, der zerlumpte Bettler, wollte versuchen den Bogen zu spannen. Eine Blamage befürchtend heulten die Freier entrüstet auf. Aber Penelopeia wies die Befürchtungen zurück; Odyssee 21,331ff: »Niemals, Eurymachos, wird man im Volke mit Achtung von denen sprechen, die ohne Rücksicht die Güter des trefflichsten Königs aufzehren! Warum gilt euch die Schlappe im Wettkampf als Schande? Äußerst stattlich erscheint der Fremdling, mit stämmigem Körper, nennt sich voll Stolz auch Abkömmling eines vornehmen Vaters. Gebt ihm den Bogen, sehen wollen wir, wie er ihn handhabt!“. Telemachos griff in das Geschehen ein. Erstmals gab er seiner Mutter einen Befehl; Odyssee 21,344ff: »Mutter, keiner als ich darf über den Bogen bestimmen, kann nach Belieben ihn jemandem geben oder verweigern, keiner von allen, die im steinigen Ithaka herrschen oder auf Inseln in Richtung der rossenährenden Elis. Niemand von ihnen wird mich gewaltsam abhalten, diesen Bogen auch ganz und gar dem Gast als Geschenk zu verehren. Geh jetzt in deine Gemächer, erledige deine Geschäfte: Wirke mit Webstuhl und Spindel und halte die Mägde zu stetem Arbeiten an! Der Bogen ist Sache sämtlicher Männer, aber die meine vor allen; denn ich bin Gebieter im Hause.« Staunen ergriff die Fürstin, zurück in ihre Gemächer schritt sie sogleich; …….“ Athene erschien und streute ihr süßen Schlaf in die Augen. Penelopeia legte sich zur Ruhe, dachte, wie immer, an ihren verschollenen Gemahl, weinte noch einige Tränen und schlief ein. Dem göttlichen Schweinehirt gab Telemachos den Befehl den Bogen dem lumpigen Bettler auszufolgen. Da lachten die Freier erheitert und spotteten. Aber Odysseus gab dem Sauhirt Eumaios und dem Rinderhirt Philoitios ein Zeichen und sie verschlossen die Türen. Odysseus prüfte den Bogen und spannte ihn ohne jede Kraftanstrengung; da staunten alle. Mit ruhiger Hand nahm er einen seiner immertreffenden Pfeile, …..; Odyssee 21,419ff bis 22,24: „Eilig ergriff er den spitzen Pfeil, der entblößt auf dem Tische neben ihm lag; im Köcher noch ruhten die anderen Pfeile, deren Schärfe die Freier in Kürze auskosten sollten. Diesen hielt er am Bügel, zog mit der Sehne die Kerbe kräftig zurück und zielte, vom Sessel, im Sitzen, mit Sorgfalt, ließ dann entschwirren den Pfeil. Und über das obere Ende sämtlicher Beile streifte im Fliegen die eherne Spitze durch die Öffnungen hin. Zu Telemachos sagte der Schütze: »Keinerlei Schande, Telemachos, bringt dir der Fremdling in deinem Saale! Ich habe durchaus nicht versagt beim Bespannen des Bogens, traf auch genau das Ziel. Noch blieb die Kraft mir erhalten, anders, als vorhin die Freier mit kränkenden Worten mich schmähten. Aber es drängt die Zeit, den Achaiern das Essen zum Abend noch bei Tage zu rüsten, sie dann noch am Spielen und Singen Kurzweil finden zu lassen; das bildet die Würze der Mahlzeit.« Derart sprach er und gab mit den Brauen ein Zeichen. Der treue Sohn des Odysseus hängte die schneidende Klinge sich über, schloß die Faust um die Lanze und stellte sich neben den Sessel, nahe dem Vater, zum Kampfe gerüstet mit funkelndem Erze. Aber der kluge Odysseus streifte die Lumpen vom Leibe, sprang, in den Fäusten den Bogen mit vollem Köcher, zur hohen Schwelle hinauf und schüttete sich vor die Füße die flinken Pfeile. Dann rief er mit lauter Stimme den Freiern entgegen: »Dieser entscheidende Wettkampf ging zu Ende. Ein andres Ziel erstrebe ich jetzt, das noch kein Schütze getroffen. Ob ich es glücklich erreiche, Apollon den Sieg mir ermöglicht?« Und auf Antinoos zielte er mit dem tödlichen Pfeile. Eben erhob der Sohn des Eupeithes den prächtigen goldnen, doppeltgehenkelten Becher und schwang ihn bereits in den Händen, um von dem Weine zu schlürfen. Ihm war nicht nach Sterben zumute. Wer aus dem Kreise der Schmausenden hätte auch annehmen können, einer unter so vielen, und wäre er ausnehmend tapfer, würde es wagen, ihm mit Tod und Verderben zu drohen? Aber Odysseus traf den Freier genau in die Kehle, durch das zarte Genick drang jenem die eherne Spitze. Seitwärts sank der Getroffene, jäh entglitt ihm der Becher; gleichzeitig quoll ihm durch die Löcher der Nase ein starker Blutstrom empor. Mit zuckenden Füßen stieß er den Eßtisch von sich und schleuderte durch den Stoß die Speisen zu Boden. Blut übersprühte Brot und Fleisch. Die Freier erhoben lautes Geschrei im Saale beim Anblick des Niedergestürzten, sprangen in wilder Verwirrung von ihren Sesseln und spähten, aufgescheucht, ringsumher auf die fest errichteten Wände. Aber kein Schild war greifbar und keine mächtige Lanze.“ Mit finsterem Blick und gewaltiger Stimme gab sich Odysseus zu erkennen; Odyssee 22,34ff: »Hunde! Ihr wolltet nicht glauben, daß ich von Troja zur Heimat wieder gelange; denn meinen Hausstand verpraßtet ihr schamlos, habt auch die Dienerinnen in meinem Palast vergewaltigt, warbet sogar, derweil ich noch lebte, um meine Gemahlin, ohne Scheu vor den Göttern, des weiten Himmels Bewohnern, ohne Scheu auch vor späterer Strafe durch menschliche Hände! Über euch alle spannt sich heute das Netz des Verderbens.« Derart rief er, und bleiches Entsetzen packte sie sämtlich. Umschau hielt ein jeder nach einem rettenden Ausweg.“ Umsonst! Alle Türen waren verschlossen. Keiner konnte entweichen. Ein brutaler und blutiger Kampf entbrannte. Verzweifelt wehrten sich die Todgeweihten, doch die Pfeile trafen tödlich. Immer wenn Odysseus in Gefahr geriet griff Pallas Athene rettend ein. Aber der Listenreiche, der alte Kämpfer, siegte, unterstützt von Telemachos, Eumaios und Philoitios. Die 108 Freier lagen tot in der verwüsteten Halle in einem Meer von Blut; Melantheus, der verräterische Ziegenhirt, hing gefesselt von einem Balken des Daches. Nur Phemios, der Sänger, und Medon, der Herold, wurden verschont, denn beide waren unschuldig. Die Herrin der dienenden Mägde, Eurykleia, die alte Amme, wurde gerufen; Odyssee 22,401ff: „Bei den Toten fanden sie den Fürsten Odysseus. Schmutziges Blut überkrustete ihn, als sei er ein Löwe, der sich gesättigt hat an einem weidenden Stiere; völlig mit Blut besudelt hat er die Brust und auf beiden Seiten die Kiefer, sein Antlitz erregt des Betrachters Entsetzen: ebenso triefte Odysseus vom Blut an Füßen und Händen. Als die Greisin die Blutlachen sah und die Haufen der Toten, wollte sie aufjauchzen angesichts des errungenen Sieges; aber Odysseus hemmte den Freudenausbruch der Alten und sprach mahnend zu ihr die im Fluge enteilenden Worte: »Freu dich im stillen, Mütterchen, zähme den Willen zum Jubel! Gottlos wäre es, über getötete Menschen zu jauchzen. Göttliche Fügung und eigene Schuld vertilgte die Freier. Denn sie achteten keinen der Menschen auf Erden, den Armen nicht wie den Vornehmen, wer sie auch immer besuchte; aus diesem Grunde erfüllten sie auch, für den Frevel, schmählich ihr Schicksal. Aber wohlan, bezeichne genau mir die Frauen im Hause, die mich mißachtet haben und die sich schuldlos gehalten!« Auskunft gab ihm die Pflegerin Eurykleia, die teure: »Nun, so werde ich dir, mein Sohn, die Wahrheit berichten! Hier im Palaste befinden sich fünfzig dienende Frauen. Arbeiten lehrten wir sie gewissenhaft ausführen, Wolle krempeln und überhaupt in den Dienst sich fleißig zu schicken. Zwölf von ihnen gerieten auf Abwege, zeigten sich schamlos, weder mir noch der Herrin persönlich erwiesen sie Achtung……..>“ Diese ehrlosen 12 Mägde, unter ihnen die schamlose Melantho 2, wurden gerufen und angewiesen die Toten aus dem Haus zu tragen, sie hinter dem Haus aufzuschlichten und die Halle von dem Blut zu reinigen. Sie weinten, fanden sie doch ihre geheimen Liebhaber unter den Leichen die sie schleppten und aufschlichteten. Nach der Vollendung der grausigen Arbeit wurden diese hinterhältigen Dienerinnen in einen Hof getrieben und um einen Rundbau am Halse aufgehängt. Auch den Melantheus, den verräterischen Ziegenhirt, trieben sie in den Hof und verstümmelten ihn fürchterlich. Dann wuschen sie sich die Hände und die Füße und gingen in das Haus des Odysseus zurück – das Werk war vollendet. ……………. Mit Weihrauch wurde das Haus gereinigt. Eurykleia, die treue alte Amme, eilte zu Penelopeia und wollte ihr die freudige Mitteilung machen, dass endlich Odysseus zurückgekommen ist und das Haus von den unverschämten Freiern befreit habe. Doch die gute Herrin hatte geschlafen, Athene hatte sie in den Schlaf gehüllt, und glaubte deshalb der guten Dienerin nicht. Erst als Eurykleia erklärte – Odyssee 23,74ff: „>………………………………………..:die Narbe, die ihm ein Eber ehemals schlug mit leuchtendem Hauer! Als ich die Füße ihm wusch, erkannte ich sie, und ich wollte gleich es dir sagen; aber Odysseus hielt mir den Mund zu, hinderte mich, in seiner bewährten Klugheit, am Sprechen…..>“ – folgte ihr Penelopeia in den wieder gereinigten Saal, setzte sich dem Odysseus gegenüber in einen Sessel, blickte ihn an – und lange verharrte sie schweigend; Odyssee 23, 96ff: „Endlich erhob Telemachos, voller Vorwurf, die Stimme: »Mutter, nein, Unmutter möchte ich sagen bei deiner Verstocktheit, warum bewahrst du einen so weiten Abstand vom Vater, setzt dich nicht neben ihn, stellst ihm auch keinerlei klärende Fragen! Derart starrsinnig würde sich keine andere Gattin fernhalten ihrem Gemahl, der nach vielen bitteren Leiden endlich die teure Heimat erreicht im zwanzigsten Jahre! Aber dein Herz übertraf schon immer die Steine an Starrheit.« Ihm gab Antwort darauf die verständige Fürstin und sagte: »Lieber Junge, ein tiefes Staunen hält mich umfangen, nicht ein Wörtchen vermag ich zu sprechen oder zu fragen, ihm auch nicht offen ins Antlitz zu schauen. Sollte in Wahrheit er mein Odysseus und heimgekehrt sein, so werden wir beide sicherlich uns noch deutlich erkennen. Wir haben ja unsre Merkmale, unsre geheimen, die wir nur wissen, kein andrer.« Lächeln mußte der göttliche Dulder Odysseus darüber, ……..“ – und zog sich zurück zu einem genüsslichen Bade; Odyssee 23,153ff: „Aber den tapfren Odysseus badete nunmehr im Hause Eurynome, die Schaffnerin, salbte ihn dann mit dem Öle und bekleidete ihn mit Leibrock und prachtvollem Mantel. Anmut breitete über das Haupt ihm die Göttin Athene; größer und kraftvoller ließ sie den Helden erscheinen, vom Kopfe Locken ihm wallen, so dicht wie die Blätter der Lilienblüten. Wie ein erfahrener Meister, den Hephaistos und Pallas mancherlei Kenntnis und Fertigkeit lehrten, silberne Stücke kunstreich vergoldet und kostbare, herrliche Werke vollendet: so umwob ihm die Göttin mit Anmut das Haupt und die Schultern. Stattlich wie einer der Götter entstieg der König dem Bade, …..“ Enttäuscht von der kühlen Distanziertheit seiner endlich, nach 20 Jahren, wieder gewonnenen Gemahlin, setzte sich der Dulder in denselben Thron, von dem er sich zuvor erhoben hatte und befahl der alten Eurykleia ihm sein Nachtlager zu errichten, denn das Herz seiner Penelopeia sei wahrhaft von Eisen; Odyssee 23,173ff: „Ihm gab Antwort darauf die verständige Fürstin und sagte: »Seltsamer, mich beherrschen nicht Stolz, Geringschätzung oder Staunen. Ich weiß genau, wie du aussahst, als du auf deinem langberuderten Schiffe von Ithaka aufbrachst zum Feldzug. Richte ihm, Eurykleia, die feste Bettstatt, doch draußen, vor dem prächtigen Schlafzimmer, das er selber einst baute! Dorthin stelle sein Bett ihm hinaus und packe zum Schlafen zottige Felle darüber und Decken und schimmernde Kissen!« Derart befahl sie, um ihn auf die Probe zu stellen. Odysseus aber geriet in Zorn und sprach zu der treuen Gemahlin: »Herrin, der Auftrag, den du erteiltest, kränkt mich aufs schwerste. Wer vermag mein Bett zu verrücken? Selbst ein geschickter Meister bewegte es kaum, sofern nicht einer der Götter mühelos, nach Belieben, von seinem Platze es schöbe! Keiner der Sterblichen, selbst nicht im kräftigsten Alter, vermöchte es von der Stelle zu wuchten: Denn seine eigne Bewandtnis hat es mit diesem Bette; ich baute es selber, kein andrer. Innerhalb unsres Gehöftes wuchs ein Ölbaum mit langen Blättern, in Vollkraft blühend, wie eine Säule so stattlich. Rings um den Stamm erbaute ich unser Schlafzimmer, fügte Stein auf Stein und versah es mit einer sicheren Decke, setzte festschließende Türen auch ein mit metallenen Bändern, kappte darauf die Krone des üppig grünenden Baumes, hieb mit dem Beile den Stamm mir zurecht von unten nach oben, glättete sachkundig ihn und genau, nach der Richtschnur, und schuf mir derart den Bettpfosten, bohrte dann Löcher in sämtliche Teile; anschließend zimmerte über dem Pfosten ich fertig die Bettstatt, legte mit Elfenbein kunstreich sie aus, mit Gold und mit Silber und bespannte sie mit stierledernen, purpurnen Riemen. Somit enthülle ich dir das Geheimnis des Bettes. Ich weiß nicht, ob das Lager noch steht wie einstmals oder ob jemand abschnitt den Pfosten vom Wurzelgeflecht und die Bettstatt versetzte.« Derart sprach er. Die Fürstin erbebte vor glücklicher Freude, als sie die Zeichen erkannte, die er ihr untrüglich enthüllte. Heftig begann sie zu weinen, eilte herzu und umarmte innig den Nacken des Gatten, küßte das Haupt ihm und sagte: »Sei mir nicht böse, Odysseus! ………..“ Weinend vor Glück fielen sie sich in die Arme und küssten sich – endlich !, endlich ! – nach zwanzig Jahren und unendlich viel Leid. Schon wäre es Tag geworden, aber Athene hielt Eos, die Morgenröte, auf und hinderte sie das Tageslicht zu bringen. Erst noch glättete Eurynome das Bett des glücklichen Paares, führte sie, mit einer Fackel leuchtend, in ihr Schlafgemach und – Odyssee 23,296ff: „Die erneuerten froh den Brauch des früheren Lagers. …. …….Innig genossen die Gatten nunmehr die Freuden der Liebe; danach erzählten einander sie froh, wie es ihnen ergangen. Erst berichtete ihm die göttliche Fürstin von allem, was sie erlitt, den abscheulichen Schwarm der Freier vor Augen, die, mit dem Vorwand, um sie zu werben, Rinder und fette Schafe in Menge schlachteten und die Weinfässer leerten. Aber Odysseus erzählte, wie bittere Leiden er andern Menschen gebracht, wie furchtbare selber er aushalten mußte.“ Und sie sprachen und erzählten sich bis gliederlösender Schlaf sie überkam und ihnen allen Kummer genommen hatte. Als Athene Eos, die rosenfingrige Morgenröte, vom Okeanos forttrieb und sie den Menschen das Tageslicht brachte erwachte das glückliche Paar. Aus Sehnsucht nach seinem alten Vater und Angst vor der Rache der Verwandten der getöteten Freier war Odysseus bereits vor dem Sonnenaufgang erwacht. Er rief Telemachos und den Rinderhirt und den Sauhirt zu sich und verabschiedete sich von seiner lieben Gemahlin. Sie öffneten das Hoftor und verließen den Palast; Odyssee 23,371f: „Schon überströmte das Licht die Erde; doch Pallas Athene hüllte in Dunkel die vier und geleitete sie aus dem Städtchen.“ ………… Hermes, der Begleiter der Toten in das Jenseits, erschien im Hause des Odysseus. Wie Fledermäuse umschwirrten ihn die Seelen der getöteten Freier. Mit seinem goldenen Stab führte der Bringer des Heiles sie in die Unterwelt. ………… Unter dem Schutz der Göttin Athene erreichten die Vier das Gut des Alten Laertes. Bevor Odysseus auf die Felder ging um den Vater zu suchen gab er den Auftrag einen jungen Eber zu schlachten und den Wein, den süßen, zu mischen. Das Wiedersehen sollte bei einem herrlichen Schmause gefeiert werden. Odyssee 24,226ff: „Nur den Vater entdeckte Odysseus im trefflich gepflegten Garten; er grub die Baumscheiben. Schäbig, beschmutzt und geflickt auch war sein Leibrock. Er trug an den Beinen rindslederne Stiefel, gleichfalls geflickt, sich gegen Ritzwunden sorglich zu schützen, Handschuhe auch, den dornigen Ranken zu wehren. Und eine Ziegenfellkappe machte das Bild des Jammers vollkommen. Als ihn der göttliche Dulder Odysseus erblickte, in seiner leidigen Altersschwäche und unter der Bürde des Kummers, barg er sich hinter einem ragenden Birnbaum und weinte.“ Dennoch zog es Odysseus vor seinen Vater zu prüfen bevor er sich zu erkennen gab. Um so stürmischer fielen sie im Moment des Erkennens sich küssend um den Hals. Der greise Laertes verlor vor Freude das Bewusstsein und erwachte wieder in den schützenden Armen seines starken Sohnes. Plaudernd gingen die Beiden zum Hause des greisen Laertes und betraten die wohlbewohnten Räume. Die sizilische Magd badete Laertes, salbte ihn mit Öl und kleidete ihn mit einem schönen Mantel. Mit einem Stab berührte ihn Athene und er erschien größer und schöner als er es je war. Gerade als man mit dem Mahl begann kehrten Dolios, der greise treue Diener, und seine Söhne von den Feldern zurück. Freudig umringten sie Odysseus, drückten ihm die Hand und küssten ihn. Während sie schmausend das Wiedersehen feierten lief Ossa, das Gerücht, als Botin eilend von Haus zu Haus und berichtete von dem grausigen Geschehen im Hause des Odysseus. Und sie kamen und mit Stöhnen trugen sie ihre Toten aus dem Hof und bestatteten sie. Die von anderen Inseln und Städten übergaben sie Fischern, damit sie auf schnellen Booten jeden zu seiner Familie bringen konnten. Nach den Bestattungsfeiern trafen sich die Männer von Ithaka trauernd am Marktplatz der Stadt. Eupeithes, der Vater des Antinoos, den Odysseus als Ersten mit dem Pfeile tötete, forderte weinend die Freunde auf diese Schmach zu rächen, denn lieber wolle er sterben als in Schande leben. Mit sehr besonnenen Worten erklärte ihnen aber Medon, der von Odysseus verschonte Sänger; 24,443ff: »Schenkt mir Gehör, ihr Männer von Ithaka! Niemals vermochte gegen den Willen der Götter Odysseus die Tat zu vollführen. Selber erblickte ich einen Unsterblichen; neben Odysseus hat er gestanden und glich in sämtlichen Zügen dem Mentor. Doch als unsterblicher Gott ermutigte er, vor Odysseus stehend, den Fürsten; dann scheuchte er wieder die Freier in wilder Flucht durch den Saal; die Sterbenden sanken übereinander.« Auch der greise Held Halitherses sprach zu ihnen; 24,454ff: »Höret, ihr Bürger von Ithaka, jetzt auf meine Erklärung! Euer Leichtsinn, ihr Freunde, trägt die Schuld an dem Unheil! Weder gehorchtet ihr mir noch Mentor, dem Hirten der Völker, euren Söhnen das törichte Handeln streng zu verbieten, denen, die in gottlosem Freveln Unrecht verübten und das Vermögen unseres edlen Fürsten verpraßten, seine Gemahlin entehrten - im Wahn, er kehre nicht wieder! Folgendes schlage ich vor, beherzigt mein Wort: Unterlassen wir die Verfolgung, sonst schafft sich mancher nur selber sein Unglück!« Einigen gefielen diese Worte, sie standen auf und gingen. Aber die anderen wollten Rache, holten eilig ihre Waffen und unter der Führung des Eupeithes zogen sie gegen Odysseus. Bei Aischylos, Die Gebeinesammler, spricht Odysseus zu den Verwandten der getöteten Freier, die gekommen sind die Gebeine der verbrannten Toten zu sammeln, von der Behandlung, die ihm als Bettler durch die Freier zuteil wurde.: „Eurymachos, kein anderer, trieb nicht weniger nun Im Übermut höchst unziemlichen Scherz mit mir; Nahm er sich doch zum Ziel immer meinen Kopf: Des Bechers Weinrest hinzuschleudern auf das Ziel, War eifrig stets die jugendliche Hand bemüht. Und dieser ist es, der nach mir ein Wurfgeschoß, Gelächterweckend: einen Nachttopf üblen Dufts, Geworfen und mich nicht gefehlt. An meinem Kopf Schlug er auf, ward schiffbrüchig und zu Scherben, und, Nicht duftend wie ein Salbgefäß, behaucht` er mich.“ (Aischylos, Tragödien und Fragmente. Herausgegeben und übersetzt von Oskar Werner. Ernst Heimeran Verlag, 1. Ausgabe, Seite 581, München, 1957) …….. Auf dem Olymp aber besprachen sich Athene und Zeus; 24,473ff: „ … »Großer Kronide, unser Vater, erhabenster Herrscher, gib mir, bitte, die Antwort: Was für Absichten hegst du? Willst du entsetzlichen Krieg und furchtbares Kampfgeschrei stiften oder die beiden Gegner in ehrlicher Freundschaft versöhnen?« Antwort gab ihr darauf der wolkenballende Vater: »Warum fragst du mich danach, mein Kind, und möchtest es wissen? Hast du nicht selber dieses Geschehen geplant, des Odysseus Heimkehr und seine Rache an den maßlosen Freiern? Handle nach deinem Belieben; doch will ich das Rechte dir raten. Da nun der edle Odysseus die Strafe vollzog an den Freiern, sollen nach festem Vertrag Odysseus das Königsamt führen, aber die Gegner auf unser Gebot der Ermordung der Söhne wie auch der Brüder nicht länger gedenken; sie sollen einander lieben wie vorher, und Glück und Frieden sollen gedeihen!« Damit spornte er Pallas, die das nämliche wünschte; eilig schwang sich die Göttin vom Haupt des Olympos hernieder.“ …….. Ein Sohn des Dolios erblickte die herankommenden Rächer. Eilig erhoben sich Odysseus, Telemachos, der Rinder- und der Schweinehirt, der greise Dolios und seine Söhne und der alte Laertes, griffen nach den Waffen und stürmten aus dem Haus. Athene trat zu Laertes und forderte ihn auf nach einem Gebet die Lanze zu werfen. Er betete, warf und traf den Eupeithes tödlich. Wütend stürzten sich Odysseus und Telemachos mit den Schwertern auf die Angreifer, beinahe hätte man sich gegenseitig das Leben geraubt, doch Athene trat dazwischen und gebot mit ihrer Stimme Einhalt; 24,,531ff: „…»Männer von Ithaka, setzet ein Ende dem leidigen Morden, trennt auf der Stelle euch, ohne noch weiteres Blut zu vergießen!« Derart rief sie, und bleiches Entsetzen packte die Feinde. Aus den Händen ließen vor Schreck die Waffen sie gleiten, nieder sank das Erz beim Erklingen der göttlichen Stimme. Angstvoll floh man zur Stadt, um das nackte Leben zu retten. Furchtbar erhob der göttliche Dulder Odysseus den Kampfruf, duckte sich, schnellte voran zur Verfolgung, ein Adler der Höhe. Doch der Kronide entsandte sogleich den rauchenden Blitzstrahl, ließ ihn einschlagen vor der Tochter des mächtigen Vaters. Warnend sprach zu Odysseus die helläugig blickende Göttin: »Zeusentsprossener Sohn des Laërtes, kluger Odysseus, halte jetzt ein, beende den Streit, der alle vernichtet! Zürnen könnte dir sonst der weithin donnernde Vater!« Derart warnte die Göttin, und freudig gehorchte Odysseus.“ ……….. Endlich ! – nach 20 Jahren – war Odysseus wieder mit seiner Familie vereint, war wieder König von Ithaka, und Ruhe und Frieden kehrte wieder ein in die Herzen der Menschen. …………………………………. DER LEBENSABEND DES ODYSSEUS UND SEIN TOD. Die Ruhe des Odysseus währte nicht lange, denn die Schriftsteller, mit Homer´s Odyssee lag ihnen ja eine literarisch kaum überbietbare Geschichte die jeden Handlungsspielraum verbot vor, wetteiferten bei der Beschreibung seines weiteren Lebens und der Beschreibung seines Endes grenzenlos: Telegonie des Eugammon von Kyrene: Erst opferte Odysseus den Nymphen, fuhr anschließend nach Elis um seine Herden zu begutachten und genoss dann die Gastfreundschaft des Polyxenos. Apollodor epit 7,34ff: „Er opferte aber dem Hades und der Persephone und dem Teiresias, marschierte dann zu Fuß durch Epeiros, gelangte so zu den Thesprotern, opferte gemäß den Orakeln des Teiresias und stimmte dadurch Poseidon milde. Aber die damalige Königin über die Thesproter, Kallidike, forderte ihn zu bleiben auf und gab ihm da Königtum. Und sie kam mit ihm zusammen und gebiert den Polypoites. Durch die Heirat mit Kallidike wurde er König über die Thesproter und besiegte in einer Schlacht diejenigen von den Umwohnern, die gegen ihn zu Felde gezogen waren. Nachdem aber Kallidike gestorben war, übergab er das Königtum dem Sohn, gelangt nach Ithaka und findet Poliporthes vor, der ihm von der Penelope geboren war. Telegonos aber, der von Kirke erfahren hatte, daß er ein Sohn des Odysseus ist, segelte auf Suche nach diesem aus. Aber zur Insel Ithaka gelangt, treibt er manches von dem Weidevieh weg, und als Odysseus zu Hilfe eilt, verwundet Telegonos ihn mit dem Speer, den er in Händen hielt und der als Spitze den Stachel eines Rochen hatte, und so stirbt Odysseus. Sobald (Telegonos) ihn aber erkannt und viel bejammert hatte, führte er den Leichnam und Penelope zur Kirke und heiratet dort Penelope. Kirke sendet beide aber zu den Inseln der Seligen fort.“ (Apollodor: Götter und Heldensagen, übersetzt von Paul Dräger, S 334. Düsseldorf und Zürich: Artemis und Winkler Verlag, 2005) Apollodor epit. 7,38f: „Manche aber sagen, Penelope sei durch Antinoos geschändet und deshalb durch Odysseus zu ihrem Vater Ikarios gesendet worden; als sie sich aber in Arkadien bei Mantineia befunden habe, habe sie von Hermes den Pan geboren. Andere aber (sagen), sie habe wegen Amphinomos durch Odysseus selbst (ihr Leben) beendet; denn sie sei von diesem geschändet worden, sagen sie.“ (Apollodor: Götter und Heldensagen, übersetzt von Paul Dräger, S 334. Düsseldorf und Zürich: Artemis und Winkler Verlag, 2005) Apollodor epit. 7,40: „Es gibt aber auch welche, die sagen, Odysseus sei wegen der (durch ihn) zugrunde Gegangenen von deren Angehörigen beschuldigt worden und habe sich dem Neoptolemos, der als König über die Inseln bei Epeiros regierte, als Richter genommen; diese habe aber gemeint, daß er, wenn Odysseus ihm aus den Füßen sei, Kephallenia haben könne, und ihn deshalb zur Verbannung verurteilt; Odysseus aber sei nach Aitolien zu Thoas 6b, zum Sohn des Andraimon 1, gelangt, habe dessen Tochter geheiratet, einen Sohn Leontophonos von dieser hinterlassen und dann als Greis (sein Leben) beendet.“ (Apollodor: Götter und Heldensagen, übersetzt von Paul Dräger, S 335. Düsseldorf und Zürich: Artemis und Winkler Verlag, 2005) Aischylos, Totenbeschwörer (Teiresias weissagt dem Odysseus sein Ende): „Ein Reiher nämlich, in der Höhe fliegend, wird Mit Kot dich treffen aus der Höhle seines Bauches; Des Seetiers Stachel, der drin steckt, bewirkt es dann, Daß brandig wird dein altes, kahlgewordenes Haupt.“ (Aischylos, Tragödien und Fragmente. Herausgegeben und übersetzt von Oskar Werner. Ernst Heimeran Verlag, 1. Ausgabe, Seite 579, München, 1957) Sophokles: Kühn hat er den Sagenstoff umgestaltet und das Ende der homerschen Odyssee abgeändert. Er verlegt den Aufenthalt in Thesprotien vor. Bei der Rückkehr nach Ithaka weissagt ihm das Orakel von Dodona, dass er von seinem eigenen Sohn getötet werde. Nach der Erkennung bei der Fußwaschung gibt er sich Penelope erst zu erkennen als er erfährt, dass Telemachos außer Landes ist. Die Mitteilung, ein Fremder plündere auf Ithaka, veranlasst ihn gegen diesen vorzugehen. Beim Kampf wird Odysseus aber von der Lanze des Fremden, an deren spitze sich ein giftiger Rochenstachel befindet, schwer verletzt. Während der sterbende Odysseus das offensichtlich falsche Orakel von Dodona beschimpft stellt sich heraus, dass es sich bei dem Fremden um Telegonos, seinen Sohn von Kirke, handelt. Telemachos kommt in die Heimat zurück, die beiden Halbbrüder erkennen sich und das Drama endet mit der Doppelhochzeit, Telemachos und Kirke und Telegonos und Penelope. ………………… Eine andere Version schrieb Sophokles in seinem verlorenen Drama „Euryalos“, dessen Inhalt Parthenaios narr. am. cap. III nacherzählt: Nach der Ermordung aller 136 Freier der Penelope wanderte Odysseus nach Epeiros, wurde vom König Tyrimma(o)s gastlich aufgenommen und schwängerte bei der Gelegenheit seine Tochter Euippe 2. Der Sohn hieß Euryalos 6. Als er erwachsen war wollte er seinen Vater in Ithaka besuchen, wurde aber auf Anstiften der misstrauischen Penelope, bevor er sich zu erkennen geben konnte, von Odysseus erschlagen. …….. Eustathios 1796,52 nennt den Ermordeten Leontophron und überliefert, dass er nicht von Odysseus selbst, sondern von Telemachos getötet wurde. Er erwähnt auch den Namen Doryklos, der von anderen Schriftstellern für Euryalos verwendet wurde. Diktys 6,14: Nach bösen Träumen warnen die Traumdeuter Odysseus, er solle sich vor seinem Sohn hüten. Sofort schickt er Telemachos nach Kephalleneia und lässt ihn dort, streng bewacht, die Herden hüten. Auf der Suche nach seinem Vater kam Telegonos, Odysseus` Sohn von Kirke, nach Ithaka und bat höflich um Einlass in das Haus des Odysseus. Aber man gewährte ihm, entgegen dem göttlichen Gesetz der Gastfreundschaft, keinen Einlass. Wütend schrie er gegen das Unrecht nicht einmal seinen eigenen Vater sehen zu dürfen. In der panisch angstvollen Erwartung einen mordbereiten Telemachos vor der Türe zu haben ließ Odysseus die Türe öffnen und schleuderte einen Speer gegen den Tobenden, verfehlte aber das Ziel. Telegonos, entsetzt, erwiderte den Wurf und tötete mit dem Rochenstachel an der Speerspitze seinen Vater. Philostratos Heroic. 2,20: Die Lanze mit dem tödlichen Rochenstachel hat Poseidon als Rache für den Tod des Palamedes dem Telegonos zur Verfügung gestellt. Lykophron Alexandra 807ff: Nachdem Telegonos irrtümlich seinen Vater Odysseus erschlug, Kirke ihn aber wieder zum Leben erweckte, verheiratete der Wiederbelebte seine Tochter Kassiphone mit ihrem Halbbruder Telemachos. Kassiphone ermordete ihren Ehemann, weil er zuvor ihre Mutter Kirke erschlagen hatte. Eine der vielen Odysseus-Variationen, eingebettet in das aus 1474 jambischen Trimetern bestehende Werk „Alexandra“ des Lykophron aus Chalkis aus der ersten Hälfte des 3, Jh. v. Chr., 807ff: „Beim letzten Atemzug beklagt er noch dereinst des Sohnes und der Gattin Schicksal, die der Mann ermordet und dann selbst alsbald zum Hades eilt, wenn seiner Schwester Hand so blutig ihm den Hals durchfurcht, die Glaukos und Apsyrtos Bäschen ist.“ (Übersetzung Dr. Carl von Holzinger, Leipzig, 1895) Lykophron Alexandra 1242ff: „Mit ihm verbrüdert dann sein Feind ein Freundesheer. Durch Eidschwur und durch Kniefall drängt er sich ihm auf, der Kleine, der auf seiner Irrfahrt jeden Raum des Meeres und des Landes durchmaass.“ (Übersetzung Dr. Carl von Holzinger, Leipzig, 1895) Nach ihm wanderte Odysseus nach der Ermordung der Freier nach Italien aus, traf dort den Aineias und starb hoch betagt und viel geehrt in Perge. Dionysios Halikarnasseus 1,72,5: Auch bei ihm wandert Odysseus nach Italien aus. Er nennt bei dieser Gelegenheit die Namen drei Söhne des Odysseus von Kirke, Romos, Anteias und Ardeias. Jeder der drei habe in Italien eine Stadt gegründet und nach sich benannt; bei Hesiod Theogonie 1015 sind es nur zwei Söhne und heißen Agrios und Latinos. Pausanias 8,12,6 erzählt eine Sage der Mantineer: Odysseus habe nach seiner Rückkehr nach zwanzigjähriger Abwesenheit seiner Gemahlin Penelope die Schuld an der Aufnahme der Freier in sein Haus gegeben und sie fortgejagt. Tieftraurig sei sie in ihre Heimat Sparta gegangen, später nach Mantineia gezogen und dort gestorben. In der Nähe ihrer Stadt, neben einem Heiligtum der Artemis (es wurde, und mit ihm archaischen Terrakotten, ausgegraben), zeigten die Mantineer noch im 2. Jh. nach Chr. einen Hügel, den sie als das Grab der Penelope bezeichneten. Die späte Literatur hat auch noch einige Skurrilitäten zu bieten; Beispiele: - Odysseus stirbt als alter Mann in Ithaka. Es wird aber auch erzählt Athene habe Odysseus in ein Pferd verwandelt; Serv. comm. in Vergilii Aeneida 2,44. - Nach Ptolemaios Hephaest. 4 hat die tyrrhenische Zauberin Als den Odysseus in ein Pferd verwandelt und so lange bei sich behalten bis er starb. - Mit dem Namen Ulixes wird die Stadt Olisipone, heute Lissabon, in Verbindung gebracht. Odysseus soll sie gegründet haben; Strabon 3,152. - Kurz vor seinem Tod soll Odysseus noch den Homer getroffen und mit ihm die Abfassung der Ilias besprochen haben. - Lukianos var. hist. 2,35 erfand einen Briefwechsel zwischen Kalypso und dem in der Unterwelt schwirrenden Odysseus. ………………………………………………….. WIE UND WO IMMER ODYSSEUS SEIN LEBEN BEENDETE, EINES IST SICHER – UNSTERBLICH IST ER ! ................................................................................. Ovid: Briefe berühmter Frauen I. Penelope an Ulixes Deine Penelope sendet dir dies, saumsel'ger Ulixes! Schriftlich erwidre mir nichts! Eile zu kommen nur selbst! Hellas' Töchtern verhaßt, liegt Troja doch nunmehr in Trümmern (Soviel war Priamus nicht, soviel ganz Troja nicht wert!). Hätten zur Zeit, als einher mit seinem Geschwader nach Sparta Schwamm der Verführer, ihn doch tobende Fluten versenkt! Nie dann hätt ich so kalt auf verlassenem Bette gelegen, Klagte nicht einsam, die Zeit schleiche zu träge mir hin, Und ich quälte mich nicht so ganz allein vor dem Webstuhl, Mir die unendliche Nacht so zu verkürzen bemüht. Wann schuf größer die Angst die Gefahren mir nicht, als sie waren! So ist die Lieb ein Gefühl, voll von beklemmender Furcht. Wild anstürmend auf dich erblickt ich im Geiste die Troer; Hört ich von Hektor, so macht' immer der Name mich blaß; Sagte man mir, Antilochus sei von Hektor bezwungen, Regte sich Furcht in mir ob des Antilochus Fall; Oder, Menoetius' Sohn sei, trügrisch gerüstet, erlegen, Dacht ich mir weinend, das Glück könn auch verlassen die List. Hieß es, des Lykiers Speer sei erwärmt von Tlepolemus' Blute, Durch des Tlepolemus Tod ward meine Sorge erneut. Ja, wenn irgendein Mann vom achäischen Lager dahinsank, Wurde mir kälter als Eis immer die liebende Brust. Aber ein gütiger Gott hat züchtiger Liebe geholfen; Sank doch Troja in Schutt, während der Gatte mir lebt! Argolis' Helden, sie kehrten zurück! Rauch steigt von Altären; Beute des Auslands bringt heimischen Göttern man dar. Dankbar weihen Geschenk' für gerettete Gatten die Bräute; Jene singen vom Sturz Trojas den Ihrigen vor. Staunend vernehmen's die biederen Greise und bebend die Jungfraun; Bei der Erzählung des Manns hängt ihm am Munde das Weib. Mancher auch zeigt auf der Platte des Tischs die entfesselten Kämpfe, Stellt ganz Pergamum dar, malend mit wenigem Wein. »Hier floß Simoïs hin, hier ist der sigeïsche Landstrich; Priamus wohnte, der Greis, hier in erhabener Burg. Dort stand Aeacus' Sproß, dort hatte sein Lager Ulixes, Dort jagt' Hektor erregt vorwärts der Rosse Gespann.« Alles erfuhr ja dein Sohn, der gesandt ward, dich zu erspähen, Dort schon von Nestor, dem Greis, später von jenem dann ich. Gleichso erfuhr ich, gefällt durchs Schwert sei Rhesus und Dolon, Jener ergriffen im Schlaf, dieser verraten mit List. Tollkühn drangst du, zu sehr, ach! zu sehr vergessend der Deinen, Ein in des thrakischen Heers Lager zu nächtlichem Trug, Würgtest der Männer so viel; nur ein einziger war dein Begleiter, Und du warst vorsichtig doch sonst stets - gedenkend an mich! Stets, bis ich hörte, du seist mit ismarischen Rossen gezogen Siegreich durch Freundesheer, pochte von Furcht mir die Brust. Aber was hilft mir, daß Troja von euren Armen zertrümmert Wurde, daß Felder sind, wo erst die Mauer noch stand, Bleib ich hinfort, was ich war, solange noch Ilion fest stand, Muß ich ohn Ende den Mann missen und bleibt er mir fern? Anderen ist es zerstört: mir, mir nur stehet noch Troja, Wo, mit erbeutetem Stier pflügend, der Sieger nun haust. Wo einst Pergama stand, da ergrünt schon Saat, und der Sichel Harrt, von phrygischem Blut fruchtbar, das fette Gefild. Halb nur verscharrtes Gebein von Tapferen hebt man mit krummen Pflügen, und Gras verbirgt Häuser, zerfallen in Schutt. Sieger, nur du bist fern, und mir ist den Grund des Verweilens, Oder wo, Harter, du dich birgst, zu erfahren versagt. Wer von den Fremden sein Schiff hinwandte zu diesen Gestaden, Scheidet von hinnen, nach dir dringend befraget von mir, Und ich geb ihm ein Blatt, von eigener Hand wohl beschrieben, Daß er es dir überbringt, wenn er dich irgendwo trifft. Hin zur neleïschen Flur des gealterten Nestor, nach Pylos, Sandt ich; von Pylos kam dunkele Sage zurück. Auch nach Sparta schickt ich; doch fehlte auch Kunde zu Sparta, Welches Gebiet du bewohnst oder wo säumend du weilst. Nützlicher wär es, sie stünden noch jetzt, die Mauern des Phoebus (Meinen Wünschen, ach! selbst zürn ich, so schwankenden Sinns!): Dann wüßte ich, wo du kämpfst, und hätte nur Kriege zu fürchten, Und mit vielen vereint, stimmte die Klagen ich an. Fürchtend, ich weiß nicht was, ach! beb ich bestürzt nun vor allem; Meiner Besorgnis steht offen der weiteste Raum. Welche Gefahren das Land und welche Gefahren das Meer bringt, Alles dünkt mir ein Grund deines so langen Verzugs. Während ich Törichte dies im Geiste bedenke, so fesselt Andere Liebe dich gar, weil so begehrlich ihr seid. Und da erzählst du vielleicht, daß deine Frau nicht gebildet, Daß sie nur fähig sei, Wolle zu weben fürs Haus! Möcht ich mich täuschen und jeder Verdacht in die Lüfte zerstieben! Möchtest du weilen nicht fern, stünde das Kommen dir frei! Vater Icarius drängt, ich soll vom verwitweten Lager Endlich mich trennen, und schilt ständig den ew'gen Verzug. Schelt er mich nur! Dein muß Penelope sein und es heißen; Ja, und Penelope bleibt stets dem Ulixes vermählt. Doch es erweicht mein zärtliches Herz und des züchtigen Sinnes Flehen den Vater, und selbst mildert er wieder den Zwang. Lüstern bestürmt mich ein Freierheer, von dem hohen Zakynthos Und aus Samos entstammt und von Dulichium her. Während sie herrschen in deinem Palast, von keinem gehindert, Wird mir zerrissen das Herz, wird dir verschleudert das Gut. Schildr ich dir noch den Pisander, Polyb und den scheußlichen Medon Und des Eurymachus Geiz und des Antinous Gier Neben den übrigen allen, die du, fern säumend, mit Schätzen, Deren Erwerb dein Blut kostete, schmählich ernährst? Irus, der Bettler, sogar und der Treiber des Schlachtviehs Melanthius Fügen als äußerste Schmach zu deinem Schaden den Schimpf. Wir sind drei nur an Zahl, wehrlos, ich schwächliche Gattin, Dann dein Sohn Telemach und noch Laërtes, der Greis. Jener, ach! wurde mir jüngst fast hinterlistig entrissen, Als er, den Freiern zum Trotz, dachte nach Pylos zu ziehn. Mögen die Götter es fügen im Ordnungslaufe des Schicksals, Daß doch die Augen dereinst dieser mir schließe wie dir! Dies auch flehn die gealterte Amm und der Hirte der Rinder, Und der so redlich den Stall schmutziger Schweine bewacht. Aber Laërtes vermag, untauglich zum Waffengeschäfte, Ganz von Feinden umringt, nicht zu behaupten das Reich. Kräftiger wird erst erblühn, so er lebt, des Telemachos Alter; Hilfreich sollte bei ihm wachen der Vater nur jetzt. Mir auch mangelt die Kraft, zu vertreiben die Feinde vom Hause; Drum komm eilender du, Schirmer der Deinen und Hort! Ach und den Sohn - lang lebe er! - müßte beizeiten der Vater Schon in der eigenen Kunst bilden, solang er noch Kind! Denk an Laërtes! Er ringt mit des Daseins äußerster Grenze, Schiebt sie, damit du ihm noch schließest die Augen, hinaus. Und auch mich, die ich jugendlich blühte, als ferne du wegzogst, Kehrst du auch schleunigst zurück, wirst du als Greisin wohl sehn. [Ovid: Briefe berühmter Frauen (Heroides). Dichtung der Antike von Homer bis Nonnos, S. 13328 (vgl. Ovid-W Bd. 2, S. 85 ff.) (c) Aufbau-Verlag]